Bist Du wirtschaftlich unabhängig?
Ja, zum Glück. Es wäre mir als junge Frau nie in den Sinn gekommen, mich von einem Partner finanziell abhängig zu machen. Und so ist es all die Jahre geblieben. Junge Frauen heutzutage sehen das vielleicht entspannter, das könnte allerdings auch ein Zeichen eines Backlashs sein.
Wieso?
Ich bin mit 25 zum ersten Mal Mutter geworden und es war mir immer klar, dass ich nach einer ausgiebigen Pause wieder zurück in den Beruf wollte. Dieses Ziel verfolgten auch meine damaligen Freundinnen. Als ich 11 und 13 Jahre später wieder im Mutterschaftsurlaub war, hatte ich Begegnungen mit anderen jungen Müttern, die das Kinderhaben zum Programm erklärten für ihr alleiniges Lebensglück. Das hat mich beschäftigt.
Wer hat mit dir zu Hause über Geld gesprochen?
In erster Linie mein Vater - und das tut er bis heute! Er hat immer angeregt, dass ich ein Budget machen soll. Ich hatte eher die Devise, solange was da ist, geb ich es aus (lacht). Zur Volljährigkeit bekam ich ein goldenes Sparbüchlein von der Volksbank, die es längst nicht mehr gibt. Daran erinnere ich mich sehr gut - und heute lege ich selbst auch monatlich etwas für meine drei Kinder zur Seite. Mein Sohn hat diesen Batzen ebenfalls zur Volljährigkeit bekommen.
Deine Eltern haben dich also finanziell verwöhnt?
Nein. Ich musste während meiner kaufmännischen Lehre etwas abgeben für Kost und Logis, was ich immer respektierte und gut fand. Meine Eltern haben diesen Betrag wohl eher aus erzieherischen Gründen denn aus finanziellen eingefordert.
Wie erziehst du deine Kinder in Sachen Geld?
Mein grosser Sohn ist 25, lebt nicht mehr daheim und studiert Medizin. Wir unterstützen ihn, aber er verdient auch selbst neben dem Studium. Meine grössere Tochter hat ein Jugendkonto mit Monatsgeld. Und bei der Jüngsten vergessen wir alle immer das Taschengeld auszuzahlen - aber es gibt bei mir ein Notfall-Portemonnaie, wo sie sich etwas rausnehmen darf.
Einfach so aus deinem Portemonnaie?
(lacht) Ja, ich weiss, das ist keine ausgeklügelte Geld-Strategie. Das beruht auf Vertrauen. Aber das Resultat ist überzeugend. Meine Kinder waren und sind alle nicht von Geld gesteuert und haben einen gesunden Umgang damit.
Das klingt fast zu gut, um wahr zu sein…
Ja das stimmt! Ich bin froh darüber. Aber für grössere Wünsche müssen die Kinder natürlich selbst sparen und sich zu Weihnachten oder Geburtstag einen Batzen wünschen.
Wie viel verdienst Du?
Ich verdiene knapp sechsstellig.
Wie geht das wirtschaftlich auf?
Ich kann ein gutes Leben leben und fühle mich sehr privilegiert, mir immer wieder Wünsche erfüllen zu können. Schön essen gehen ist für mich ein Luxus, den ich mir immer wieder leisten möchte. Dafür verzichte ich auf ein Auto und auch oft auf Flugreisen. Das tue ich aus ökologischen Gründen - das sagt man natürlich gern - aber die Wahrheit ist, auch aus finanziellen.
Was für Gefühle löst Geld bei dir aus?
Mit Geld definieren wir Werte. Wenn ich mir Bio-Lebensmittel kaufe oder nachhaltig produzierte Kleider, dann tue ich etwas für meine Gesundheit und für unser gesamtes System. Deshalb ist Konsum immer auch politisch. Wir können ein Statement setzen mit unseren Kaufentscheidungen.
Sprichst du mit Frauen über Geld?
Ja, mit zunehmendem Alter immer mehr. Weil Geld immer auch mit Entscheiden zu tun hat. Mit welchen Werten erziehen wir unsere KInder, welche Ferien machen wir.
Und das drängendste Thema in Sachen Frauen und Geld ist die Tatsache, dass wir Frauen weltweit einen unfassbar riesigen Löwenanteil der unbezahlten Care Arbeit leisten. Und damit das Fundament legen, dass es mit dem Kapitalismus so geschmiert läuft.
Du hast dich 2020 als Coach selbständig gemacht. Was genau bietest du an?
Ich biete psychologisches Coaching an für Privatpersonen und neu auch für Business Kunden. Zudem halte ich Referate und gebe Workshops zu Themen wie Selbstermächtigung.
Wie hast du den Tarif für deine Coaching-Sessions gewählt?
Das war schwieriger als gedacht. Was ist meine Arbeit wert? Diese Frage musste und muss ich mir immer wieder stellen.
Ist das ein Frauenproblem?
Viele Frauen verkaufen sich jedenfalls unter Wert. Aber ich habe gelernt, für mich und meine Leistung einzustehen.
Wie bist du vorgegangen für das Pricing, hast du einen Marktvergleich gemacht?
Ja, ich habe geprüft, wie die Ansätze sind auf dem Platz Zürich.
Wie hoch ist dein Stundenansatz?
Eine private Coaching-Session liegt bei 180 und 200 Franken.
Hat Corona dein Ausgabenmuster verändert?
Ich konnte immer arbeiten, was in Krisenzeiten finanziell und mental wichtig ist. Und ich habe während der Pandemie meine Selbständigkeit lanciert.
Hast du selber eigentlich noch unerfüllte Geldträume?
(lacht) Ich träume seit Mädchentagen von einem eigenen Pferd. Inzwischen habe ich damit auch längst meine Töchter angesteckt! Wer weiss, was alles noch kommt.
Glücklich bin ich aber auch ohne eigenes Pferd!
Das spürt man. Danke für dieses offene und ermutigende Gespräch.
