Sommer, Sonne, Sonnenschein – Sommerferien. Das Schuljahr ist zu Ende, und unsere Kinder bringen ihre Zeugnisse nach Hause. Jedes Jahr stellen sich viele von uns dann wohl die Frage: Sollen wir unsere Kinder für gute Noten finanziell belohnen? Oder lieber doch nicht? Es gibt Argumente dafür und dagegen. In dieser Kolumne beleuchte ich die verschiedenen Perspektiven und gebe dir einige Überlegungen mit an die Hand.

Simone Hoffmann
Schliesslich funktioniert diese Art von Belohnung auch bei Erwachsenen: Boni und Gehaltserhöhungen motivieren uns als Mitarbeiter:innen ebenso, unsere Arbeitsleistung zu steigern.

Pro: ein Anreiz zur Leistung

Ein extra Batzen Geld für gute Noten kann ein starker Anreiz für Kinder sein. Kinder sind möglicherweise motivierter, sich anzustrengen, wenn sie wissen, dass ihre guten Leistungen belohnt werden. Diese extrinsische Motivation kann besonders dann hilfreich sein, wenn Kinder sich nicht für die Schule begeistern können. Das Prinzip ist einfach in der Handhabung, leicht zu vermitteln und einfach zu verstehen.

Schliesslich funktioniert diese Art von Belohnung auch bei Erwachsenen: Boni und Gehaltserhöhungen motivieren uns als Mitarbeiter:innen ebenso, unsere Arbeitsleistung zu steigern. Extrinsische Motivation wirkt aber niemals so stark wie die Motivation von innen heraus, also die intrinsische Motivation. Das führt mich unweigerlich zu den Contra-Punkten.

Contra: Risiko der Überbetonung des Materiellen

Was passiert, wenn der finanzielle Anreiz zur Hauptmotivation unserer Kinder wird? Kinder könnten den Eindruck bekommen, dass Lernen nur wertvoll ist, weil es Geld einbringt. Diese Sichtweise wirkt kontraproduktiv zur intrinsischen Motivation: die Freude am Lernen! Lernen um des Lernens willen. Langfristig ist es unabdingbar, dass Kinder verstehen, dass Bildung und Wissen ihnen nicht nur monetäre Vorteile bringen, sondern auch persönliche und gesellschaftliche Möglichkeiten eröffnen. Stetiges Lernen erweitert ihren Horizont und lässt sie mit Veränderungen Schritt halten.  

Lebenslanges Lernen: ein Muss in der modernen Welt

Wichtig ist, dass Kinder verstehen, dass selbst mit Ende der Schulzeit das Lernen nicht vorbei ist. Auch im späteren Berufsleben wird es immer wieder Themen geben, die sie zuerst lernen müssen und die eben nicht mit einem extra Batzen belohnt werden. Die Zeiten, in denen wir oder unsere Kinder einmal eine Ausbildung machen und dann bis zur Pensionierung ohne Weiterbildung im selben Beruf arbeiten, sind längst vorbei.

Simone Hoffmann
Was passiert, wenn der finanzielle Anreiz zur Hauptmotivation unserer Kinder wird? Kinder könnten den Eindruck bekommen, dass Lernen nur wertvoll ist, weil es Geld einbringt.

«Eine Investition in Wissen zahlt immer noch die besten Zinsen.» Dieses wunderschöne Zitat von Benjamin Franklin ist in unserer schnelllebigen und schnell ändernden Welt so aktuell wie nie zuvor.

Kinder sollten daher für sich herausfinden (selbstverständlich mit unserer Unterstützung), wie Lernen Spass machen kann. Sie benötigen Strategien, wie sie lebenslanges Lernen für sich nutzen können, um langfristig ihre Ziele und Träume zu erreichen. Das Ganze ist ein stetiger Prozess, nicht ein reines Resultat. Schon gar nicht in Form von Noten, die mit Geld belohnt werden.

Fazit: Belohne den Lernprozess, nicht das Ergebnis

Klar ist es wichtig, dass wir Meilensteine feiern und unsere Kinder für erbrachte Leistungen – oder besser gesagt Anstrengungen – belohnen. Bei Kindern können wir das in der Tat am Ende eines Schuljahres tun. Aber ich würde das nicht mit dem Resultat – den Noten – verbinden, sondern eben mit dem Lernprozess und den Fortschritten, die die Kinder während des Jahres gemacht haben.

Simone Hoffmann
Wichtig ist, dass Kinder verstehen, dass selbst mit Ende der Schulzeit das Lernen nicht vorbei ist.

Zur Veranschaulichung habe ich einige Beispielfragen, die auf Fähigkeiten abzielen zusammengestellt, die Kinder (je nach Alter) während dieser Reflektion beantworten könnten:

  • Kontinuität: Was hast du gelernt, was du im letzten Jahr noch nicht konntest?
  • Resilienz: Aus welchen Fehlern hast du besonders gelernt?
  • Problemlösung: Bei welchen Themen hast du anfangs gedacht, dass sie (zu) schwer sind? Wie hast du diese gemeistert?  
  • Kompetenzerweiterung: Welche deiner Fähigkeiten konntest du verbessern?
  • Mut: Bei welcher Aufgabe warst du mutig und warum?
  • Einfallsreichtum/Kreativität: Mit welcher deiner Ideen hast du ein Problem gelöst?
  • Durchhaltevermögen: Bei welchen Themen dachtest du: «Ich kann es NOCH nicht, aber ich werde es lernen»?
  • Ziele setzen: Was hattest du dir vorgenommen, und was hast du erreicht?  

Wir alle wollen nur das Beste für unsere Kinder. Wir wünschen uns, dass sie erfolgreich, verantwortungsbewusst und selbstbewusst heranwachsen. Das schaffen wir, indem wir unsere Kinder in ihren Fähigkeiten bestärken und sie nicht «nur» für das Resultat loben und belohnen. Denn auch das beste Resultat ist lediglich die Summe der vorangegangenen Schritte.

Ob dieser Prozess nun mit einem extra Batzen Geld oder mit gemeinsamen Zeit-Alternativen wie einem Ausflug etc. belohnt wird, das sollte jede Familie für sich selbst entscheiden. In diesem Sinne wünsche ich dir erholsame und schöne Sommerferien.