Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
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SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:72
Kinder:4
Ort:Baselland
Beruf:zuerst Mutter, dann Juristin, Psychologin, Ökonomin, Funktionärin, Autorin
Einkommen:AHV und Pensionskasse
Schulden:Hypothek
Grösster Ausgabeposten:Wohnen
Vermögen:das eigene Haus

Welche Beziehung hast du zu Geld?

Keine, worauf ich nicht stolz bin. Ich bin in den 1950er- und 1960er-Jahren in Deutschland aufgewachsen und wurde sehr gestrig erzogen.

Was heisst das?

Meine Eltern haben uns Töchter auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg wie im Biedermeier erzogen. Ein Studium war kein Thema, zu Weihnachten gab es Bettwäsche mit Monogramm, und zur Hochzeit hat man sich Silber gewünscht. Der Hausstand war das Wichtigste. Über Geld wurde mit Mädchen nicht gesprochen. Es hatte einfach da zu sein. Geld war Männersache. Das blieb auch so, als ich verheiratet war. Mein Mann hat sich um die Finanzen gekümmert. Als ich nach der Scheidung allein war und mich um meine vier Kinder kümmern musste, konnte ich mit dem Geld umgehen, das mir zur Verfügung stand. Richtig wichtig war es mir trotzdem nie.

Welche Gefühle löst Geld bei dir aus?

Keine. Geld löst bei mir weder Angst noch Interesse noch ein Gefühl der Zuständigkeit aus.

Elli von Planta
Zwischen Trennung und Scheidung habe ich mit vier Kindern von 3000 Franken gelebt.

Und welche Rolle spielt Geld heute in deinem Leben?

Noch immer keine wesentliche. Natürlich weiss ich, dass Geld wichtig ist. Auch für mich. Man muss ja seine Rechnungen bezahlen. Aber ich habe mich immer auf das eingestellt, was gerade da war. Als Kind hatte ich alles, ohne dass ich dafür sorgen oder es bezahlen musste. Dann lebte ich in einer Studentenehe mit knappem Budget. Zwischen Trennung und Scheidung habe ich mit vier Kindern von 3000 Franken gelebt.

Das ist wenig. Wie seid ihr über die Runden gekommen?

Mein Mann hat zusätzlich die Hypothekarzinsen und die Krankenversicherungen bezahlt. Aber 3000 Franken waren trotzdem wenig Geld – auch in den 1980er-Jahren. Dieser Zustand hat mich nie nervös gemacht. Die Kinder und ich sind stets grosszügig unterstützt worden, von meinen Eltern, von Göttis und Gotten. Dafür war ich sehr dankbar. Und es war mir nie peinlich oder unangenehm, diese Unterstützung anzunehmen.

Wie hast du mit deinen Kindern über eure finanzielle Situation gesprochen?

Wir hatten ein knappes Budget, und das wussten alle. Bei der Bankfiliale gegenüber von unserem Haus hatten wir ein Konto. Jedes Kind war unterschriftsberechtigt und konnte sein Taschengeld selbstständig abheben. Und mein elfjähriger Sohn übernahm die Buchführung für die Familie.

Wie bitte?

Ja. Er war derjenige in der Familie, der schon früh «mit dem spitzen Bleistift rechnete», das heisst, er konnte mit Zahlen umgehen. Er bezahlte die Rechnungen. Das hat wunderbar geklappt. Er nahm sich in seiner Funktion dann natürlich sehr wichtig.

Inwiefern?

Einmal hat er zum Beispiel meine Cousine gefragt, wie viel Hypothekarzinsen sie bezahle. Das ging mir dann etwas zu weit. Ich musste ihm erklären, dass die Finanzen anderswo nicht so offen besprochen werden wie bei uns. Auf eine Heizölrechnung klebte er ein Post-it und schrieb drauf: Hier lassen wir uns einmal mahnen. Es reute ihn, einen so hohen Betrag zu bezahlen. Und zu mir sagte er einmal: «Mami, du kannst mit Geld nur umgehen, wenn du keins hast.»

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Welche Beziehung haben deine Kinder heute zu Geld?

Sie gehen alle sehr unterschiedlich  damit um. Der Älteste ist eher vorsichtig, aber enorm grosszügig, besonders im Verhältnis zu seinem Einkommen. Der Zweite ist wie ich. Wir geben gerne Geld aus, behalten aber jederzeit den Überblick. Der Dritte, der damals das Geld verwaltet hat, ist grosszügig und gleichzeitig äusserst genau. Und für meine Tochter, die Jüngste, spielt Geld auch heute noch keine wesentliche Rolle. Was alle gemeinsam haben: Sie können gut mit Geld umgehen und sind komplett unbestechlich.

Fällt es dir leicht, über Geld zu sprechen?

Das kommt ein bisschen auf den Zusammenhang an und mit wem.

Mit wem redest du denn über Geld?

Vorsätzlich mit niemandem. Das ergibt sich hier und da, am ehesten wohl mit meinen Kindern. Ansonsten rede ich in politischen Diskussionen gerne über Geld. Dann rege ich mich darüber auf, dass reiche Leute immer wissen, was arme Leute an Geld nicht brauchen.

Du warst lange im Bankenumfeld tätig. Wie bist du da reingekommen?

Per Zufall. Nachdem mein Mann die Familie verlassen hatte, habe ich beschlossen, zu studieren. Nach meinem Abschluss war der Bankverein in Basel die einzige Firma, die mich im Alter von 43 Jahren und ohne jede Berufserfahrung als Praktikantin anstellte. Ich habe als Assistentin gearbeitet. Nachdem der Bankverein und die SBG zur UBS fusioniert hatten, habe ich mich in die Personalkommission wählen lassen. Und während der Finanzkrise von 2007 bis 2010 war ich Präsidentin der Kommission.

Was hast du bezüglich Geld und Gier in deiner Zeit bei der Grossbank erlebt?

Das zu erzählen, wäre abendfüllend. Ich habe meine Erfahrungen in dem Buch «Wessen Interessen? Menschen, Macht und Mitwirkung» verarbeitet. Vielleicht so viel: Den Schweizer:innen liegt viel an Geld. Dies aber eben nicht aus Gier, sondern aus Sicherheitserwägungen. Wer seine Rechnungen bezahlen kann, dem sagt niemand, was er zu tun oder zu lassen hat. Diese Unabhängigkeit ist Schweizer:innen wichtig. Gier ist, wenn man nie satt wird, egal, wieviel man hat. Hierzulande ist man an sich nicht gierig. Aber das Banking ist inzwischen total amerikanisiert. Und Amerikaner kennen am Ende des Tages nur einen Wert: Geld.

Wie hat sich die Kultur in den Banken während der Finanzkrise und bis heute verändert?

Man könnte sagen, sie ist auf den Kopf gestellt worden. Banken, besonders die grossen, haben sich in den letzten 25 Jahren von Kreditinstituten nach Schweizer Art zur Finanzindustrie nach amerikanischem Muster entwickelt. Ganz nach dem Motto: Jeder kann reich werden und sollte das auch wollen. Die Redlichkeit bleibt dabei schon mal auf der Strecke.

Elli von Planta
Den Schweizer:innen liegt viel an Geld. Dies aber eben nicht aus Gier, sondern aus Sicherheitserwägungen.

Wie war es, in diesem Gefüge Mitarbeitende nach oben zu vertreten? Wurdet ihr gehört?

Zuerst nicht. Als ich 2001 in die Personalkommission gewählt wurde, kam ich mir vor wie eine Ärztin für eine Krankheit, die es nicht gab. Sprich, die Bankangestellten fanden, sie bräuchten eigentlich keine Personalvertretung.

Das hat sich aber mit der Finanzkrise geändert.

Schlagartig. Die Mitwirkung wurde zentral, und sie war nicht mehr zu ignorieren. Wir hatten plötzlich Gewicht und wurden gehört. Ich habe fast 30'000 Mitarbeitende vertreten. Es war eine wunderbare Zeit, um Neuerungen durchzusetzen. Als Aktivistin und Idealistin kann man nur etwas bewegen, wenn der Gegner schwächelt. Und meine Bank schwächelte ja fürchterlich. Insofern war die Krise für mich und damit für die Sache der Mitwirkung ein Glücksfall.

Was hast du konkret mit der Personalkommission erreicht?

Wir haben unter anderem ein neues, verbessertes Personalreglement ausgearbeitet. Darin enthalten waren grosszügige Freistellungen für die Mandatsträger:innen sowie eine Vereinbarung über das Konsultationsverfahren bei Massenentlassungen. Zugleich wurden Sozialplanpflicht und Konsultationsverfahren im Gesamtarbeitsvertrag der Banken festgeschrieben. Seit 2014 ist die Sozialplanpflicht im Gesetz verankert. Wir haben damals den ersten Nagel eingeschlagen.

Hast du in deiner Karriere Lohnungleichheit erlebt?

Natürlich. Die Personalvertretung hat jedes Jahr die Lohnverhandlungen mit dem Arbeitgeber geführt. Dabei wurde auch das Thema Lohnungleichheit angesprochen. Es wurde aber von Arbeitgeberseite damals immer ganz vehement bestritten. Heute ist das sicher besser. Aber je nachdem, wo man hinschaut, gibt es immer noch grosse Lohnunterschiede.

Du kommst aus der Bankenwelt und setzt dich jetzt im Initiativkomitee ein für das bedingungslose Grundeinkommen. Warum?

Das ist kein Gegensatz. Das Grundeinkommen ist eine so geniale Idee wie die der Demokratie und übrigens ebenso anspruchsvoll. In meiner Bank waren zu meiner Zeit nur ein Viertel der Angestellten richtige Banker:innen. Alle anderen arbeiteten in der IT, im HR, im Marketing, in der Logistik und so weiter. Die sogenannten kleinen Leute sind auch in einer Grossbank in der Mehrheit. Ihnen gäbe das Grundeinkommen eine Wahlfreiheit.

Wie sieht euer Konzept aus?

Das Grundeinkommen soll wie eine Versicherung gegen Armut, Abhängigkeit und Angst wirken. Erhalten sollen es nur jene, die kein oder ein sehr tiefes Einkommen haben. Besonders profitieren würden Frauen, denn die Care-Arbeit würde endlich wahrgenommen und gewürdigt. 55 Prozent der geleisteten Arbeit in der Schweiz wird heute unentgeltlich erbracht. 96 Prozent dieser unbezahlten Arbeit betrifft die Haus- und Betreuungsarbeit. Unsere Gesellschaft und Wirtschaft könnten gar nicht existieren ohne diese Care-Arbeit.

Elli von Planta
Das Grundeinkommen ist eine so geniale Idee wie die der Demokratie und übrigens ebenso anspruchsvoll.

Ist das Grundeinkommen nicht eine Utopie?

Ja, so utopisch, wie es die Bürgerrechte, die AHV oder das Frauenstimmrecht auch einmal waren.

Es würde unser System komplett umkrempeln. Warum sollen wir das tun?

Weil ich keine bessere Idee kenne, mit der wir die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft ganzheitlich anpacken können. Menschen können sich nur dann entfalten, wenn sie keine Angst haben müssen. Das ist übrigens eine sehr liberale Idee. Eine finanzielle Existenzsicherung ist ein wirksames Mittel gegen Angst.

Das Grundeinkommen ist an der Urne schon mal gescheitert. Deutlich. Warum?

Weil es ein Systemwechsel ist, wie es die AHV seinerzeit war. So etwas setzt sich in der Schweiz nicht beim ersten Anlauf durch. Aber gewisse Dinge müssen künftig anders gemacht werden als bisher, wenn wir etwa an die Arbeitswelt denken, die Digitalisierung, die Finanzierung der Sozialversicherungen, den Klimawandel. Solche Veränderungen verunsichern. Im Moment läuft ja die Unterschriftensammlung für die Initiative, und da hört man schon auch seltsame Gegenargumente.

Was würdest du selbst ändern, wenn du ein Grundeinkommen hättest?

Gar nichts. Nach Vorstellungen des Initiativkomitees würde jemand wie ich es gar nicht ausbezahlt bekommen. Ich habe ja ein ordentliches Einkommen.

Zurück zu deiner Beziehung zu Geld. Welcher Leitsatz wurden dir als Kind vermittelt?

Dass man, wenn man so viel hatte wie wir damals, immer denen zu geben hat, die was brauchen. Und dass man redlich seine Steuern bezahlt.

Lebst du diesen Grundsatz heute noch?

Ja, das würde ich sagen.

Wie hast du dein erstes Geld verdient?

Unsere Herbstferien hiessen Kartoffelferien. Die Schulkinder der Gegend sammelten in dieser Zeit jeweils auf unserem Gut Kartoffeln. Das habe ich auch gemacht. Da war ich etwa zehn  Jahre alt.

Wann streitest du dich wegen Geld?

Nie. Ausser bei meiner Scheidung. Da habe ich um das Haus gestritten, aber nicht um einen lebenslangen Unterhalt.

Wie investierst du?

Eigentlich gar nicht. Wenn ich mal Geld übrig habe, legt mein Schwiegersohn das für mich an.

Wofür gibst du das meiste Geld aus?

Dafür, dass ich wohne, wie ich wohne. Nämlich sozusagen über meinen Verhältnissen in einem grossen Haus mit Garten.

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