Zu Jahresanfang bin ich auf einen Trend aufmerksam geworden: Junge Mädchen der Generation Alpha (10- bis 12-Jährige) haben die Kosmetikwelt für sich entdeckt. Anti-Falten-Cremes, teure Bodysprays und Co. stehen ganz oben auf der Shopping-Liste. Gewisse Kosmetikhersteller:innen haben auch schon reagiert und eigene Linien für das junge Publikum entworfen. Was auf den ersten Blick wie eine harmlose Teenanger-Erscheinung wirken mag, ist weit mehr als das. Darum sollten wir uns den Folgen dieses Trends genauer widmen.
Wichtig zu erwähnen: Der Drang, schön zu sein, ist für junge Mädchen nichts Neues. Seit Generationen loben wir Mädchen sehr viel mehr für ihre Äusserlichkeiten als Jungs. Sätze wie «Oh, du hast aber ein schönes (Prinzessinen-)Kleid an» oder «du hast aber toll geflochtene Zöpfe» sind eigentlich gut gemeinte Komplimente. Sie schlagen aber voll in die Kerbe, dass der Wert von Mädchen rein in ihrer äusseren Erscheinung liegt. Dieser Trend verstärkt sich im Teenager-Alter, wenn Social Media und die Beauty-Influencerinnen einziehen. Als ich selbst zwölf Jahre alt war, gab es klassische Mädchenzeitschriften, die sich ebenfalls um oberflächliche Themen wie Kleidung, Schminke und Jungs drehten, aber «nur» wöchentlich oder gar zweiwöchentlich erschienen.
Beauty-Influencerinnen bespassen Mädchen in der heutigen Zeit rund um die Uhr. Durch die Omnipräsenz dieser Influencerinnen hat sich der Druck auf die heutige junge Generation exponentiell verstärkt. Mädchen werden mit makellosen Bildern von Models und Werbung bombardiert. All das gaukelt ihnen vor, dass ihr Wert von ihrem Aussehen abhängt.
Setzen wir nun die einzelnen Puzzleteile zusammen, finde ich es nicht verwunderlich, dass sich Mädchen bereits im Alter von sechs Jahren aufgrund ihres Geschlechts weniger intelligent als Jungs fühlen. Das belegen auch Studien. Dieses Gefühl hat weitreichende Folgen. Es beeinflusst die Berufs- und Studienwahl von jungen Frauen und damit auch ihre Löhne sowie ihre finanzielle Situation.
Es ist Zeit, dass wir als Gesellschaft diese toxische Kultur der Oberflächlichkeit und des Konsums von Schönheitsprodukten hinterfragen. Dafür sollten wir uns für eine Welt einsetzen, in der Mädchen ermutigt werden, ihre Fähigkeiten und Kompetenzen zu feiern.
Wie wir das konkret umsetzen können? Hier kommen fünf Vorschläge:
- Lasst uns mit Mädchen mehr über das Geschäftsmodell von Influencerinnen sprechen: nämlich, dass sie dafür bezahlt werden, Beautyprodukte in ihren Kanälen vorzustellen und zu verkaufen. Wenn sich Mädchen sowieso für dieses Thema interessieren, können wir auch den Schwenk zum Betriebswirtschaftlichen und zum Unternehmertum machen und diese konkreten Beispiele nutzen, um aufzuzeigen, wie Influencerinnen Geld verdienen.
- Kaufen wir Literatur, die den oberflächlichen Mädchen-Zeitschriften oder Social Media entgegenwirkt: Eine empfehlenswerte Alternative wären zum Beispiel das Schweizer Kaleio-Magazin. Das Magazin hat die Vision, eine Welt zu erschaffen, in der sich Mädchen frei entfalten und zu selbstbestimmten Frauen heranwachsen dürfen. Das Magazin ist für Mädchen zwischen 8 und 13 Jahren geeignet. Oder auch die «Smart Way To Start»-Bücherreihe von Mara Harvey, in der es primär um finanzielle Bildung geht und wie Mädchen klug Geld verdienen und einsetzen können.
- Wir müssen unbedingt damit beginnen, Mädchen mehr für ihre Fähigkeiten und Kompetenzen zu loben als für Äusserlichkeiten. Also lieber mal das eine oder andere gut gemeinte Kompliment bezüglich Kleidung und Haarspangen vermeiden und dafür ihre Talente und Stärken in den Mittelpunkt stellen.
- Wir brechen Stereotypen auf, indem wir selbst ein Vorbild sind: Wir müssen vorleben und kommunizieren, dass wir unser Geld nicht nur für hochpreisige Beautyprodukte ausgeben, sondern auch in unsere Fähigkeiten investieren, wie beispielsweise in Weiterbildungen. Wir Mütter sind immer noch die besten Role-Models.
- Schliesslich sollten wir gezielt unternehmerische Fähigkeiten von Mädchen fördern. Wir sollten sie ermutigen, ihre Träume und Ambitionen zu verfolgen und aus eigener Kraft zu verwirklichen. Warum nicht zum Beispiel nach dem Babysitten eine Rechnung schreiben? Oder ein schönes Bild malen und innerhalb der Familie versteigern statt zu verschenken? Geld muss eine Rolle spielen in der frühkindlichen Erziehung und erst recht bei jungen Mädchen.
Ziel muss auf jeden Fall sein, den Fokus bei Mädchen zu verschieben: weg von Beauty und Oberflächlichkeiten, hin zu finanzieller Bildung, Kompetenzen und Fähigkeiten. Daraus sollten Mädchen ihr Selbstbewusstsein ziehen und nicht aus einer oberflächlichen Schönheit. Und wenn Kosmetikprodukte, dann bitte aus der Sicht einer Unternehmerin und nicht nur mit dem Blick der Konsumentin.