Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
HaushaltsbuchBauchgefühl
SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:38
Kinder:0
Ort:Zürich Altstetten
Beruf:Köchin und Unternehmerin "Le Chef"
Einkommen:90'000 CHF
Grösster Ausgabeposten:3000 CHF / Monat für Essen

Wie viel verdienst du?
Ich zahle mir netto 6000 Franken aus. Falls Ende Jahr etwas übrig bleibt, dann zahle ich mir einen Bonus. Aber meistens bleibt nichts übrig. Weisst du, wie viel eine Gastro-Spülmaschine kostet?

Nein.
25’000 Franken und die Kaffeemaschine in meinem Restaurant kostet 15’000 Franken. Ich muss als Unternehmerin immer reinvestieren. Deswegen bin ich lieber vorsichtig.

Was bedeutet dir Geld?
Sagen wir es mal so. Ich bin zurzeit ständig am Rechnen.

Wieso dies, ich dachte, du kochst?
Wir haben mittlerweile prekäre Verhältnisse in der Branche. Die Pandemie hat uns kaputt gemacht. So viele gute Leute haben die Gastronomie verlassen. Junge Mitarbeiter gerieten während Corona in die Krise, zweifelten, hinterfragten, ob sie wirklich jeden Abend arbeiten und auf ein Sozialleben verzichten wollen. Sie kündigten. Und ja, es ist ein Kampf in der Küche, es ist rau. Und ich bin so viele Male weinend nach Hause gegangen. Man muss mental sehr belastbar sein. Das sind immer weniger Junge. Die Zahlen zeigen es. Und nun finden wir kein Personal mehr. Oder nur solche, die horrende Gehälter fordern.

Und ja, es ist ein Kampf in der Küche, es ist rau. Und ich bin so viele Male weinend nach Hause gegangen.

Und gleichzeitig wollen die Kunden immer mehr für weniger Geld. Sie sind komplizierter geworden. Es ist Druck pur: der Gast will und zwar sofort. Der Gast will und wir müssen liefern. Die Rechnung geht nicht mehr auf.

Die Pandemie hat uns kaputt gemacht. So viele gute Leute haben die Gastronomie verlassen.

Erklär mir die Rechnung?
Der Mindestlohn in unserer Branche beträgt 4208 Franken. Es wurde abgeschafft, dass man mit höherem Alter mehr Lohn erhält. Man erhält nur mehr Lohn, wenn man Weiterbildungen macht. Ungebildete Menschen -  also auch ich - hätten nur Anrecht auf 4208 Franken nach Gesamtarbeitsvertrag. Ich bin Legasthenikerin und war eine miserable Realschülerin, aber als Köchin habe ich dann zu den besten Fünf gehört. Nun bräuchte ich also dringend Personal. Ich erhalte Bewerbungen von 23-Jährigen mit Bürolehre, Diplomen - beispielsweise ein First in Englisch - aber mit keinerlei praktischer Berufserfahrung. Sie hätte dann aber bereits Anrecht auf 5500 Franken Lohn.

Ich bin Legasthenikerin und war eine miserable Realschülerin, aber als Köchin habe ich dann zu den besten Fünf gehört.

Ist der Arbeitsmarkt so ausgetrocknet?
Ja, nicht einmal mein langjähriger Gastro-Stellenvermittler kann mir noch helfen. Ich war auf der Suche nach einem Jungkoch. Da hat mir der Vermittler gesagt: "Meta, bitte setz dich." Ich habe mich hingesetzt und einen Kaffee getrunken. Dann erzählt er mir, dass er einen jungen Koch habe, der seit einem Jahr aus der Lehre sei, aber wegen der Pandemie nicht arbeiten konnte und die Berufserfahrung also praktisch Null sei. Und der Jungkoch frisch ab Lehre wolle 5800.-. Das ist ja fast so viel wie ich verdiene! Ich verschüttete wirklich meinen Kaffee. Die Branche ist leer. Und übrigens: dieser Koch ist bereits vergeben, zu diesem Gehalt.

Wie bist Du finanziell durch die Pandemie gekommen?
Ich hatte eine Pandemie-Versicherung, dazu kam das Mittel der Kurzarbeit. Lange ist das gut gegangen. Dann wurde mir die Versicherung gekündigt, niemand bietet ja mehr Pandemie-Versicherungen an. Darauf folgte die Härtefall-Regelung. Ich habe als Unternehmerin keinen Lohn erhalten. Die Kurzarbeit galt für mich nicht. Gleichzeitig musste ich investieren, in Trennwände, Desinfektion, Sicherheitskonzepte.  

Zudem hat Meta’s GmbH zwei Einnahmequellen. Die eine Quelle ist das Restaurant, die andere meine Auftritte. Niemand hat die Event-Ausfälle ersetzt. Die Versicherung wollte das nicht zahlen. Die Veranstaltungen sind bis jetzt noch nicht richtig zurückgekommen. Aber ich bin mir bewusst: andere hat es noch härter getroffen.

Auf was spielst du an?
Ich kenne Beispiele, da wollten Mitarbeiter:innen gekündigt werden, weil sie als Arbeitslose 40 Franken mehr erhalten als als Kurzarbeiter:innen. Bei einem Spüler, der von brutto 3900 Franken leben muss, geht das ans Lebendige. Die meisten ernähren damit ganze Grossfamilien und schicken Geld nach Hause. Es ist schon traurig.

Warst du persönlich mal pleite?
Ja. Da musste mir meine Schwester wieder raushelfen. Ich war Störköchin, also ich kochte für Menschen zuhause, und da musste ich Lebensmittel vorschiessen. Die Kunden haben sich aber zwei bis drei Monate Zeit gelassen, um die Rechnungen zu bezahlen. Das hat mich ruiniert. Seit dem Tag habe ich gelernt, mit Geld umzugehen. Und seither zahle ich mir den immer gleichen Lohn aus. Damit kann ich wirtschaften.

Wir haben in meiner Firma komplette Lohntransparenz. Alle wissen alles. Ich will dieses Getuschel nicht.

Frauen sprechen lieber über eigenen Tod als über Geld, warum ist das so?
In meinem Umfeld spreche ich mit Frauen auch über Löhne. Wir haben in meiner Firma komplette Lohntransparenz. Alle wissen alles. Ich will dieses Getuschel nicht. Das ist mir zu blöd. Meine 40-jährige Service-Mitarbeiterin, eine Läuferin, verdient 4500 Franken, also etwa gleich viel wie mein junger Hilfskoch. Aber ich sage ihnen schon alles, bevor ich sie einstelle. Ich habe sieben Mitarbeiter:innen, vier Frauen und zwei Männer. Ich hatte aber auch schon eine Brigade mit sieben Männer.

Brigade, Läufer?
Ja in der Gastro herrscht ein rauer, militärischer Ton. Ich hatte zeitlebens mehr mit Männern zu tun.

Wer hat die Geldgeschäfte denn bei euch zuhause in der Hand?
Beide. Wir walten je über unser eigenes Geld. Wir sind ja nicht verheiratet. Eine gemeinsame Kasse? No way. Meins ist meins. Nur das Mietkonto führen wir zusammen. Und wenn wir verreisen, zahlen wir das dort ein.

Warum diese strikte Trennung?
Da habe ich schlechte Erfahrungen gemacht. Ich habe meinem ersten Freund mit meinem Mini-Lohn die Steuern bezahlt. Das war meine grosse Liebe. Ich habe zwar nur 3500 Franken im Monat verdient und er 5500, aber ich habe alles für ihn ausgegeben.

Hast du je geerbt?
Nein. Jene, die Geld haben, leben noch (zwinkert). Nein, ernsthaft: Ich stamme nicht aus reichem Hause. Meine Eltern haben sich scheiden lassen. Das hat sie viel gekostet. Wobei, ja, meine Grossmutter hat mir mal 5000 Franken gegeben, die habe ich “verputzt”.

Ich habe auf vieles verzichtet, auf Freunde und ja... auch auf Kinder. Ich hätte immer gerne Kinder gehabt.

Du musstest aber sonst immer knapp durch?

Ja, als junge Köchin verdient man ja nicht viel. Und wenn ich mal was übrig hatte, musste ich mir eine anständige Kamera kaufen, um das Essen zu fotografieren. Ich mache auch heute als Unternehmerin allerhöchstens zwei bis drei Wochen Ferien wegen der Finanzen. Ich habe auf vieles verzichtet, auf Freunde und ja...

Und was?
...auch auf Kinder. Ich hätte immer gerne Kinder gehabt.

Wer hat mit Dir als Kind über Geld gesprochen?
Meine alleinerziehende Mutter hat mit mir über Geld gesprochen.

Wie hast du selber als Kind deinen ersten Franken verdient?
Ich konnte lange überhaupt nicht mit Geld umgehen. Habe immer “gekrämelt”, also Naschzeugs gekauft. Und meiner Mutter habe ich deswegen Münzen stibitzt. Bis sie es gemerkt hat. Glücklicherweise habe ich schon früh mit Jugendjobs angefangen, mit 11 Jahren. Ich habe beispielsweise Flyer und Couverts verteilt. Die Jobs haben mir geholfen, Geld-Dinge zu verstehen.

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Wie steht es um deine Vorsorge?
Ich habe ganz schlecht vorgesorgt. Ich habe mich jahrelang nicht darum gekümmert. Ich habe eine 3. Säule, mehr habe ich nicht. Ich habe mir nie eine Pensionskasse eingerichtet. Und die Lebensversicherung habe ich aufgelöst. Die war auch noch schlecht angelegt. Um die Vorsorge muss ich mich 2022 wirklich mal kümmern.

Gute Idee! Danke für dieses offene Gespräch.