Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
CashDigital Payment
SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:33
Ort:Zürich
Beruf:Co-Geschäftsführerin Gewaltprävention, Selbstständig (u.a. Sozialarbeit und Organisationsbegleitung)
Einkommen:ca. 5800.- pro Monat (inkl. Selbstständigkeit)
Schulden:keine
Grösster Ausgabeposten:Essen
Vermögen:keins

Für die SP-Kantonsrätin Mandy Abou Shoak ist es erstrebenswert, möglichst viel Geld zu haben – damit sie es umverteilen kann. Im Money Talk spricht sie ausserdem darüber, wie hoch ein fairer Lohn sein sollte, warum unser Bild vom Geldausgeben weiblicher geprägt sein sollte und wieso ihre Mutter ihr grosses Vorbild ist.

Welche Gefühle löst Geld bei dir aus?

Respekt und Verantwortung. Geld ist für die meisten Menschen existenziell, und es beeinflusst, ob man ein Dach über dem Kopf hat, ob man sich Ferien leisten kann oder ob man sich etwas zu essen kaufen kann. Ich finde es wichtig, dass man verantwortungsvoll mit Geld umgeht. Zu diesem Umgang gehört für mich auch ein Bewusstsein dafür, dass alle ein Anrecht auf ein menschenwürdiges Leben haben. Und für dieses menschenwürdige Leben braucht es Geld.

Warum ist Geld so ein Tabuthema – vor allem in der Schweiz?

Ich glaube, es gibt verschiedene Gründe dafür. Einerseits gibt es in der Schweiz eine Kultur, in der man sich nicht anmerken lassen will, wie viel Geld man hat. Man protzt nicht mit Geld. Dann geht es bei Geld immer auch um Macht. Macht, die man vielleicht gar nicht so gerne zeigt.

Inwiefern?

Wenn man nicht weiss, wie viel Geld ein Mensch hat, muss folglich keine Verantwortung übernommen werden. Viele Leute wollen dem Thema vordergründig nicht so viel Raum und Wert geben. Das suggeriert, Geld wäre für sie nicht so wichtig. Aber das stimmt natürlich nicht.

Mandy Abou Shoak
Oft findet ein unmittelbarer Vergleich mit anderen Menschen statt. Bei Geld geht es also auch um Konkurrenz.

Wie meinst du das?

Den meisten Menschen ist Geld selbstverständlich wichtig. Ein konkretes Beispiel: Die Journalistin Yvonne Eisenring hat eine neue TV-Show, in der sie das Handy von fremden Leuten anschaut und durchsucht. In einem Interview erzählte sie, dass sie alles anschauen durfte, von Pornos über Nacktbilder bis zu Chatverläufen, aber beim Kontostand war bei den meisten Schluss. Warum? Weil die meisten Leute entweder viel oder wenig Geld haben. Beides ist offensichtlich irgendwie mit Scham verbunden. Oft findet ein unmittelbarer Vergleich mit anderen Menschen statt. Bei Geld geht es also auch um Konkurrenz. Das merkt man ja auch, wenn es um die Arbeit geht: Menschen wollen ihre Löhne oft nicht offenlegen. Wenn ich mit Menschen über meinen Lohn rede und sie sagen mir, du verdienst zu wenig, dann denke ich schon: Als Feministin wollte ich mich eigentlich nicht ausbeuten lassen.

Hast du dieses Gefühl erst, seit andere Leute deinen Lohn bewerten?

Ich habe meinen alten Job aufgegeben mit der Vision, dass ich künftig mindestens 8500 Franken im Monat verdienen möchte. Ich habe einen Master, bin 33 und habe Berufserfahrung. Da finde ich das fair. Dann bekam ich ein erstes Jobangebot für 8000 Franken. Dann bekam ich ein zweites Angebot für einen prestigeträchtigen Job, bei dem ich aber nur 7500 Franken verdient hätte. Und schliesslich kam diese feministische NGO, bei der ich dachte: Oh wow, megatoller Job. Aber die bot mir 7200 Franken ohne dreizehnten Monatslohn an. Also nochmal weniger. Trotzdem habe ich zugesagt. Obwohl ich meinen Job mit der Absicht gewechselt habe, so viel wie möglich zu verdienen, damit ich so wenig wie nötig arbeiten muss.

Weshalb war das dein Ziel?

Weil ich neben meinem Job noch viel ehrenamtlich mache und mir das extrem wichtig ist. Ausserdem bin ich auch noch zu einem Teil selbstständig und möchte in diesem Bereich die Freiheit haben, Aufträge für wenig Geld übernehmen zu können. Das geht aber nur, wenn ich als Angestellte genug verdiene. Ich quersubventioniere meine Selbstständigkeit und meine ehrenamtlichen Tätigkeiten.

Warum hast du den Job mit dem besseren Gehalt abgelehnt?

Ich hatte das Gefühl, ein Token zu sein. Also eine Person, die rekrutiert wird, um die Diversität im Unternehmen zu erhöhen. Unternehmen, die aus diesen Gründen Frauen, Menschen mit einer Behinderung oder Schwarze Menschen einstellen, denken die strukturellen Veränderungen, die eine institutionelle Öffnung zur Konsequenz hat, nicht mit. Diversität bedeutet in der Konsequenz nämlich immer auch Wandel. In der Regel ist dieses Verständnis aber nicht gegeben. Ich war überzeugt, dass meine Expertise in meiner aktuellen Anstellung mehr zählt. Ausserdem ist es etwas anderes, in einer feministischen NGO zu arbeiten, als in einer staatsnahen Organisation.

Was ist deiner Meinung nach ein fairer Lohn? Woran macht man fest, wie viel man für welche Arbeit verdienen müsste?

Wir leben in einem kapitalistischen System, das darauf ausgelegt ist, dass Menschen ausgebeutet werden. Als SP Politikerin bin ich überzeugt, dass wir einen Mindestlohn von 4000 Franken pro Monat brauchen. Eigentlich braucht es mehr. Wir müssen als Gesellschaft darüber diskutieren, welche Funktion und welchen Nutzen eine Arbeit für unsere Gesellschaft hat. Ich weiss nicht, ob ich in der Position bin, um zu definieren, welche Arbeit welchen Wert hat. Aber natürlich habe ich eine klar menschenrechtliche Perspektive und Meinung dazu: Care-Arbeit, Hausarbeit, gesellschaftsrelevante Tätigkeiten wie Kinderbetreuung oder Pflege, aber auch Kultur müssen mehr Wert bekommen.

Mandy Abou Shoak
Ich habe auch keine Angst, mit Geld in Berührung zu kommen. Ich finde Geld gut und habe gerne viel davon. Ich teile und verteile es um.

Wie würdest du dein Verhältnis zu Geld in drei Worten beschreiben?

Unschweizerisch, furchtlos und hoffnungsvoll.

Das sind sehr schöne und positive Begriffe – und einer davon ist sehr interessant. Warum hast du sie gewählt?

Ich nehme an, du meinst mit «spannend» den Begriff unschweizerisch? (Lacht.) Den Ausdruck habe ich gewählt, weil die Schweizer Kultur den Grundsatz «Sparen, sparen, sparen» beinhaltet. Furchtlos, weil ich gerne und ohne Angst Geld in die Hand nehme und ausgebe. Ich tue das mit einem guten Gefühl. Ich habe auch keine Angst, mit Geld in Berührung zu kommen. Ich finde Geld gut und habe gerne viel davon. Ich teile und verteile es um. Und hoffnungsvoll, weil ich weiss, was Geld bewirken und wie es das Leben von Menschen fundamental verändern und verbessern kann. Je bewusster uns allen diese Tatsache ist und je mehr wir danach handeln, umso mehr können wir positiv verändern. Ich bin hoffnungsvoll, dass auch immer mehr Menschen, die viel Geld haben, das erkennen.

Wie verteilst du dein Geld um?

Mein Grundsatz ist: Wenn ich auf der Strasse angesprochen und nach Geld gefragt werde, dann gebe ich etwas – wenn ich Geld im Sack habe. In meinem Studium und bei der Arbeit habe ich mich mit sozialem Unternehmertum auseinandergesetzt. Ich musste lernen, dass man einen gewissen Betrag auf dem Konto haben sollte, bevor man investieren kann. Diese Hürde habe ich noch nicht erreicht. Trotzdem versuche ich, mit dem, was ich habe, etwas zu bewirken.

Wie machst du das konkret?

Auf unterschiedliche Weise. Zum Beispiel unterstütze ich mit Spenden oder Mitgliedsbeiträgen Vereine, die mir wichtig sind, wie Berufsverbände, Gewerkschaften oder Schutzorganisationen. Ich beteilige mich an Projekte von Freund:innen, und ich unterstütze Initiativen aus dem Sudan – wo ich herkomme –, die nachhaltige Agrarkulturen fördern. Und ich möchte noch mehr machen. Mein Ziel ist deshalb, möglichst viel Geld zu haben.

Verstehe ich dich richtig: Du willst nicht viel Geld, um es für dich selbst auszugeben, sondern, um es anderen zu geben?

Genau. Für mich ist klar: Es braucht eine Umverteilung von oben nach unten. Es kann einfach nicht sein, dass so wenig Leute so viel besitzen. Das ist moralisch, ethisch und politisch total verwerflich. Das geht nicht. Es darf nicht sein, dass Menschen verhungern, während andere private Bunker bauen, um ihren Besitz zu beschützen.

Hat Geld für dich mit Selbstliebe zu tun?

Geld an sich nicht. Aber der Umgang mit Geld durchaus. Darf ich mir erlauben, Geld zu haben? Darf ich gross träumen? Darf ich den Wunsch formulieren, viel Geld zu haben? Darf ich es erstrebenswert finden, überhaupt Geld zu haben? All das hat für mich mit Selbstliebe zu tun.

Mandy Abou Shoak
Je mehr Menschen mit viel Geld Gutes tun, etwa in Form von Steuern, oder selbst zur Umverteilung beitragen, umso besser.

Wie geht es für dich als linke Politikerin zusammen, dass man viel haben kann und haben will, obwohl eben viele Leute so wenig haben?

Das ist eine Diskussion, die ich auch immer wieder mit meinem Partner führe. Er ist klar der Meinung: Wir haben alle zu viel, und das ist problematisch. Wir sollten alle weniger haben und auch weniger wollen. Nur so können wir weniger an der ökologischen Ausbeutung teilnehmen. Ich finde, er hat recht. Aber ich bin auch der Meinung, dass ich Recht habe und dass das nicht mal ein Widerspruch ist.

Kannst du das erklären?

Die Ausgangslage ist nun mal so, dass es Leute gibt, die sehr viel haben, und andere, die praktisch nichts haben. Es gibt Menschen mit viel Geld, die damit nichts Gutes bewirken beziehungsweise ausbeuterisch sind. Hier müsste man ansetzen. Denn: Je mehr Menschen mit viel Geld Gutes tun, etwa in Form von Steuern, oder selbst zur Umverteilung beitragen, umso besser. Um das zu schaffen, müssten wir uns als Gesellschaft darauf einigen, dass jeder Mensch das Recht auf ein menschenwürdiges Leben hat. Aber im Moment wird das Recht auf den eigenen Besitz höher gewichtet als das Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Schauen wir in die Asylunterkünfte zum Beispiel. Wir müssen umverteilen und gleichzeitig reduzieren.

Wofür gibst du gerne Geld aus?

Ich gebe gerne und viel Geld aus für gutes Essen. Und für Wohlbefinden und Kultur. Ich gehe viel ins Theater, an Konzerte und ab und zu ins Wellness. Ich mache auch häufig mit Freundinnen coole Workshops. Ich würde gerne noch ein bisschen mehr Geld ausgeben für kreative Skills, zum Beispiel Töpfern oder Stricken.

Mandy Abou Shoak
Welche Frau kennst du oder kenne ich, die viel Geld hat und solidarisch und nachhaltig damit umgeht? Die Selbstfürsorge praktiziert und gleichzeitig einen Sinn fürs Gemeinwohl hat? Wo sind diese Frauen?

Es ist schön zu hören, dass du dir als Frau gern und ohne Scham Dinge gönnst. Das ist oft nicht der Fall. Was glaubst du, warum haben Frauen häufig das Gefühl, sie dürfen sich nichts Gutes tun mit Geld und Geld auch nicht mögen?

Es gibt ein sehr männliches Narrativ rund ums Thema Geld. Es gibt klare Vorstellungen davon, wer Geld hat und was man damit zu machen hat. Das Bild, das wir alle kennen, ist jenes eines Mannes, der viel Geld hat, damit spekuliert und sich so einen Kick holt. Diese Geschichten sind immer auf Männer ausgerichtet. Welche Frau kennst du oder kenne ich, die viel Geld hat und solidarisch und nachhaltig damit umgeht? Die Selbstfürsorge praktiziert und gleichzeitig einen Sinn fürs Gemeinwohl hat? Wo sind diese Frauen? Wo sind diese Bilder? Wo sind diese Geschichten, wo sind diese Interviews? Wo ist all das in unserem Alltag? Das fehlt. Aus diesem Grund können Frauen keine Vorstellung davon entwickeln, wie es sein könnte, Geld zu haben und damit einen feministischen Umgang zu praktizieren.

Hast du ein weibliches Vorbild?

Meine Mutter. Sie hat sehr viel geschafft. Meine Familie ist aus dem Sudan geflüchtet, als ich zwei Jahre alt war. Wir haben zeitweise in einer Asylunterkunft gelebt und sind dann nach Wetzikon gezogen. Meine Mutter hat im Alter von 34 Jahren die Matura in der Schweiz nachgeholt – in einer Fremdsprache. Anschliessend hat sie Zahnmedizin studiert, gearbeitet und mit über 40 Jahren noch eine eigene Praxis eröffnet.

Das ist sehr beeindruckend.

Ja, meine Mutter ist – wie sagt man das – eine Boss Lady! Und zwar nicht nur im karrieretechnischen Sinne. Sie hat nämlich nicht nur ein Unternehmen. Sie hat mir auch gezeigt, was es bedeutet, etwas aufzubauen – mit allen Hürden, die sie als Schwarze muslimische Frau hatte. Sie hat mir gezeigt, was man macht, wenn Leute anrufen und einem um Geld bitten, beispielsweise aus unserer Familie im Sudan. Sie hat mir gezeigt, wie man dafür sorgt, dass ein Vorhaben nachhaltig ist, und wie man das überprüft. Ich habe gesehen, wie sie andere Frauen motiviert hat, ihr eigenes Geschäft zu gründen. Meine Mutter war und ist ein super Vorbild.

Hat sie mit dir oft über Geld geredet?

Wir haben zu Hause nicht viel über Geld gesprochen. Aber in unserem Alltag war Geld trotzdem ein präsentes Thema. Als geflüchtete Familie hatten wir zu Beginn nur sehr begrenzte Mittel. Mein Vater hat viel und hart gearbeitet, während meine Mutter studierte. Wir stiessen an Grenzen, uns wurde auch mal der Strom abgestellt. Als ich etwa in der zweiten oder dritten Klasse war, ging es uns finanziell besser. Meine Eltern wollten uns zu diesem Zeitpunkt alles ermöglichen. Ich hatte Klavierunterricht, habe Tennis gespielt und Eiskunstlauf gemacht. Irgendwann wurde es aber zu viel. Das Eiskunstlaufen mit den Trockentrainings und dem Tanzunterricht hat unseren Rahmen gesprengt. Ich musste aufhören, und meine Freundinnen haben weitergemacht

Wie war das für dich?

Ich fand das natürlich blöd. Es ist schwierig, wenn man viel hat und plötzlich Privilegien abgeben muss. Heute verstehe ich das natürlich und sehe es anders. Ich weiss auch, dass meine Mutter mit dem Studium viel auf sich genommen hat. Sie konnte ihre Praxis erst mit über 40 eröffnen und musste da viel Geld investieren. Auch wenn sie als Zahnmedizinerin gut verdient, hat ihre Altersvorsorge hat grosse Lücken.

Wie hast du deinen ersten Franken verdient?

Das erste, was ich gemacht habe, war, kleinen Kindern Eiskunstlauf-Stunden zu geben. Immer am Samstagmorgen in der Eishalle in Wetzikon. Ich weiss gar nicht mehr, wie viel ich dafür bekommen habe, aber ich glaube, es waren so sieben Franken pro Stunde oder so.

Zum Abschluss ein kleiner Ausblick: Worauf sparst du?

Ich spare auf nichts Bestimmtes. Aber nach den Wahlen gehe ich sechs Wochen in die Ferien. Es geht nicht darum, Luxusferien zu machen und viel Geld auszugeben, aber ich gönne mir den Luxus, mir diese Zeit zu nehmen. Ansonsten habe ich vor allem ein bisschen Geld auf der Seite, um auf Unvorhergesehenes reagieren zu können, bei mir, aber vor allem auch bei meinen Freund:innen.

So gelingt dein Wiedereinstieg in den Beruf
Jede fünfte Mutter hängt ihre Karriere an den Nagel, um sich eine Zeit lang ganz der Familienarbeit zu widmen. Nach einigen Jahren ist der Weg zurück in die Erwerbswelt nicht immer einfach. Wir zeigen dir die Hürden, wie du sie überwindest und warum es wichtig ist, dass Unternehmen umdenken.
«Frauen, ihr müsst keine Expertinnen für Finanzmärkte oder Technologie sein, um in Start-ups zu investieren!»
Odile Gaudart-Gastaldo investiert als Angel-Investorin in Start-ups. Sie verrät, was es dazu braucht und was sich ändern muss, damit mehr Frauen solche Investitionen wagen.