Wer einen Teil des Ersparten nachhaltig anlegen möchte, hat derzeit viele Möglichkeiten. Der Markt für nachhaltige Produkte wächst seit mehreren Jahren im zweistelligen Prozentbereich. Fast 1300 nachhaltige Fonds stehen privaten Anleger:innen in der Schweiz zur Verfügung. Dieses vielfältige Angebot ist zwar toll, es kann Investor:innen aber auch überfordern. Iris Menn, Leiterin von Greenpeace Schweiz, erklärt: «Viele Kund:innen trauen sich nicht, bei den Banken detaillierte Informationen zu nachhaltigen Anlagen einzufordern, weil sie sich nicht kompetent genug fühlen.»
Dabei ist Nachfragen gerade beim Investieren besonders wichtig – immerhin geht es um dein Geld. Damit du auf dein nächstes Bankgespräch gut vorbereitet bist, helfen wir dir in diesem Artikel bei den Vorbereitungen.
Vor dem Gespräch
So viel vorweg: Es gibt nicht den einen richtigen Weg, um als private:r Anleger:in nachhaltig zu investieren. Dennoch lohnt es sich, bei nachhaltigen Produkten genau hinzuschauen, wie Iris Menn sagt: «Es gibt momentan eine grosse Vielfalt, aber eben auch einen Wildwuchs an nachhaltigen Produkten auf dem Markt.» Eine Studie von Greenpeace zeigt, dass viele grüne Anlageprodukte in Wahrheit nicht wirklich klimaverträglich sind. Gerade deshalb kannst du für dich schon vor deinem Gespräch auf der Bank folgende Fragen klären:
- Was will ich mit meinem Geld erreichen?
- Was will ich mit meinem Geld unterstützen, oder was will ich auf keinen Fall unterstützen?
Diese beiden Fragen bilden die Basis für deine Investitionsstrategie. Du kannst dir die wichtigsten Stichworte dazu auch notieren und diese Unterlagen mit ins Gespräch nehmen.
Was will ich mit meinem Geld erreichen?
Bei der ersten Frage geht es um die Wirkung deiner Investition. «Im Endeffekt geht es darum, dass wir mit unseren Investitionen Geldflüsse umlenken und in der Realwirtschaft eine Wirkung erzielen wollen», erklärt Menn. Willst du beispielsweise mit deinen Investitionen CO2-Emissionen in der Realwirtschaft senken, kannst du das laut der Expertin auf verschiedene Arten tun: Entweder, indem du Geldflüsse zu jungen, kleinen, nachhaltigen Unternehmen verschiebst, die dann wachsen können. Oder aber, indem du in grosse, noch nicht nachhaltige Unternehmen investierst, die durch klar gesetzte Ziele nachhaltiger werden.
«Es ist durchaus nicht falsch, wenn Kleinanleger:innen sagen, dass sie gewisse Industrien, die als nicht besonders nachhaltig gelten, aus ihrem Portfolio streichen wollen», sagt Menn. Damit erzielt man aber nicht unbedingt die maximale Wirkung in Sachen Nachhaltigkeit. Denn in der Realität sinken noch keine CO2-Emissionen, nur weil alle «schmutzigen» Firmen aus einem Portfolio gestrichen werden. Langfristig ist es aber trotzdem ein Signal an die Finanzwirtschaft, was wiederum eine indirekte Wirkung in der Realwirtschaft erzielen kann.
Willst du eine direktere Wirkung erzielen, kannst du entweder in innovative Unternehmen investieren, die einen nachhaltigen Wandel aktiv vorantreiben, oder aber in grosse Unternehmen, die noch nicht nachhaltig sind, aber nachhaltig werden können und wollen. Menn konkretisiert: «Wir reden hier nicht von einem Kohleunternehmen, das per se nie nachhaltig sein wird. Wir reden über diejenigen Unternehmen, bei denen eine Chance besteht, dass sie nachhaltig werden.» Dazu gehören beispielsweise Versicherungen oder Banken, die ihre Nachhaltigkeitsstrategie laufend verbessern.
Was will ich mit meinem Geld unterstützen, oder was will ich auf keinen Fall unterstützen?
Nebst der Wirkung legst du am besten auch Nachhaltigkeits-Themen fest, die dich besonders interessieren. Das können beispielsweise Themen aus den Bereichen Energie, Biodiversität oder Gleichstellung sein. Zudem gibt es vielleicht auch Firmen oder Bereiche, die du auf keinen Fall in deinem Portfolio haben möchtest. «Dadurch können Anleger:innen ihr Portfolio in Linie mit ihren Werten bringen», sagt Menn.
Grundsätzlich machst du nichts falsch, wenn du dich für ein Nachhaltigkeitsthema entscheidest. Für Veränderungen in der Finanzwirtschaft brauche es nämlich alle Komponenten von Nachhaltigkeit, so die Expertin bei Greenpeace. Damit bezieht sie sich auf die drei Komponenten von ESG – Environmental, Social und Governance. «Klimaschutz muss sozialverträglich sein, und es braucht eine gute Unternehmenssteuerung, um eine nachhaltige Transformation umzusetzen», so Menn. Mehr zu ESG findest du im Teil 1 unserer Serie.
Sobald du diese Fragen für dich beantwortet hast, kannst du viel besser in ein Beratungsgespräch gehen und ganz gezielt nach einem passenden Produkt für dich suchen.
Im Gespräch
Jetzt bist du gut vorbereitet, und es geht ab auf die Bank. Auch hier gibt es ein paar Kniffs, die dir helfen können, das richtige Produkt zu finden. Achte im Gespräch darauf, ob dich dein:e Berater:in nach deinen Nachhaltigkeitspräferenzen fragt. Eine Studie von Greenpeace zeigt, dass nur zwölf Prozent der Bankberater:innen proaktiv ihre nachhaltigen Anlagen anbieten.
Sollte dein Berater oder deine Beraterin nachhaltige Anlagen nicht von sich aus erwähnen, dann frage gezielt danach. Die Angebote gilt es dann kritisch zu prüfen. Menn empfiehlt: «Wenn ich wirklich daran interessiert bin, mit meinem Geld meinen Werten entsprechend zu investieren oder mit meinem Geld zur nachhaltigen Transformation beizutragen, dann gilt: Fragen, fragen, fragen!»
Folgende Fragen könntest du im Gespräch stellen:
- Welche Firmen sind in diesem Anlageprodukt enthalten?
- Inwiefern unterscheidet sich dieses nachhaltige Anlageprodukt von traditionellen Produkten?
- Welche Wirkung erzielt mein Produkt?
- Sofern Firmen im Produkt enthalten sind, die noch nicht nachhaltig sind: Gibt es einen Vermögensverwalter, der dieses Produkt aktiv steuert und schaut, dass diese Unternehmen klare Ziele bekommen? Werden die Fortschritte auch kontrolliert und entsprechend Konsequenzen gezogen, wenn Ziele nicht erreicht werden?
- Wenn der Berater oder die Beraterin Labels wie ESG-konform oder Paris-Aligned nennt: Was heisst das konkret?
Solltest du auf diese Fragen keine Antworten erhalten, empfiehlt Menn: «Wechsle die Bank! Die Kund:innen haben ein gutes Recht, zu fragen. Wenn Berater:innen diese Fragen nicht beantworten können oder wollen, ist das kein gutes Zeichen.» Laut Menn ist es sogar wichtig, konsequent zu sein. Denn wir als Kund:innen haben hier Möglichkeiten, etwas zu verändern: Wir geben den Banken nämlich damit zu verstehen, dass sie sich fachlich fundiert zu diesen Themen aufstellen müssen.
Wenn du im Gespräch alle notwendigen Informationen erhalten hast, musst du dich nicht sofort entscheiden. Nimm die Angaben zu den Anlageprodukten mit, prüfe selber nach, besprich dich mit anderen und vergleiche sie mit anderen Angeboten.
Unter den nachhaltigen Produkten gibt es aktiv und passiv gemanagte Fonds. Bei den aktiv gemanagten Fonds gibt es eine:n Fondsverwalter:in. Diese:r entscheidet darüber, welche Firmen im Fonds enthalten sind. Im Optimalfall steht der oder die Fondsmanager:in mit den Unternehmen im Portfolio auch aktiv im Austausch. Dadurch stehen die Chancen höher, dass klare Nachhaltigkeitsziele mit den Unternehmen definiert werden und auch die Fortschritte entsprechend geprüft werden. Passiv verwaltete Fonds, auch ETFs genannt, orientieren sich hingegen an einem Index. Es gibt also keine:n Fondsverwalter:in, der oder die die Anlagen aktiv aussucht. Nachhaltige Passivfonds haben den Vorteil, dass Investor:innen von aussen nachvollziehen können, mit welchen Nachhaltigkeitskriterien der Fonds arbeitet. Das wird bei aktiv gemanagten Fonds nicht immer kommuniziert. Aktives ESG-Engagement ist bei passiven Fondsverwalter:innen hingegen noch eher eine Neuheit.
Nach dem Gespräch
Nachdem du dich für ein Anlageprodukt entschieden hast, möchtest du wahrscheinlich auch verfolgen, ob das Produkt wirklich eine Wirkung erzielt. Wenn du weisst, in welche Firmen du investiert hast, kannst du ab und zu deren Nachhaltigkeitsberichte lesen. Die meisten Firmen publizieren ein Mal pro Jahr separate Nachhaltigkeitsberichte oder machen entsprechende Angaben in den Jahresabschlussberichten. Zusätzlich kannst du Nachhaltigkeit-Ratings von Agenturen überprüfen (mehr dazu im Teil 1 dieser Serie).
Solltest du direkt in Firmen investieren, kannst du dich Gruppierungen oder Vereinigungen anschliessen, die sich in Aktionärsgesellschaften zu Nachhaltigkeitsthemen engagieren. «Sowas ist auch eine Chance, wenn man selbst keine Zeit und Lust dafür hat, sich intensiv damit zu beschäftigen.»
Bei Fonds hingegen gibst du deine Stimmrechte an einen Fondsverwalter ab. Frag bei deiner Bank nach, wer deinen Aktienfonds verwaltet. Die meisten Fondsmanager legen mittlerweile offen, wie sie auf Hauptversammlungen abstimmen. Dazu gehst du auf die Website deines Fondsverwalters und suchst nach dem Stichwort «Proxy Votes». Proxy-Voting-Berichte zeigen dir, inwiefern Fondsverwalter im Interesse der Nachhaltigkeit abstimmen.
Klar ist: Auch als Kleinanleger:in kannst du eine Veränderung hervorrufen, indem du kritisch bist und aktiv Informationen und Transparenz forderst. «Das Thema Nachhaltigkeit ist sehr komplex, und leider sind wir momentan noch nicht an dem Punkt, wo man sich einfach blind auf ein Label verlassen kann.» Deshalb müssen wir Kund:innen kritisch bleiben und so den Banken zu verstehen geben, dass sie die Qualität von Produkten und das Wissen der Berater:innen in Sachen Nachhaltigkeit verbessern müssen.
Und jetzt, ab auf die Bank!