Ich verrate euch ein Geheimnis: Ich liebe Tabellen! Sie geben mir Halt, Orientierung, das beruhigende Gefühl, die Dinge «richtig» zu machen. Kein Wunder also, dass viele Familien sich an den offiziellen Taschengeld-Empfehlungen von Pro Juventute orientieren. Doch plötzlich sorgt eine scheinbar kleine Anpassung in den Familien für hitzige Diskussionen: Erstklässler:innen sollen nun drei Franken pro Woche bekommen – statt einem. Auch für ältere Kinder steigen die Beträge. Kleine Zahlen, grosse Emotionen!
Kaum hatte ich die neuen Empfehlungen auf Social Media geteilt, wurde mein Postfach mit Nachrichten überflutet: «Endlich! Ein Franken reicht doch heute für nichts mehr. Mit drei Franken kann mein Kind wenigstens kleine Entscheidungen treffen.»
Aber auch skeptische Stimmen meldeten sich: «Wir leben auf dem Land. Hier gibt es kaum eine Möglichkeit, Geld auszugeben. Warum soll ich das Taschengeld erhöhen?» Gefolgt von: «Was, wenn ich mir das mit mehreren Kindern nicht leisten kann?» Und die mit Abstand häufigste Frage: «Muss ich diese Erhöhung jetzt übernehmen?»
Die eigentliche Angst: etwas falsch zu machen
Hinter all diesen Gedanken steckt oft eine tiefere Unsicherheit: die Angst, in der Erziehung etwas falsch zu machen. Gerade beim Thema Taschengeld gibt es einen gewissen Druck, es von Anfang an «richtig» machen zu wollen. Wann sollen wir damit beginnen? Wäre es besser, wenn sich das Kind das Taschengeld «verdienen» müsste? Aber doch nicht für Alltags-Ämtli, oder? Ist ein höherer Betrag zu verwöhnend – oder lernt mein Kind ohne Taschengeld gar nichts über Geld? So viele Fragen, so viel Unsicherheit.
Doch anstatt uns an den Richtwerten festzubeissen, sollten wir uns fragen: Was wollen wir mit dem Taschengeld eigentlich bewirken? Welche Ziele möchten wir mit dem Taschengeld verfolgen? Um es greifbarer zu machen, gebe ich hier ein paar Beispiele aus unserer Familie:
Mir ist es wichtig, dass mein Sohn mit dem Taschengeld bereits versteht, dass Geld nicht nur für spontanen Spass da ist. Deshalb haben wir mehrere Töpfe zum Sparen, Spenden, Investieren und Ausgeben eingeführt. So wird meinem Sohn von Anfang an klar: Geld hat verschiedene Zwecke und will klug eingeteilt werden. Dass das Aufteilen zur Gewohnheit wird, das möchte ich von Beginn an etablieren. Anhand dieser Ziele habe ich kalkuliert, wie viel Taschengeld ich als sinnvoll erachte, und abgeglichen, wie es mit unserem Familienbudget umsetzbar ist.
Eine andere Familie hat mir erzählt, dass ihr Kind mit dem Taschengeld bereits eine erste Verantwortung übernimmt: Es ist selbst für Zahnbürste und Zahnpasta zuständig. Dahinter steckt die Idee, dass Geld nicht nur für das Vergnügen da ist, sondern auch für Notwendiges. Der Taschengeld-Betrag wurde entsprechend angepasst.
Eine Lernreise für Kinder und Eltern
Erziehung ist keine exakte Wissenschaft. Es gibt kein universell richtig oder falsch, weil jede Familie eigene Werte und Prioritäten lebt. Bevor nun Familien überstürzt und blind die Taschengeld-Erhöhungen umsetzen, empfehle ich folgendes Vorgehen:
1. Ziele und Werte festlegen: Was soll das Kind mit dem Taschengeld lernen?
2. Klare Zwecke definieren: Welche Kosten soll das Kind selbst übernehmen?
3. Einen passenden Betrag bestimmen: basierend auf den gesetzten Zielen und dem Familienbudget.
4. Gemeinsam besprechen und schriftlich oder bildlich festhalten: Genaue Absprachen zwischen Eltern und Kind schaffen Klarheit und Sicherheit.
Denn nicht selten kommt es vor, dass Eltern trotz Taschengeld zusätzlich Geld zuschiessen – einfach, weil nie genau geregelt wurde, was das Kind eigentlich selbst zahlen soll. Je klarer die Abmachungen, desto leichter fällt es, einen sinnvollen Betrag festzulegen.
Zudem dürfen sich Eltern erlauben, bei Bedarf die Regeln nachzubessern. Statt anzustreben, dass wir es von Anfang an perfekt machen, können wir auch den Ansatz «einfach mal anfangen» wählen: Wir setzen Grundregeln, beobachten, justieren nach. Denn genau das ist die Realität des Geldmanagements: Es ist eine Lernreise – für Kinder ebenso wie für uns Eltern.
Dies wird mir auch bei Sackgeld-Veranstaltungen von Eltern widergespiegelt: Während die einen Kinder schon ein eigenes Konto haben und sich ihr Geld gut einteilen können, brauchen andere Gleichaltrige länger, um ein Gespür für den Wert des Geldes zu entwickeln. Wir Eltern stehen an der Seite unserer Kinder – nicht, um alles perfekt zu machen, sondern um sie auf dem Weg zu begleiten. Denn am Ende geht es nicht nur ums Geld – sondern darum, unser Kind fürs Leben stark zu machen. Wie du darüber hinaus ein starkes finanzielles Vorbild für dein Kind wirst, habe ich einem früheren ellexx Beitrag beschrieben.
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