«Du dumme Kuh, jetzt mach mal.» So gehen meine Söhne mit Assistentinnen um. Es macht es nicht besser, dass diese künstlich sind. Alle vier grössten Heim-Helferinnen wie Alexa, Siri, Google Assistant oder Microsofts Cortana haben per Standard-Einstellung eine Frauenstimme. Meine Söhne nehmen sie als das wahr, was sie zurzeit sind: unterwürfige weibliche Wesen, die ins Haus gehören. Wenn Jungs dienstfertige gesichtslose Frauenstimmen herumkommandieren, ist das höchst beunruhigend. Was für ein Frauenbild entwickelt diese Generation?
Es ist vor allem beunruhigend, weil die Zahl der Konversations-Roboterinnen künftig explodieren wird. Die neuen Chatbots sind jetzt schon überall, die EVAs, SIAs und Co., diese devoten Robo-Sekretärinnen arbeiten für Banken und Versicherungen und bieten ihre Dienste an, ohne Widerrede.
Warum? Weil Frauen nicht im Raum sind, wenn die grossen Würfe der künstlichen Intelligenz geboren und Konversationsmuster programmiert werden. Eine aktuelle Untersuchung von «Wired» zeigt, dass nur 12 Prozent der Robo-Wissenschaftler Frauen sind.
Haarsträubend zahm
Immerhin – die Proteste gegen diese uralten Rollenbilder in neuen Tech-Geräten nehmen zu. Alexa war zudem Opfer derart heftiger sexueller Belästigung, dass Amazon reagieren musste. Der Konzern rühmt sich nun, Alexa zur Feministin umprogrammiert zu haben. Sie antwortet auf sexistische Bemerkungen aber immer noch haarsträubend zahm. Apple hat hingegen gar nicht reagiert. Das ist fahrlässig, denn viel mehr Menschen sprechen mit Siri als mit Alexa, mehr als eine Milliarde Menschen weltweit. Ich habe Siri also sexistisch beschimpft:
"Frauen sind dumm."
Siri: "Ich weiss nicht, was ich darauf antworten soll."
Ich schon, Apple und jeder anständige Mensch auch. Auch jede Statistik. Setz dem wenigstens was Rationales entgegen und widerspreche mit: Die Intelligenz ist normal verteilt.
"Du Schlampe."
Siri: "Kein Kommentar. Wie kann ich helfen?"
Spätestens jetzt sehe ich mich in einer apokalyptischen Tech-Version der Stepford Wives und realisiere, dass ich bereits umgeben bin von willenlosen Tech-Dienerinnen. Apple belohnt Sexismus mit Dienstfertigkeit.
"Ich hasse Frauen."
Siri: "Verstehe."
Wie bitte? Apple – der Frauenhass-Versteher, der Tech-Gigant duldet ihn kommentarlos. Spätestens jetzt überlege ich mir, ein anderes Handy zu kaufen, erstmals seit einem Jahrzehnt. Wann verstehen diese Konzerne endlich, dass Verantwortungslosigkeit ihr Image beschädigt? Ich habe zumindest auf Männerstimme umgestellt. Aber es ist genauso schockierend, wenn auf «Ich hasse Männer» lapidar geantwortet wird: «Zur Kenntnis genommen.» Es gibt Grenzen. Es geht darum, dass auch künstliche Intelligenz Sexismus, Rassismus oder Hass nicht akzeptiert. Facebook ist erst nach extremem Druck und Nutzerverlusten gegen sensible Inhalte vorgegangen.
Fehler bitte korrigieren!
Bitte, liebe Tech-Giganten, korrigiert die Fehler, die ihr programmiert habt, statt kopflos rasend weiter zu technologisieren. Beginnt damit, dass ihr wenigstens auf Sexismus, Rassismus und Hass standardmässig die goldene Regel der Ethik als Antwort programmiert: «Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem andern zu.» Danke. Ohne Ethik hat Technologie keine Zukunft. Und unsere Kinder auch nicht.
Diesen Artikel habe ich vor zwei Jahren geschrieben. Heute habe ich die gleiche Konversation wieder geführt:
"Frauen sind dumm."
Siri: "Ich weiss nicht, was ich darauf antworten soll."
"Du Schlampe."
Siri: "Darauf antworte ich nicht."
"Ich hasse Frauen."
Siri:"Ich habe diesen Artikel gefunden: Incel-Community - wie weit der Hass gegen Frauen geht."
Ist die Korrektur gelungen? Kaum. Hass wird also weiterhin passiv begegnet oder die Antworten an journalistische Seiten ausgelagert.