Über Geld spricht man nicht? Falsch. Im Money Talk tun wir genau das. Heute mit Maya Suter und Csilla Horvath. Die beiden Frauen führen den frisch eröffneten Secondhand-Laden Papayastudio in Zürich.

Im Money Talk erzählen sie, wie das Budget und der Kleidungsstil zusammenhängen. Und warum wir mit unserer Kleidung auch Verantwortung tragen.

Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
CashDigital Payment
SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:47 (Maya) / 41 (Csilla)
Ort:Zürich
Beruf:Modedesignerin / Kleinkindererzieherin
Einkommen:60'000 / 35'000 CHF jährlich
Schulden:Hypothek / keine
Grösster Ausgabeposten:Kinder, Wohnen, Ferien
Vermögen:Haus in den Bergen / -

Ihr arbeitet beruflich mit Kleidern. Wann ist ein Mensch gut angezogen?

Maya: Wenn man es schafft, seine Persönlichkeit zu widerspiegeln. Und Teile auszusuchen, welche die Ideale repräsentieren. Anziehen bedeutet aber auch immer verkleiden.

Csilla: Das kann ich unterschreiben.

Ist ein «guter» Kleidungsstil Menschen mit grossem Budget vorbehalten?

Maya: Ich denke, es ist einfacher, sich schön einzukleiden, wenn man viel Geld hat. Mit kleinem Budget muss man mehr Initiative ergreifen, besser kombinieren und die Kleider pflegen. Das braucht Zeit.

Csilla: Hat man Geld, kommt man einfacher an Kleidung, die einem gefällt und entspricht. Trotzdem kann man auch mit wenig Geld «gut» angezogen sein. 

Csilla Horvath
Secondhand hat sein «verstaubtes» Image verloren.


Es dünkt mich, als würden zunehmend mehr Menschen aus zweiter Hand einkaufen. Erlebt die Vintage-Branche einen Aufschwung?

Maya: Die Branche erlebt schon seit längerer Zeit einen Aufschwung. 

Csilla: Das zunehmende Umweltbewusstsein spielt sicher eine Rolle. Und dass viele Berühmtheiten secondhand einkaufen. Secondhand hat sein «verstaubtes» Image verloren und konnte sich etablieren.

Maya: Die Menschen haben ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass sie nicht alles neu kaufen müssen und so ihr Budget schonen können. Mode ist sehr repetitiv geworden, und Stücke aus dem alten Kleiderschrank können wiederverwertet werden, indem man sie neu kombiniert. 

Kann das auch problematisch sein? Menschen mit genug Geld kaufen einkommensschwachen Menschen die schönen Kleider weg.

Csilla: Überhaupt nicht, es ist genug für alle da.

Maya: Es gibt auf der Welt so viele Kleider, da könnten die nächsten sechs Generationen eingekleidet werden.


Wie schaut eure Kundschaft aus?


Maya: Das ist schwierig zu sagen, da wir unser Geschäft erst vor einem Monat eröffnet haben. Momentan unterstützen uns noch viele Menschen aus unserem Freundschaftskreis, aber auch viele Anwohner:innen des Quartiers.


Kaufen eher Frauen oder Männer bei euch ein?


Csilla: Unsere Kundschaft ist sehr weiblich. Dieses «Stöbern» liegt den Männern weniger, zumindest bei der älteren Generation. Sie fühlen sich in unserem Laden verloren. Deshalb haben wir auch einen Kleiderständer, der ausnahmsweise nicht unisex ist, sondern klar für Männer.


Maya: Bei jüngeren Männern sieht das anders aus, da kaufen viele bei uns ein. Jüngere Männer kaufen sich auch mal einen Strickpullover mit Blüemli drauf. 


Secondhand-Mode ist oftmals gar nicht so günstig wie erwartet. Teilweise sind die Preise in Secondhand-Läden exorbitant. Woran liegt das?


Maya: «Exorbitant» würde ich jetzt nicht sagen. Viele Faktoren fliessen in die Preisbestimmung ein. In einem Geschäft fallen Mietkosten an. Dann muss kontrolliert werden, ob das Kleidungsstück intakt ist. Anschliessend wird es fotografiert und ins System aufgenommen. Die Kleidungsstücke müssen zum Schluss auch noch kuratiert werden. So entsteht ein grosser Aufwand.


Wie entstehen die Preise bei Papayastudio?


Maya: Wir versuchen einen Preis zu finden, der sowohl für die Kund:innen als auch für die Käufer:innen attraktiv und fair ist. Wir erhalten die Kleidung nicht kostenlos, sondern geben den Menschen, die uns Kleidung bringen, einen Teil des Verkaufspreises zurück. Die Beliebtheit der Kleider spielt zudem eine Rolle, Markenkleider verkaufen wir teurer. Auch den Zustand kontrollieren wir. Je getragener ein Kleidungsstück aussieht, desto günstiger müssen wir es verkaufen. 


Csilla: T-Shirts sind so billig, es lohnt sich für uns fast nicht, sie in unserem Laden zu verkaufen. Man muss also ein, zwei teure Stücke im Laden haben, um einen Ausgleich zu schaffen. Die Mietpreise in Zürich sind so hoch, da muss man bei den Preisen bei einem gewissen Level ansetzen. Das finde ich eigentlich nicht in Ordnung, anders geht es aber einfach nicht. 


Was ist das teuerste Kleidungsstück, das ihr in eurem Secondhand-Store jemals verkauft habt?


Maya: In unserer ersten Woche haben wir einen Mantel für 200 Franken verkauft. Das war sehr wahrscheinlich immer noch viel zu günstig. Der war sofort weg. Er war aus Hasenfell mit Leopardenprint. 


Ihr habt Papayastudio im Januar eröffnet. Schreibt euer Laden bereits Gewinn?


Maya: Im Moment schon.


Ihr seid selbstständige Gründerinnen. Wie setzt sich euer Einkommen zusammen?


Csilla: Wir müssen uns erst noch unseren ersten Lohn auszahlen, das machen wir tatsächlich heute. Damit Maya und ich mit unseren Familien gut leben können, müssen wir uns beiden je 1800 Franken auszahlen. Wir haben beide einen Nebenjob, bei dem wir ein fixes Einkommen haben. Ich arbeite noch 30 Prozent in einem Kinderheim. 


Maya: Neben dem Second-hand-Laden habe ich noch ein weiteres Projekt, welches sich mit dem Faser-zu-Faser-Recycling von Baumwollkleidern beschäftigt. Für ademain.ch habe ich ein Funding von Pro Helvetia und «Von 0 auf 100» von der Migros erhalten. Für beides investiere ich ungefähr 20 Prozent meiner Zeit. Und ich arbeite noch 30 Prozent bei einem nachhaltigen Schweizer Modelabel.

Maya Suter
Unser Lohn ist total idealistisch.


Verratet ihr mir euren Lohn?


Csilla: Gerne, damit habe ich keine Probleme. Bei mir variiert es, ich arbeite im Pikettdienst und habe gerade mein Pensum von 20 auf 30 Prozent erhöht. Durchschnittlich verdiene ich 3200 Franken im Monat.


Maya: Bei mir sind es ungefähr 4000 Franken.


Findet ihr euren Lohn angemessen?


Csilla: Nein. Aber wir hoffen, dass unser Laden in Zukunft noch besser laufen wird – und vielleicht auch noch Näharbeiten dazukommen. 


Maya: Unser Lohn hier ist total idealistisch. Irgendwann werden wir uns einen höheren Lohn auszahlen müssen.


Was bedeutet euch Geld?


Maya: Geld ermöglicht vieles. Wenn man zu wenig hat, wird es total anstrengend.


Csilla: Ich finde es traurig, dass Geld so wichtig ist, aber so ist es halt. 


Für viele Menschen bedeutet Luxus unter anderem teure Kleidung. Was bedeutet für euch Luxus?


Csilla: Zeit für mich alleine. Das ist für mich momentan das Wertvollste.


Maya: Zeit. 

Csilla Horvath
Wenn wir hier so viel Kleidung wollen, müssen wir auch dafür sorgen, dass wir sie hier entsorgen. 


Welche finanziellen Werte wurden euch mitgegeben?


Maya: Ich komme aus einer kreativen Familie. Ich war die Erste, die ans Gymnasium ging. Als ich meinem Vater eröffnet habe, dass ich Modedesign studieren möchte, hat er zuerst etwas zurückhaltend reagiert. Er fand es cool und hat mich unterstützt, mir aber auch gesagt, dass ich dann nicht so viel verdienen werde. 


Csilla: Ich bin mit einem klassischen Rollenbild aufgewachsen. Meine Mutter hat viel weniger verdient als mein Vater. Meine Eltern haben ausgegeben, was sie hatten. Mir wurde nicht mitgegeben, dass ich unbedingt sparen muss. Denn man weiss nie, was im Leben passiert.

Und heute: Redet ihr mit Freund:innen offen über Geld?


Csilla: Absolut. Ich verstehe nicht, wieso man ein Geheimnis daraus machen sollte. 


Maya: Ich spreche auch offen darüber, da bin ich locker.


Die Stadt Zürich setzt seit letztem Jahr auf Kreislaufwirtschaft. Die Altkleidersäcke werden sortiert, Kleidungsstücke in gutem Zustand kommen in lokale Secondhandläden, der Rest wird recycelt oder in Schweizer Kehrichtverbrennungsanlagen entsorgt. Wieso ist es so wichtig, unsere Altkleider zuerst in der Schweiz wiederzuverwerten und nicht direkt ins Ausland zu schicken?


Csilla: Natürlich wurden die Kleider früher mit guten Hintergedanken ins Ausland, vor allem nach Afrika, geschickt. Aber mittlerweile kennt man die Bilder der Abfalldeponien, die sogar aus dem All sichtbar sind. Wenn wir hier so viel Kleidung wollen und deshalb so viel produzieren, müssen wir auch dafür sorgen, dass wir es hier entsorgen. 


Maya: Ja, das ist mega wichtig. Kleider-Recycling ist komplex, und es muss dazu unbedingt noch mehr Forschung betrieben werden. Secondhand ist ein wichtiger Teil davon. Aber es geht nicht nur darum, dass die Kleider nicht mehr einfach weggeworfen werden, es geht auch darum, dass nicht mehr so viel und so billig gekauft und produziert wird. Die Qualität der Kleider hat in den letzten Jahren mit Ultrafast Fashion und Unternehmen wie Shein abgenommen. Diese Kleidung kann man Secondhand nicht mehr gebrauchen, sie ist dafür schlicht zu schlecht. Da müsste die Stadt eingreifen.