Mit dem Beginn des neuen Schuljahres stellen sich viele Eltern die Frage, ob sie ihren Kindern das Sackgeld erhöhen sollten. Die Basis bilden hier die sogenannten Taschengeld-Tabellen, die sich auf das Alter der Kinder oder die Klasse sowie einen Geldbetrag beziehen. Die Grundidee dahinter ist, dass Kinder, je älter sie werden, mehr Bedürfnisse haben, die gedeckt werden wollen. Daher wird der Taschengeld-Betrag pro Jahr automatisch erhöht.
Aber ist das wirklich der beste Ansatz? Dieser Frage werde ich mich heute widmen, da ich bei meinem Sohn gerade mit der automatischen Taschengeld-Erhöhung hadere.
Sicherlich gibt es gute Gründe, das Taschengeld zu erhöhen, wenn ein Kind eine Klasse höher kommt: beispielsweise dass, je älter die Kinder werden, ihnen umso mehr Verantwortung übertragen wird. Gegebenenfalls müssen sie dadurch mehr Kosten als vorher übernehmen. Oder bei Jugendlichen wird es mehr kostenintensive Freizeitaktivitäten mit ihren Freund:innen geben als bei kleineren Kindern. Eine Erhöhung des Taschengeldes trägt dazu bei, diesen wachsenden Bedürfnissen gerecht zu werden und den Kindern auch ein gewisses Mass an Unabhängigkeit zu geben.
Vielleicht haben Eltern die automatische Taschengelderhöhung aber auch nie hinterfragt und geben diese einfach, weil sie da ist und eben schon seit Generationen so gelebt wird.
Für mich stellt sich die Frage, ob Kinder tatsächlich mehr Geld brauchen oder ob sie lernen sollten, mit einem festen Betrag besser zu haushalten. Oftmals führt mehr Geld nicht automatisch zu besserem Finanzverhalten, sondern verleitet dazu, es auszugeben.
Diesen Effekt haben die meisten von uns schon einmal selbst bemerkt: Kaum kam die Gehaltserhöhung rein, war sie auch schon wieder ausgegeben. Dieses Verhalten ist unter dem Begriff «Lifestyle-Inflation» bekannt: Mit steigendem Einkommen steigen die (Konsum-)Ausgaben.
Meine Sorge ist die Begründung: Wenn Kinder regelmässig mehr Geld erhalten, ohne dass dies an bestimmte Bedingungen oder Verhaltensweisen geknüpft ist, kann das zu einer Anspruchshaltung führen. Kinder könnten die falsche Annahme treffen, dass mehr Geld ohne besonderen Grund einfach so vom Himmel fällt – eine Einstellung, die im späteren Leben problematisch sein kann.
Denn ist eine solche automatische Erhöhung im «wahren Leben» realistisch? Im Job bekommen wir Gehaltserhöhungen auch nicht einfach so. Eine Gehaltserhöhung ist meist verknüpft mit einer Aufgabenerweiterung oder mit der Übernahme von mehr Verantwortung.
Statt das Taschengeld jedes Jahr zu erhöhen, folgen drei konkrete Alternativvorschläge:
1. Taschengeld basierend auf Verantwortlichkeiten und Leistungen: Die Höhe des Taschengeldes könnte an bestimmte Verantwortlichkeiten oder an das Erreichen von Zielen gebunden werden. Beispielsweise könnten Eltern festlegen, dass das Kind eine Erhöhung bekommt, wenn es im letzten Jahr gut mit seinem Geld umgegangen ist, regelmässig gespart oder bestimmte Aufgaben übernommen hat. Dies schafft eine Verbindung zwischen Geld und Leistung und hilft Kindern, zu verstehen, dass Geld nicht einfach so gegeben wird.
2. Taschengeld pro Projekt oder besondere Ausgaben vergeben: Eltern können auch überlegen, ihren Kindern Geld für spezifische Projekte oder besondere Ausgaben zu geben. Ein Kind, das ein neues Fahrrad möchte, könnte beispielsweise ein Budget erhalten, das durch kleine Aufgaben oder eigene Kreativität aufgestockt werden kann. Kinder lernen, dass grössere Anschaffungen Planung und Anstrengung erfordern.
3. Taschengeld durch Investitionen und Dividenden aufbessern: Wer als Eltern geübt im Investieren ist und sich mit Aktien und Co. auskennt, könnte sein Kind in diese Thematik einführen. Und etwa die Möglichkeit schaffen, über Dividenden das Taschengeld zu erhöhen. Kinder lernen, dass kluges Anlegen eben auch einen Zustupf bringen kann.
Es geht nicht nur darum, wie viel Geld ein Kind bekommt, sondern auch darum, wie es lernt, mit dem, was es hat, umzugehen. Dies sind Erfahrungen, die weit über die Schuljahre hinaus wertvoll sind. Persönlich werde ich mit meinem Sohn Alternative Nummer 3 in Betracht ziehen, weil es unser gewähltes Taschengeld-Modell gut ergänzt.
Oder um es in den Worten von Henry Ford, Gründer des Automobilherstellers Ford Motor Company, zu sagen: «Reich wird man nicht durch das, was man verdient, sondern durch das, was man nicht ausgibt.»
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