Carmen Tanner Calmonte ist Professorin für Responsibility in Finance am Institut für Banking und Finance der Universität Zürich und leitet das Center for Responsability in Finance. Daneben ist sie als Professorin für Wirtschaftspsychologie und Führungsethik an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen tätig.
Frau Tanner, sie untersuchen ethische Entscheidungen und ethisches Verhalten in der Finanzindustrie. Wie blicken Sie auf die aktuellen Geschehnisse rund um die Credit Suisse?
Einerseits macht es mich traurig, dass so viele Arbeitsplätze in Gefahr sind und eine traditionsreiche Bank verschwindet. Auf der anderen Seite bin ich schon ziemlich enttäuscht, dass die Bank offensichtlich nichts dazugelernt hat, trotz einer Serie von Skandalen in den letzten Jahren. Das Risiko- und das Topmanagement haben versagt. Es fehlt an selbstkritischer Reflexion. Und es braucht jetzt weniger Arroganz und Überheblichkeit und dafür mehr Bescheidenheit und Demut von den Verantwortlichen.
Überrascht Sie dieses Verhalten?
Nicht direkt. Bei der Credit Suisse stand das Profitdenken im Fokus. Man wollte mit den grossen Investmentbanken der Welt mithalten und buhlte um die superreichen Kund:innen. Das hat man auch von aussen gespürt. Es ging nicht um Werte.
Welche Werte meinen Sie konkret?
Ich meine universelle Werte, die für eine Gesellschaft im Allgemeinen und über Kulturen hinweg in der Regel als wünschenswert betrachtet werden: Ehrlichkeit, Fairness, Verantwortung oder Respekt. Viele Unternehmen haben solche Werte übrigens auch in ihrem Leitbild als erstrebenswerte Ziele festgeschrieben.
Ist es tatsächlich eine neue Entwicklung, dass diese Werte im Finanzsektor und vor allem bei den Grossbanken in den Hintergrund gerückt sind?
Nein, die Entwicklung ist nicht neu. Aber ich glaube, der Trend hat sich in den letzten Jahren weiter verstärkt. In unserer Forschung beschäftigen wir uns mit Fragen wie: Wie kann es passieren, dass Werte erodieren, also nach und nach verschwinden? Wie kann sich ein aus den Fugen geratenes Gewinnstreben entwickeln? Und wie kommt es, dass Mitarbeitende oder Führungspersonen in fragwürdige Geschäftspraktiken abdriften, teilweise ohne es zu merken?
Können Sie dies noch etwas genauer beschreiben?
Die Erosion der Werte ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen geschieht, sondern schleichend vonstattengehen kann. Um diesen Prozess zu verstehen, müssen wir uns einerseits die Strukturen anschauen, in denen sich Mitarbeitende und Führungspersonen bewegen. Strukturen können die Entfaltung von Werten fördern oder auch blockieren. Andererseits müssen wir uns mit den Besonderheiten der menschlichen Natur, also mit den menschlichen Schwächen, auseinandersetzen. Denn letztendlich sind es ja immer auch Menschen, die etwas tun oder nicht tun.
Welche menschlichen Schwächen wirken in einem solchen System?
Wir unterscheiden zwischen Faktoren, die auf die Wahrnehmung, Motivation, Entscheidungs- oder Verhaltensebene wirken. Wir wissen zum Beispiel, dass es zahlreiche psychologische Fallstricke gibt, die die Wahrnehmung verzerren und dazu beitragen, dass Verstösse gegen Werte oder Regeln nicht «gesehen», verpasst oder ausgeblendet werden. Menschen unterscheiden sich auch darin, ob sie ein Gespür für «richtig» und «falsch» haben oder diesbezüglich eher blind sind. Ich habe den Eindruck, dass solche Fallstricke, die «blind» machen und dazu beitragen, dass Risiken falsch eingeschätzt werden, auch bei der Credit Suisse mitgewirkt haben.
Was sind das für Fallstricke, die das grundsätzliche Verständnis von «richtig» und «falsch» derart durcheinanderbringen?
Da gibt es eine ganze Reihe. Bei der sogenannten «overconfidence» überschätzt man die eigene Prognose- und Urteilsfähigkeit: Man glaubt, man sehe klar, dabei ist die Wahrnehmung längst verzogen. Dann gibt es die «illusion of control». Hier hat man die verzerrte Wahrnehmung, dass man künftige Probleme im Griff haben wird. Der «unrealistische Optimismus» lässt einen glauben, einem selbst würde viel eher Positives als Negatives widerfahren. Wichtig ist auch: Unsere Aufmerksamkeit ist selektiv. Wenn wir uns vor allem darauf fokussieren, bestimmte Ziele zu erreichen, kann es ganz leicht passieren, dass wir andere wichtige Ereignisse nicht sehen.
Für die Credit Suisse bedeutet das: Man hat auf den Profit fokussiert und das Risiko nicht gesehen?
Genau. Alle diese Mechanismen sind Teil der menschlichen Natur. Es ist niemand davor gefeit. Manche sind sogar wichtig für unsere Gesundheit und unser psychisches Wohlbefinden. Sie werden aber zum Problem, wenn sie uns daran hindern, Risiken realistisch einzuschätzen und diese Fehleinschätzungen wiederum weitreichende negative Folgen hat – wie beispielsweise Milliardenverluste. Als besonders gefährlich erachte ich in diesem Zusammenhang auch das Phänomen «willful blindness».
Das klingt nach bewusster Verdrängung?
Damit ist gemeint, dass man schlechte Nachrichten nicht hören will: Dass man wissen könnte, aber man will nicht wissen. Als Folge werden offensichtliche Warnzeichen bewusst oder unbewusst ignoriert. Solche Entwicklungen beobachten wir bei praktisch jedem Skandal. Im Nachhinein heisst es dann: Warum haben wir die Alarmzeichen nicht gesehen?
Sie haben auch die Motivationsebene angesprochen. Was ist hier wichtig?
Bei der Motivationsebene geht es um das natürliche Streben nach «mehr» und um die Werthaltung, die eine Person mitbringt oder eben nicht mitbringt. Will ich der Gemeinschaft dienen? Möchte ich Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen? Erachte ich Werte wie Ehrlichkeit oder Fairness als verbindlich oder bin ich eher egoistisch und auf Profit und Status ausgerichtet? Das bringt uns zur «dunklen Triade».
Was ist damit gemeint?
Bei der dunklen Triade geht es um drei Persönlichkeitstypen, bei denen Egoismus und fehlende Empathie sehr ausgeprägt sind: Narzissten, Psychopathen und Machiavellisten, also Menschen mit Neigungen zu manipulativen und ausbeuterischen Verhaltensweisen. Interessant ist, dass diese Persönlichkeitstypen gehäuft in Führungspositionen zu finden sind. Sie können negative Entwicklungen in einem Unternehmen begünstigen, beispielsweise die Entwicklung von Fehlverhalten.
Und dann wäre da noch die Entscheidungs- und Verhaltensebene.
Hier möchte ich vor allem eine Sache hervorheben: Es geht darum, inwiefern Mitarbeitende bereit sind, sich auch mal kritisch zu äussern. Habe ich den Mut, zu reagieren und ein Verhalten zu hinterfragen, oder bin ich still und schaue zu? In der Tendenz überwiegt das Schweigen, denn Mut aufzubringen, sich kritisch zu äussern, ist oft nicht einfach. Wenn niemand hinterfragt, ob eine Geschäftspraxis wirklich mit der im Leitbild festgeschriebenen gesellschaftlichen Verantwortung übereinstimmt, trägt das auch dazu bei, dass Werte unter den Tisch fallen.
Inwiefern spielen hier die Strukturen eine Rolle?
Strukturen spielen insofern eine wichtige Rolle, als sie menschliche Schwächen ausnutzen und erst recht anheizen können. Im Fall der Credit Suisse haben wir eine Struktur, die auf kurzfristige Anreize und Boni gesetzt hat. Das stachelt risikoreiches Verhalten und exzessive Gier an. Eine Firmenkultur, die auf Profitmaximierung ausgerichtet ist, trägt dazu bei, dass sich auch Mitarbeitende einseitig auf Gewinn und finanziellen Erfolg fokussieren. Sie achten weniger oder gar nicht auf andere und ignorieren die Folgen, die ihr Verhalten haben kann. Unter solchen Bedingungen haben ethische und verantwortungsvolle Perspektiven wenig Chancen.
Nun kommt die klassische Huhn-oder-Ei-Frage: Prägen die Menschen die Strukturen, oder ziehen die Strukturen gewisse Menschen an?
Ich würde hier keine Ursachen-Wirkungs-Debatte betreiben. Es ist wichtig, beide Seiten zu betrachten. Man kann nicht nur den Strukturen die Schuld geben. Sie werden von Menschen gelebt, geprägt und verändert. Aber: Strukturen geben die Rahmenbedingungen vor, unter denen gearbeitet wird. Das beeinflusst die Menschen. Im Fall der Credit Suisse herrschte ein System, das die menschlichen Schwächen weiter begünstigte. Dadurch entstand ein Teufelskreis, der dazu führte, dass ethische Werte und Verantwortungsbewusstsein nach und nach verschwanden. Gefördert wurde umgekehrt ein dysfunktionales und massloses Gewinnstreben, das am Ende denen diente, die von den Boni profitieren.
Was mich nicht loslässt: Sie haben erwähnt, dass gerade Menschen mit psychopathischen, narzisstischen oder machiavellistischen Tendenzen Führungspositionen übernehmen. Warum schaffen es solche Menschen an die Spitze?
Man muss ein bestimmter Typ Mensch sein, um in gewissen Strukturen gut funktionieren zu können. Hier gibt es zwei Kategorien: Jene, die realisieren, dass in einem System etwas nicht stimmt und sich daran stören, und jene, die davon profitieren. Diejenigen, die zur ersten Kategorie gehören, können es mit ihren Werten und ihrer Haltung auf Dauer nicht vereinbaren. Sie kritisieren das System, oder sie verlassen es. Das gab es auch bei der Credit Suisse: Im Zuge der verschiedenen Skandale haben zahlreiche Mitarbeitende gekündigt.
Und die zweite Kategorie bleibt zurück und übernimmt das Ruder.
Richtig. Den Menschen aus dieser Gruppe sind Werte oft weniger wichtig. Gerade Narzissten scheinen besonders gut in Führungspositionen zu kommen. Dies hängt damit zusammen, dass Narzissten – es sind meistens Männer – Eigenschaften mitbringen, die im Business nach wie vor gefragt sind: selbstbewusstes Auftreten, Risikobereitschaft sowie Charisma. Daneben können sie leider auch eine Reihe von negativen Entwicklungen begünstigen, da sie sich selbst für grandios halten und von anderen dafür bewundert werden wollen. Ausserdem sind Narzissten wenig beziehungsfähig.
Gibt es in Sachen Werthaltung eigentlich Unterschiede zwischen Frauen und Männern?
Es gibt in der Forschung einige robuste Hinweise zu geschlechtsspezifischen Unterschieden. Frauen zeigen tendenziell weniger risikoreiches Verhalten. Sie fühlen sich weniger wohl in Wettbewerbssituationen und haben mehr Empathie und Mitgefühl. Gleichzeitig scheinen bei Frauen ethische Werte tiefer verankert zu sein. Frauen verfügen tendenziell über bessere Kompetenzen, um Beziehungen zu bilden, was zu einem Miteinander statt einem Gegeneinander beiträgt. Es gibt selbstverständlich auch Männer, die solche Tendenzen haben.
Diese «weiblichen» Werte haben es im Wirtschaftsumfeld noch immer schwer.
Ich fände es wichtig, dass man mehr darüber diskutiert, wie es gelingen kann, diese eher «weiblichen» Eigenschaften im Finanz- und Wirtschaftsumfeld stärker zu berücksichtigen. Eine interessante amerikanische Studie hat vor ein paar Jahren nahegelegt, dass Frauen Führungspositionen auch deshalb seltener anpeilen, weil sie glauben, Zugeständnisse bei ethischen Werten machen zu müssen.
Können Sie dies noch etwas ausführen?
Ja, das ist spannend. Diese Untersuchung hat gezeigt, dass Frauen mehr als Männer davon ausgehen, in Führungspositionen bei ethischen Werten Zugeständnisse zugunsten von Profit oder Status machen zu müssen. Sie gehen also eher davon aus, dass sie ihre Werte hintanstellen müssen. Frauen empfinden dies in höherem Masse als belastend. Die Erwartung, Kompromisse bei ethischen Werten eingehen zu müssen, bedeutet für sie mehr Stress als für Männer. Gemäss den Forscherinnen ist dies unter anderem ein Grund, warum Frauen in geringerem Masse nach Führungspositionen streben. Wir haben versucht, diese Befunde im deutschen Sprachraum nachzuweisen. Die Arbeit ist zwar noch nicht publiziert, aber wir kamen zu denselben und teilweise sogar noch deutlicheren Ergebnissen: Frauen rechnen in höherem Masse als Männer damit, dass sie in Führungspositionen ihre Werte über Bord werfen müssen.
Im Verwaltungsrat der Credit Suisse sassen insgesamt sieben Frauen. Unter anderem auch die international bekannte Verhaltensökonomin Iris Bohnet. Wie geht das zusammen?
In der Tat sassen im CS-Verwaltungsrat einige Frauen. Nun haben wir nicht reinsehen können, wie das in den Verwaltungsratssitzungen lief. Diversität in der Zusammensetzung ist ja nur eine Sache. Die andere Sache ist, ob diese verschiedenen Perspektiven auch tatsächlich eingebracht werden. Es gibt auch hier Faktoren, die dazu beitragen, dass heterogenes und diverses Denken nicht zum Tragen kommt. Zwei davon sind «Groupthink» und «Diffusion Verantwortung»: Beim ersten schliessen sich Menschen innerhalb einer Gruppe der Meinung oder dem Urteil der Mehrheit an. Beim zweiten sieht man zwar, dass eine Aufgabe ansteht, aber niemand führt sie aus, weil man hofft, dass es eine andere Person tut.
Es ist ein düsteres Bild, das die Finanzindustrie hier abgibt: Überspitzt gesagt, ist es ein System, das mit kurzfristigen Anreizen arbeitet, Werte wegerodiert und von Egoist:innen geführt wird. Kommen wir da irgendwie raus?
Wir dürfen nicht vergessen, dass es unter den Schweizer Banken und Finanzdienstleister:innen Unterschiede gibt. Nicht alle funktionieren gleich. Trotzdem beschäftigt es uns auch in der Forschung, wie man das aktuelle System ändern könnte. Gerade nach Skandalen wie dem aktuellen wird meistens mehr Regulierung gefordert.
Sie klingen kritisch. Überzeugt sie diese Massnahme der Regulierung nicht?
Mich überzeugt sie nur zum Teil. Natürlich braucht es ein gewisses Mass an Regulierung – und die sollte möglichst einfach sein. Aber es greift zu kurz, nur auf Regulierung zu setzen. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder gesehen, dass nach Skandalen die Regulierung hochgefahren wurde. Hat es geholfen, Skandale zu verhindern? Mitnichten. Und Hand aufs Herz: Wer betrügen will, findet auch unter den strengsten Bedingungen irgendwo eine Lücke.
Was schlagen Sie also vor?
Es braucht Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Ich würde darum verstärkt auch auf die Förderung von persönlichen Fähigkeiten setzen. Es kann sicher noch sehr viel mehr getan werden in Bezug auf die Stärkung von persönlicher Integrität von Mitarbeitenden und Führungskräften. Ziel muss sein, entsprechende Leute zu finden und/oder sie darin zu befähigen, Werte und soziale Verantwortung zu leben und dafür einzustehen.
Das klingt nach einer grossen Aufgabe. Wie stösst man denn eine solche Veränderung an?
Das ist es. Man müsste bei der Aus- und Weiterbildung ansetzen und bei der Rekrutierung von Personal genauer hinschauen. Nicht nur fachliche Kompetenzen, sondern auch soziale und ethische Kompetenzen sollen gefördert werden und zählen. Persönliche Integrität umfasst Kompetenzen, die lernbar sind, davon bin ich überzeugt. Das ist natürlich eine Herausforderung.
Wie geht das konkret?
Wir versuchen, Beiträge zu leisten, indem wir digitale Lerntools entwickeln, die für die Ausbildung eingesetzt werden können. Beispielsweise haben wir vor einigen Jahren ein Video-Game entwickelt, mit dem Personen üben konnten, Regel- und Wertverstösse im Berufsalltag zu erkennen. Wir arbeiten an weiteren digitalen Tools, die wichtige Fähigkeiten für den Berufsalltag fördern. Da gibt es noch viel zu tun. Für persönliche Integrität gilt, was für alle Kompetenzen gilt: Sie müssen geübt und trainiert werden. Man kann beispielsweise auch üben, Versuchungen zu widerstehen, Stichwort Gier.
Hat man denn im Finanzbereich die Notwendigkeit für solche Tools und Trainings auch erkannt? Ist man da offen für Ihre Methoden?
Gerade in der Finanzbranche haben viele die grundlegenden Probleme, die das System mit sich bringt, meines Erachtens leider noch nicht so erkannt. Ich habe den Eindruck, dass man immer noch hauptsächlich auf die Karte Compliance – also auf Kontrolle, Überwachung und Bestrafung setzt. Solche Massnahmen zielen darauf ab, Fehlverhalten zu vermeiden. Aber es wäre genauso wichtig, auch ein positives, wünschenswertes Verhalten zu fördern. Das sind zwei verschiedene Dinge.
Gibt es Banken, die Ethik und Nachhaltigkeit ins Zentrum stellen?
Da gibt es zum Beispiel die Alternative Bank Schweiz, die sich als wertebasierte Bank sieht. Sie nimmt Nachhaltigkeit und Werte ernst und versucht, nach diesen Grundsätzen zu handeln. Sie investiert unter anderem ausschliesslich in gesellschaftlich und ökologisch relevante Projekte, informiert ihre Kundschaft ehrlich und transparent, schüttet keine Boni aus und hat nur geringe Lohnunterschiede unter den Angestellten. Weltweit gibt es mittlerweile rund 70 Banken, die ähnlich handeln. Daneben gibt es auch Privatbanken, die beispielsweise mit ihrem eigenen Vermögen haften, was einen verantwortungsvolleren Umgang mit Kapital sicher unterstützt. All diese Beispiele zeigen, dass auch andere Systeme funktionieren können.
Sind solche Modelle auch für Grossbanken realistisch?
Grossbanken sind in andere Systeme eingebettet: Sie sind international tätig und befinden sich im Wettbewerb mit anderen grossen Banken. Die Schweizer Wirtschaft braucht ja auch Banken, mit denen sie internationale Aktivitäten durchführen kann – idealerweise mehrere Banken und nicht nur eine. Ob bei Grossbanken ein Wandel in absehbarer Zeit stattfindet? Schwierig zu sagen. Ich bin eher skeptisch.
Was lässt sie zweifeln?
Grossbanken sind gefangen in einem System mit anderen, global agierenden Grossbanken. Jeder schaut auf den anderen und möchte nicht als der «Dumme» dastehen. Und das wäre der Fall, würde man etwa die Boni streichen. Das hört sich wie das in der Wissenschaft bekannte «Gefangenendilemma» an: Man ist in Strukturen gefangen, die es unmöglich machen, kollektiv sinnvolle Lösungen zu finden.
Was wäre nötig, damit ein solcher Wandel auch stattfinden kann?
Es ist jetzt vermutlich die Zeit, sich mit ein paar grundlegenden Fragen auseinanderzusetzen: Was für eine Bank wollen wir, was für eine Bank brauchen wir wirklich? Ich hoffe, dass sich dazu eine konstruktive Debatte in Politik und Wirtschaft ergibt. Ich glaube, wir könnten jetzt die Chance haben, eine Veränderung anzustossen.