Welches Gefühl löst Geld bei dir aus?
Ich bin da etwas zwiegespalten. Einerseits gibt mir Geld und Erspartes Freiheit. Andererseits mache ich mir mehr Stress, seit ich mehr Geld habe.
Weshalb?
Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich im Studium mit weniger Geld fast glücklicher war. Da war ich immer knapp bei Kasse, aber ich wusste, dass ich mir mein Geld hart neben dem Studium erarbeitet hatte. Entsprechend habe ich es auch gerne und ohne schlechtes Gewissen ausgegeben, aber natürlich auch limitiert gelebt. Ich habe das jedenfalls gut gewuppt.
Und jetzt?
Jetzt bin ich nicht mehr im Studium, und plötzlich gibt es so viele Dinge, die ich machen müsste – Vorsorgen, Sparen und so weiter. Jedenfalls löst bei mir Geld nun mehr diesen Stress aus, weil ich das Gefühl habe, ich muss etwas damit machen.
Während des Studiums hattest du also nie wirklich das Gefühl, du musst auf etwas verzichten?
Nein, obwohl ich wahrscheinlich mehr hätte verzichten müssen (lacht). Oder vielleicht habe ich es einfach nicht so als Verzicht wahrgenommen. Ich hatte ja auch neben Studium und Teilzeitjob nicht so viel Zeit, um Geld auszugeben. Aber ich muss zugeben, ich hatte schon damals die Einstellung, dass das Leben zu kurz ist, um nicht mit Freund:innen essen zu gehen oder sich etwas Schönes zum Anziehen zu gönnen.
Wie viel verdienst du denn jetzt pro Monat?
Momentan verdiene ich nach allen Abzügen 4940 Franken im Monat.
Ist dieser Lohn für dich persönlich hoch?
Naja, ich habe ursprünglich eine Lehre im Detailhandel gemacht und danach in der Einrichtungsberatung und im Verkaufsinnendienst gearbeitet. Dort habe ich fast gleich viel verdient wie jetzt. Von daher ist es eigentlich ziemlich ernüchternd, dass ich nun nach drei Jahren Studium in visueller Gestaltung wieder gleich viel verdiene. Ich habe ja doch ziemlich viel Geld und Zeit ins Studium gesteckt.
Verdienst du im Vergleich zu anderen Grafiker:innen wenig?
Jein, ich würde sagen, dass mein Lohn angesichts meiner Berufserfahrung im Durchschnitt liegt. Es ist ja schon cool, dass ich überhaupt ziemlich schnell einen Job gefunden habe und nicht ewig Praktika absolvieren musste. Leider gibt es mehr Berufsabgänger:innen als Stellen im Grafikdesign. Aber ich könnte an manchen Orten auch deutlich mehr verdienen.
Wo zum Beispiel?
Bei Werbeagenturen kannst du je nach Position schon 8000 bis 9000 Franken verdienen. Aber dafür kann man bei Agenturen vielleicht nicht so kreativ wirken. Ich habe die Ausbildung zur Grafikdesignerin auch nicht gemacht, weil ich reich werden will, sondern weil ich in einem Beruf arbeiten wollte, der mich glücklich macht. Das Wichtigste für mich ist, dass ich Freude am Leben habe. Und die Arbeit macht nun halt mal einen grossen Teil vom Leben aus.
Viele Grafiker:innen sind selbstständig. Wie sieht es bei dir aus?
Das wollte ich eigentlich immer. Ich war lange überzeugt, dass ich gleich nach dem Studium selbstständig sein will. Aber … Du musst halt selber wirtschaften. Und ich liebe es, ein Team zu haben. Deshalb bin ich nicht mehr so erpicht darauf. Und wenn, dann eher im Interior Design.
Wie gehst du mit deinem Lohn nun um? Eher buchhalterisch oder intuitiv?
Sehr intuitiv, aber ich versuche, das jetzt zu ändern!
Weshalb?
Weil ich merke, dass es so auf die Dauer nicht aufgeht. Wenn ich intuitiv Geld ausgebe, dann bleibt Ende Monat einfach nichts mehr übrig. Ich gehe gerne auswärts essen und feiern, kaufe hier und da ein … (lacht verlegen). Und ich hatte eine böse Überraschung, weil unerwartet relativ hohe Rechnungen auf mich zukamen.
Wofür?
Da ich während und nach dem Studium Prämienverbilligungen erhielt und diese nicht mehr anhand eines aktuellen Steuerausweises eruiert wurden, musste ich die Prämien für die Krankenkasse rückwirkend zurückzahlen. Das waren gleich 1500 Franken auf einen Schlag … Und es kommt wahrscheinlich noch mehr. Allgemein musste ich einfach feststellen, dass das Leben nach dem Studium viel teurer wird – trotz höherem Lohn. Man zahlt höhere Krankenkassenprämien, mehr Steuern und so weiter.
War das der Auslöser, dass du deinen Umgang mit Geld verändern möchtest?
Nein, nicht nur. Ich denke, mein Job bei elleXX hat das auch verändert. Ich habe gemerkt, dass es noch andere Möglichkeiten gibt, was man mit seinem Geld alles machen kann, statt es nur auszugeben. Ich habe ein Interesse für Aktien und ETFs entdeckt. Und wenn ich anfangen möchte zu investieren, kann ich das nicht einfach intuitiv machen. Ich muss das irgendwie kalkulieren. Dazu kommt noch, dass ich langsam über das Thema Familiengründung nachdenke und über meine weitere berufliche Entwicklung. Das führt halt auch dazu, dass ich mir mehr Gedanken um meine Finanzen mache.
Was hast du denn nun konkret geändert?
Vieles (lacht.) Ich hatte schon immer mehrere Konten, aber ich habe sie nie benutzt.
Wie viele Konten hast du denn?
Lass mich kurz überlegen … fünf!
Wow, wofür brauchst du die?
Ich habe ein Lohnkonto, dort bleibt das Geld, das nicht für andere Konten verplant ist. Ich schaue, dass ich auf diesem Konto immer genug Geld habe, um meine Miete, meine Krankenkassenkosten und unerwartete Rechnungen zu bezahlen. Dann habe ich ein gemeinsames Konto mit meinem Freund. Darauf zahlen wir je 200 Franken pro Monat ein. Dieses Geld geben wir dann für gemeinsame Ferien aus. Zusätzlich habe ich ein sogenanntes Fun-Konto. Dort kommt ein monatlicher Betrag drauf, den ich brauchen darf. Dann habe ich noch ein Sparkonto. Und zu guter Letzt: ein Konto für Steuern – «don’t touch» heisst es (lacht).
Spannend, dass du explizit ein Fun-Konto hast. Warum das?
So vermeide ich, dass ich alles, was Ende Monat noch übrig bleibt, für Fun ausgebe. Früher habe ich das nämlich gemacht.
Wie viel «darfst» du denn nun monatlich für Fun ausgeben?
Etwa 1000 Franken. Das Geld gebe ich für Essen, Ausgang, Hobbies, Kleider und so weiter aus.
Und wie viel sparst du pro Monat?
Ich versuche gerade, sehr intensiv zu sparen. Mein Ziel ist es, drei Monatslöhne innerhalb eines Jahres anzusparen. Deshalb lege ich 1300 Franken pro Monat zur Seite. Mal schauen, wie lange ich das schaffe.
Uff, not bad! Worauf verzichtest du denn jetzt, dass du so viel Geld zur Seite legen kannst?
Auf Online-Shopping (lacht verlegen). Da bin ich ganz schlimm. Aber Miriam Suter, die ja auch bei elleXX arbeitet, hat mir einen guten Tipp gegeben. Und zwar notiere ich mir jetzt alles, was ich kaufen wollte. Ende Monat schaue ich dann jeweils, was ich nicht ausgegeben habe. Du glaubst es nicht, aber es fühlt sich fast so gut an wie shoppen vom Befriedigungsgrad her (lacht).
(Lacht.) Wie viel hast du im letzten Monat denn so «gespart»?
Fast 1000 Franken. Das ist schon crazy. Ich hätte das Geld einfach für irgendeinen Quatsch ausgegeben. Zum Beispiel bin ich letzte Woche durch meine Wohnung gelaufen und dachte: Ach, neue Bettwäsche wäre schön. Bis vor Kurzem hätte ich mir prompt eine Bettwäsche-Set bestellt, obwohl ich das eigentlich nicht brauche.
Jetzt, wo du so viel sparst: Hast du langfristige Geldträume?
Eigentlich nicht. Ich denke auch nicht so weit in die Zukunft. Momentan will ich einfach ein solides Polster haben, damit ich nicht ständig gestresst bin, wenn unerwartete Rechnungen kommen. Und meine Eltern würde ich zum Beispiel gerne mal in die Ferien einladen. Solche Dinge halt.
Zum Schluss: Wie war unser Gespräch für dich? Sprichst du sonst auch so offen über Geld?
Für mich ist Geld nicht wirklich ein Tabuthema. Ich spreche zum Beispiel mit meinen Freundinnen sehr offen über Geld. Irgendwie ist Geld ja auch nur ein Konstrukt. Oh je, jetzt schlägt noch der Hippie in mir durch. Nein, aber wirklich, ich finde es komisch, dass Geld so schambehaftet ist. Wir müssen ja am Ende alle in diesem Konstrukt funktionieren und irgendwie schauen, dass wir mit Geld zurechtkommen.