Die Schweiz ist ein Land von Spender:innen. Das Land gehört zu den spendefreudigsten weltweit. Wie SRF ausgerechnet hat, spendet die hiesige Bevölkerung seit 2020 jedes Jahr über zwei Milliarden Franken.
Fast die Hälfte aller Spenden fliessen im November und Dezember. Die Vorweihnachtszeit macht die Herzen weich. Die Motivation ist dabei nicht nur altruistisch, sondern durchaus auch egoistisch: Spenden gibt einen sogenannten Warm-Glow-Effekt, also ein gutes Gefühl, weil man anderen hilft.
Und: Spenden lassen sich vom steuerbaren Einkommen abziehen.
Heirat gleicht Spendenverhalten an
Auffällig beim Thema Wohltätigkeit: Frauen spenden im Schnitt eher und auch grosszügiger als Männer. In einer Studie am Women’s Philanthropy Institute der Universität Indiana wurden die geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Spenden untersucht. Die Resultate sind eindeutig:
- Alleinstehende Frauen sind eher bereit zu spenden als alleinstehende Männer.
- Alleinstehende Frauen spenden einen grösseren Anteil ihres Einkommens als alleinstehende Männer.
- Alleinstehende Frauen verteilen ihre Spenden auf mehr Organisationen, während alleinstehende Männer ihre Spenden konzentrieren.
- Nach einer Heirat steigt bei Frauen und Männern die Bereitschaft, zu spenden.
Auch die Gründe, warum jemand spendet, sind laut der Studie je nach Geschlecht unterschiedlich. Frauen seien beeinflusst durch Erfahrungen wie Geburt oder Diskriminierung – und setzen ihr Geld häufig dort ein, wo ihr Herz ist.
Festgehalten werden könne: Bei den Frauen sei Empathie eine starke Motivation, bei Männern dominiere eher das Eigeninteresse.
Die Frauen holen auf
Frauen kontrollieren laut der Studie 30 Prozent des weltweiten Reichtums. Und: Das Vermögen von Frauen wächst schneller als der weltweite Durchschnitt.
Dazu passt eine Analyse des Beratungsunternehmens McKinsey & Company von 2022: Laut dieser wird das Vermögen von Frauen bis 2030 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von rund acht Prozent zunehmen – während das Vermögen von Männern mit rund 2,7 Prozent deutlich langsamer wächst. Bis 2030 wird der Anteil von Frauen an den Kapitalanlagen voraussichtlich 45 Prozent und insgesamt 10 Billionen Euro erreichen.
Heisst: Durch mehr Wohlstand und mehr Führungspositionen haben Frauen zunehmend Einfluss darauf, wo und wie Geld gespendet wird.
Das prominenteste Beispiel dafür ist MacKenzie Scott, US-amerikanische Geschäftsfrau und Autorin. Die Ex-Frau von Amazon-Gründer Jeff Bezos ist die fünftreichste Frau der Welt. Ihr Vermögen beträgt dieses Jahr demnach 35,6 Milliarden Dollar.
Scott spendet grosse Teile davon an wohltätige und frauenunterstützende Organisationen. Scotts Organisation «Yield Giving» soll 2023 laut CNN über zwei Milliarden Dollar gespendet haben. Im Jahr davor sollen es über 3,8 Milliarden Dollar gewesen sein – verteilt auf 465 Organisationen.
Männer weniger empathisch
Auch an den Universitäten Stanford, Columbia und California wurde im Rahmen einer Studie untersucht, weshalb Frauen mehr spenden als Männer. Das Ergebnis in aller Kürze: «Geringere Empathie führt dazu, dass Männer weniger (...) spenden», schreiben die Autor:innen. In einer USA-weiten repräsentativen Umfrage wurden Menschen zur Bekämpfung von Armut und ihrem diesbezüglichen Spendeverhalten befragt. Männer sind demnach weniger bereit, Geld oder Zeit an eine Organisation zur Armutsbekämpfung zu spenden.
Wurde Armut bei der Befragung dann allerdings als ein Problem dargestellt, das alle Amerikaner negativ betrifft, das Problem also anders umschrieben, erhöhte sich die Spendenbereitschaft der Männer. Und beseitigte sogar den geschlechtsspezifischen Unterschied zu den Frauen. Konnten die Männer also ihre Spenden mit ihrem Eigeninteresse vereinen, im Sinne von «Armut betrifft alle Amerikaner negativ, folglich auch mich», erhöhte sich ihre Bereitschaft zum Spenden.
Wohin spenden, damit das Geld ankommt?
Von der Wissenschaft zurück zum Alltag. Wenn – wie im Advent – der Briefkasten mit Anfragen geflutet wird, wie sich im Spenden-Dschungel orientieren? Wohin kann man mit gutem Gewissen Geld spenden? «Viele Nonprofit-Organisationen (NPO) in der Schweiz leisten wirksame und seriöse Arbeit», sagt Alice Hengevoss von der Volkswirtschaftlichen Beratung BSS auf Anfrage von ellexx. «Ein Blick auf die Website, den Aktivitätsbericht oder der persönliche Kontakt geben Aufschluss darüber, wie das gespendete Geld eingesetzt wird.»
Ob man ins In- oder Ausland spendet, ist laut Hengevoss zweitrangig. Wichtiger sei es, eine Organisation zu finden,«die wirksam mit den Spendengeldern umgeht».
Nur: Wie weiss man, ob das Geld dort ankommt, wo man es möchte?
Vorab: Es fliesst nie alles Geld ins Projekt. Das sei normal, so Hengevoss, ja sogar gut. «Eine seriöse NPO verfügt über eine Administration, zahlt ihren Mitarbeitenden faire Löhne und sichert ihre Finanzierungsquellen für die Zukunft», sagt Hengevoss. Das Verhältnis zwischen Projektaufwand und Aufwand für Infrastruktur und Fundraising müsse aber stimmen.
Ob dem so ist, darüber gibt nebst Website oder Aktivitätsbericht auch das sogenannte Zewo-Label Auskunft. Zewo-zertifizierte NPOs müssen beispielsweise mindestens zwei Drittel der Spendengelder direkt in die Projekte und Dienstleistungen investieren.
Hengevoss betont, dass auch kleinere Organisationen ohne Zertifizierung gute Arbeit leisten können. «Im persönlichen Kontakt können Mitarbeitende Auskunft über den Einsatz der Spendengelder geben.»
Was beachten aus Frauensicht?
«Möchte man Projekte rund um das Thema Gleichstellung unterstützen, gilt es NPOs ausfindig zu machen, die sich dafür einsetzen», sagt Hengevoss. Die Projekte sollten für eine langfristige und nachhaltige Wirkung konzipiert sein.
Hengevoss empfiehlt zudem, auf den Frauenanteil im Stiftungsrat oder Vereinsvorstand und in der Geschäftsführung zu achten. «Dann kann man entsprechend der Organisation spenden, die den eigenen Wertvorstellungen entspricht.»