Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
CashDigital Payment
SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:26
Ort:Zürich
Beruf:Musikerin
Einkommen:unterschiedlich, grösstes Jahreseinkommen bisher 500’000 Dollar
Schulden:Studiendarlehen
Grösster Ausgabeposten:Albumproduktionen, Konzerttourneen
Vermögen:keines



Welche Gefühle löst Geld bei dir aus?

Es stresst mich ein bisschen. In den USA ist die Diskussion rund ums Thema Geld irgendwie seltsam: Es ist tabuisiert, zu wenig oder zu viel Geld zu haben. Aber niemand spricht wirklich darüber. Ich hatte persönlich auch immer Mühe mit dem Thema.

Inwiefern?

Ich konnte lange nicht gut mit Geld umgehen. Die Frage, ob ich etwas wirklich brauche oder ob ich es mir einfach bloss kaufen will, weil ich kann, habe ich mir früher selten gestellt.

Warum ist Geld ein solches Tabu?

In den USA hat das viel mit der sogenannten «bootstrap mentality» zu tun: Wenn du nicht genug hast, bist du selber schuld. Du alleine bist dafür verantwortlich, genug Geld zu verdienen. Wenn man es aber nicht hinkriegt, aus welchen Gründen auch immer, schämt man sich natürlich dafür und will nicht darüber sprechen.

Unser Gespräch wird unterbrochen. Wir sitzen vor dem Backstage-Raum des Konzertlokals Bogen F bei den Viaduktbögen in Zürich, über uns rattert ein Zug übers Gleis.

Diese armen Leute, die hier in diesen Wohnungen neben den Gleisen leben! Ich hoffe, die Wohnungen sind wenigstens günstig?

Hmm, wohl eher nicht.

Oh Mann. Ja, ich habe gehört, dass Zürich eine sehr teure Stadt ist. Hier gibts viele Banken und so, oder?

elleXX Säule 3a
Sinnvoll vorsorgen? Aber mit Rendite. Das geht. Wir sind überzeugt, dass ein verantwortungsbewusster Einsatz deines Geldes langfristig Wert schafft, ganz nach unserer Vision «Close the Gaps». Wenn du erwerbstätig bist, kannst du dich mit der elleXX 3a zusätzlich finanziell absichern, langfristig und nachhaltig investieren.

Ja, Zürich ist sehr teuer. Du bist in Tennessee aufgewachsen. Welche Rolle spielte Geld bei dir zu Hause?

Meine Eltern hatten früher wirklich wenig Geld und blieben auch sehr sparsam, als wir später zur Mittelschicht gehörten. Zwar bekam ich zum 16. Geburtstag kein eigenes Auto wie viele andere Kids in den USA. Aber es klopfte auch nie jemand an unsere Tür und räumte die Wohnung, weil wir die Rechnungen nicht mehr bezahlen konnten – wie es bei vielen Familien passiert, die wirklich arm sind. Obwohl ich also in einem total durchschnittlichen  Haushalt aufwuchs, was die Finanzen angeht, hatte ich oft das Gefühl, dass wir eigentlich nicht genug Geld haben. Weil meine Eltern ihr eigenes übervorsichtiges Verhältnis zu Geld aus ärmeren Tagen nie ganz abschütteln konnten.

Während dem Lockdown hast du einen Masterstudiengang an der Uni gemacht. In einem Interview hast du darüber gesagt: «Vielleicht werde ich nicht für immer Musik machen.»

Ich bin sehr froh, dass ich nochmal zur Uni gegangen bin. In den USA machen wir ja alle Witze darüber, dass ein Bachelorabschluss eigentlich wertlos ist. Wenn du kein Stipendium kriegst, bleibst du auf einem Schuldenberg sitzen. Und deine Ausbildung reicht gleichzeitig nicht, um einen anständigen Job zu kriegen, mit dem du diese Schulden abbezahlen kannst.

Hast du Angst, dich mit deiner Musik irgendwann nicht mehr über Wasser halten zu können?

Das ist eine gute Frage. Ich habe keine Angst davor, dass ich irgendwann keine Musik mehr machen werde. Heute lebe ich ausschliesslich davon, was wunderschön ist. Aber bis es soweit war, habe ich nebenher immer gearbeitet und praktisch kein Geld für mich selber ausgegeben. Es hilft mir, zu wissen: Selbst wenn ich eines Tages viel weniger verdiene als heute, kann ich damit umgehen. Ich weiss, wie es ist, pleite zu sein. Es kann immer sein, dass es mit der Musik nicht mehr läuft. Oder dass wir wieder in eine Pandemie geraten. Aber Angst davor habe ich nicht.

Julien Baker
Obwohl ich also in einem total durchschnittlichen Haushalt aufwuchs, was die Finanzen angeht, hatte ich oft das Gefühl, dass wir eigentlich nicht genug Geld haben.

Stresst dich Spotify?

Uff. Streaming ist ein Monster, über das ich keine Kontrolle habe. Hier geht es um Technologie, um Algorithmen, nicht um Kunst. Spotify interessiert sich nicht für die Musiker:innen, sondern nur für die eigenen Gewinne. Das ist nun einmal so, und ich verschwende daran nicht allzu viele Gedanken. Ich habe das Glück, dass ich Geld verdienen kann mit meinen Auftritten und dem Verkauf meiner Alben. Das trifft nicht auf alle Künstler:innen zu; gerade jüngere Bands sind komplett von Spotify abhängig, weil es ihre einzige Plattform ist. Das Gute am technologischen Fortschritt ist aber, dass es heute nicht mehr viel Geld braucht, um eine Platte aufzunehmen.

Wie meinst du das?

Früher war das Musiker:innen und Bands vorbehalten, die sich ein professionelles Studio leisten konnten. Heute kann sich eine junge Band für ein paar hundert Dollar eine Ausrüstung kaufen, mit der man eine richtig gute Qualität hinkriegt. Das bedeutet auch, dass die Musikwelt diverser und zugänglicher geworden ist.

Wieviel kostet eine Tournee?

Das kommt darauf an. Momentan toure ich mehrere Monate in Europa, hier ist es ein bisschen teurer. Und auf Tournee braucht es einiges: Flüge, Unterkünfte, Löhne, Essen, Merchandise-Bestellungen und so weiter. Und wenn ich 200 Dollar mehr bezahlen muss, damit wir uns nicht alle ins gleiche Hotelzimmer quetschen müssen, ist es mir das wert. Ich sehe diese Ausgaben als Investition in meine Kunst: Wenn wir alle zufrieden und gut ausgeruht sind, performen wir besser auf der Bühne. Alles zusammen kostet ungefähr 40’000 bis 50’000 Dollar.

Und wieviel zahlst du dir selber aus?

Momentan ungefähr 3500 Dollar pro Monat. Das ist mehr, als viele Menschen in den USA verdienen.

Julien Baker
Streaming ist ein Monster, über das ich keine Kontrolle habe.

Wie viel kostet die Produktion eines Albums?

Meine ersten beiden Alben, die ich bei meinem Label herausgebracht habe, haben ungefähr 3000 und 5000 Dollar gekostet. Das ist wirklich nicht viel. Und das aktuelle Album hat ungefähr 10’000 Dollar gekostet.

Wie wird das finanziert?

Auch hier kommt es immer darauf an, was für einen Deal man hat. Es kann zum Beispiel sein, dass man einen Vorschuss bekommt vom Plattenlabel. Davon bezahlt man dann natürlich seine Band und die Leute im Studio, man investiert es in PR, damit über das Album geschrieben wird. Bei mir ist es zudem so, dass mein Label das Pressen der Vinylplatten bezahlt. Ich muss aber dann pro Verkauf einen gewissen Prozentsatz abgeben, bis diese Kosten abbezahlt sind. Und ich nutze den Vorschuss auch, um meine Miete, mein Essen und meine Rechnungen zu bezahlen. Ich kann nicht elf Monate im Jahr touren, da würde ich zusammenbrechen.

Managst du das alles selber?

O Gott nein, ich bin froh, dass ich mich nicht um alles kümmern muss. Als professionelle Musiker:in bist du ja im Prinzip eine Firma: Ich habe Anwält:innen und Business Manager:innen, die mich unterstützen – es gibt deshalb auch Dinge, über die weiss ich gar nicht im Detail Bescheid. Ich vertraue einfach den Leuten, die für mich arbeiten. Und ganz ehrlich: Selbstständig sein ist irre!

Haha. Warum meinst du?

(Kichert.) Manchmal fühlt es sich ein bisschen an wie ein Glücksspiel. Man investiert hier, gibt dort Geld aus und hofft einfach, dass am Schluss alles aufgeht. Weil so viele Faktoren mitspielen, die man nicht oder nur wenig beeinflussen kann: Wie viele Leute kommen zu deinen Konzerten? Wie gut verkauft sich deine nächste Platte? Ich fühle mich manchmal wie eine Köchin in einem Sternerestaurant.

Eine Köchin?

Ja! Ich kaufe einen sehr teuren neuen Herd und hochwertige Zutaten, gebe total viel Geld dafür aus und hoffe, dass das Essen dadurch noch besser wird und mehr Leute zu mir ins Restaurant kommen. Dass es sich gelohnt hat, meinen alten, wackeligen Herd ersetzt zu haben. Weisst du, was ich meine?

elleXX Rechtsschutz
Sexismus, Mobbing, Lohnungleichheit am Arbeitsplatz? Absolute No-Gos, dennoch nehmen es viele Frauen hin. Das darf nicht sein. Deshalb ist es höchste Zeit für eine Rechtsschutzversicherung von Frauen für Frauen. Wehr dich.

Ja, ich verstehe dich. Es ist ein ständiges Abwägen zwischen Risiko und Ertrag. Sprichst du mit anderen Musikerinnen über Geld?

In meinem Musikerinnen-Freundeskreis sprechen wir sehr offen über Geld, ja. Wir tauschen uns darüber aus, wie viel uns die Labels bezahlen oder welche Gagen wir von Festivals und Konzertlokalen angeboten bekommen und vergleichen die Zahlen. Wir müssen mehr über Geld sprechen. Wenn wir das nicht tun, haben wir nichts davon – im Gegenteil. Wir können keine besseren Gagen einfordern und es wird nie wirklich faire Bezahlung für alle geschweige denn Lohngleichheit geben.

Hast du schon einmal Lohndiskriminierung erlebt?

Ich selber hatte noch nie Angebote, die nicht fair waren. Aber meine Freundinnen durchaus. Darum hilft es so, darüber zu sprechen. Wir sagen einander dann: «Girl, diesen Deal darfst du nicht akzeptieren, das geht gar nicht!»

Ihr seid eigentlich eure eigene kleine Gewerkschaft.

Haha, ja genau! Und das ist so wichtig. Über Geld zu sprechen sollte nicht tabu sein, im Gegenteil: Über Geld zu sprechen, ist ein wichtiges Instrument gegen Diskriminierungen.