Nicole, wie offen sprichst du über Geld?
Ich spreche relativ selten über Geld. Wenn ich über Geld spreche, dann vielleicht eher über die Ausgaben und Kosten als über die Einnahmen.
Warum ist das so, was denkst du?
Gute Frage. Vielleicht ist es nicht genügend wichtig...
Weil es dir gut genug geht?
Vielleicht. Meistens sprechen wir über etwas Interessantes oder über Probleme. Und bei uns ist das Geld weder das eine noch das andere. Eure Plattform hat mich angeregt, mehr darüber nachzudenken.
War es dann doch spannend?
Ja sehr! Vor allem weil ich mich selbst hinterfragt habe.
Nicole, was machst du beruflich?
Ich bin gelernte Servicefachfrau. Ich habe danach den Fachausweis zur Bäuerin gemacht. Abschliessend musste ich einen Businessplan ausarbeiten, um den Titel “Diplomierte Bäuerin” tragen zu können. Mein Mann und ich führen heute gemeinsam unseren Familienbetrieb auf dem Bauernhof. Dabei arbeiten wir beide Teilzeit auf dem Hof und auswärts.
Wo arbeitest du auswärts und warum bist du nicht 100 Prozent auf dem Hof tätig?
Nebenbei arbeite ich 40 Prozent bei einer Versicherung im Büro. Ich möchte nicht 100 Prozent auf dem Bauernhof arbeiten. Mir ist der Austausch und Abwechslung wichtig. Es schadet nicht, ein bisschen heraus zu kommen und mit anderen Leuten zu sprechen.
Was habt ihr so für Ausgaben?
Diese Frage habe ich schon befürchtet. Ich führe kein Haushaltsbuch. Ich weiss, dass wir finanziell gut durchkommen, darum ist es in meinen Augen auch nicht nötig, die genauen Ausgaben zu kennen. Meine grössten Ausgabeposten sind sicher die Versicherungen, die Vorsorge und die Steuern. Ich schätze die drei erwähnten Punkte auf einen Tausender. Am wenigsten gebe ich für Kosmetik und Lebensmittel aus. Wir haben einen grossen Garten, somit haben wir vieles schon zu Hause.
Wie steht es um deine Vorsorge?
(Lacht) Gut, sage ich jetzt mal. Dadurch, dass ich bei einer Versicherung arbeite, kenne ich mich aus und weiss, wie wichtig die Vorsorge ist. Die Säule 3a habe ich aber erst vor vier, fünf Jahren begonnen einzuzahlen.
Wie ist das so bei anderen Frauen, die auf dem Bauernhof arbeiten?
70 Prozent der Frauen, die in der Landwirtschaft tätig sind, erhalten keinen Lohn und haben somit kein eigenes AHV-Einkommen.
Wie geht das?
Nehmen wir an, dass du einen Bauern heiratest und danach auf dem Bauernhof arbeitest. Du machst den Haushalt, hilfst aber auch auf dem Hof mit. Ihr lebt zwar beide vom Ertrag des Betriebs, du kriegst aber keine AHV, weil dich dein Mann nicht bei der AHV angemeldet hat. Solange ihr zusammen seid, ist das nicht weiter schlimm. Im Pensionsalter würde die AHV aufgeteilt werden. Dramatisch wird es erst bei einer Scheidung, da die oftmals zu knappe Vorsorge vom Ehemann geteilt werden muss.
Und das machen die Bäuerinnen mit?
Ich denke, dass viele es vielleicht auch zu wenig wissen oder sie kümmern sich erst viel zu spät um die Vorsorge.
Sprichst du denn mit anderen Frauen über Geld?
Es hat sich nie wirklich ergeben.
Über was sprecht ihr stattdessen?
(Lacht) Also über Ernteerträge sprechen wir schon. Wenn man beispielsweise bei Hagel Ertragsausfälle hatte. Spezifisch über den Geldwert sprechen wir aber nicht. Oft wissen wir erst Monate später, wie viel Ertrag wir aus der Ernte ziehen und dann ist das Thema auch schon durch.
Und bei einer guten Ernte?
Eine gute Ernte feiern wir vielleicht mal im Familienbetrieb bei unserem Jahresessen, aber unserer Nachbarschaft erzähle ich das nicht. Wir fragen eher: Wie lief es?
Wie oft kannst du eigentlich Urlaub machen?
Wir gehen im Winter ein paar Tage Skifahren und wenn es wärmer ist, ein paar Tage wandern. Aufgerundet sind es vielleicht zwei Wochen im Jahr.
So wenig?
So ist das eben, wenn man einen Hof, Tiere und Angestellte hat. Oft schauen die Großeltern auf den Hof, wenn wir in die Ferien gehen. Kompetente Angestellte sind schwierig zu finden, da der Mindestlohn auch sehr tief liegt.
Wie tief?
Brutto 3300 Franken bei einer 55 Stunden Woche.
Zahlst du dir auch so viel aus?
Ich habe einfach das, was übrig bleibt, und alle zwei Monate überweise ich mir etwas auf mein Sparkonto.
Deine Tochter ist erst fünf Monate alt. Hast du dir schon Gedanken gemacht, was du ihr bezüglich Geld mitgeben möchtest?
Ich denke, dass ich ihr das Gleiche weitergeben werde wie das, was ich von meinen Eltern mitbekommen habe. Dass das Geld nicht einfach so zur Verfügung steht, sondern dass man auch ein bisschen etwas dafür tun muss. Ich werde ihr natürlich Taschengeld geben, wie ich das auch bekommen habe. Wenn sie aber auf dem Hof mithelfen würde, würde sie dann mehr bekommen.
Vielen Dank, Nicole.