Weg mit der Ölheizung, runter mit dem Fleischkonsum, öfter im Zug statt mit dem Flugzeug – den persönlichen Lebensstil ändern: Dies stufen viele Menschen laut einer Umfrage als besonders wirksam ein. Doch was macht die Welt am schnellsten nachhaltiger? Unsere Anlagen, unser investiertes Geld – die meisten Menschen unterschätzen diesen Hebel erheblich. Sie verkennen ebenfalls, dass sie alle bereits Anleger:innen sind – mit ihrem Rentengeld in der AHV und Pensionskasse. In der Schweiz beträgt das verwaltete Finanzvermögen insgesamt über 8000 Milliarden Schweizer Franken, das ist zehnmal so viel wie das Schweizer Bruttoinlandprodukt. Ziemlich viel Geld, ein ziemlich grosser Hebel – würde man meinen.
Nachhaltigkeit ist kein Schwarz-Weiss-Konzept
Dieses Vermögen fliesst nach wie vor zum grössten Teil in Firmen, die nicht nachhaltig sind. Nur gerade 11 Prozent des Vermögens in öffentlich zugänglichen Schweizer Fonds sind nachhaltig angelegt. Eine Auswertung des Klima-Tools PACTA zeigt, dass im Jahr 2020 noch immer bis zu fünf Prozent der von Schweizer Finanzinstituten verwalteten Vermögen Öl, Gas sowie den Kohlebergbau fördern. Zu diesem Vermögen zählen private Spareinlagen bei Banken, Versicherungsprämien oder Pensionskassengelder.
Du fragst dich nun bestimmt: Wie kann ich nachhaltig investieren? Das wollen wir gemeinsam in dieser Serie anschauen. Studien belegen, dass gerade Frauen den nachhaltigen Wandel beschleunigen könnten. 92 Prozent der Frauen finden nachhaltiges Investieren wichtig. Verantwortungsvolles und umweltfreundliches Wirtschaften liegt ihnen im Schnitt mehr am Herzen als Männern. Auch die wenigen Frauen an der Wirtschaftsspitze sorgen sich mehr um die Umwelt. Unternehmen mit mehr weiblichen Führungskräften sind sowohl umweltfreundlicher als auch sozialer.
Doch zunächst gilt es eine Frage zu klären, die zwar simpel klingt, aber knifflig ist: Was heisst Nachhaltigkeit, und wie wird sie gemessen? «Nicht auf Kosten der Generationen von morgen leben»: So haben die Vereinten Nationen eine nachhaltige Entwicklung definiert. Nachhaltigkeit geht dabei über Umweltschutz hinaus. Sie umfasst auch andere Anforderungen für eine menschenwürdige Zukunft wie das wirtschaftliche Wohlergehen oder soziale Sicherheit.
Sexismus, Mobbing, Lohnungleichheit am Arbeitsplatz? Absolute No-Gos, dennoch nehmen es viele Frauen hin. Das darf nicht sein. Deshalb ist es höchste Zeit für eine Rechtsschutzversicherung von Frauen für Frauen. Wehr dich.
Was sind die ESG-Kriterien?
Das Prinzip der Nachhaltigkeit widerspiegeln auch die sogenannten ESG-Kriterien. Sie beziehen sich auf drei Bereiche:
- E (Environmental) – Umwelt,
- S (Social) – Soziales und
- G (Governance) – verantwortungsvolle Unternehmensführung.
Die ESG-Kriterien bewerten die Nachhaltigkeit von Unternehmen. Sie haben sich als wichtigster Standard im Nachhaltigkeits-Dschungel etabliert. Mit diesen drei Buchstaben E, S und G werden nachprüfbare Kriterien festgelegt. Das «E – Environmental» berücksichtigt zum Beispiel Themen wie Umweltverschmutzung oder Wasserverbrauch. Das «S – Social» vereint Themen wie das Wohlergehen der Mitarbeiter:innen oder die Vielfalt der Belegschaft. Das «G – Governance» umfasst Themen wie Korruption oder Risikomanagement.
Setzt ESG einheitliche Vorgaben?
Man würde meinen, ESG setze Standards für alle. Doch es gibt noch keine einheitlichen Vorgaben, wie Firmen ihre ESG-Daten messen und ausweisen müssen. Deshalb verlassen sich Anleger:innen häufig auf Ratingagenturen (wie MSCI, Sustainalytics oder ISS Oekom), die Unternehmen Punkte für nachhaltiges Wirtschaften vergeben. Eine Studie der MIT zeigt jedoch, dass die Ratings der Agenturen sehr unterschiedlich ausfallen, je nachdem, wie sie Themen messen und gewichten. Beispielsweise kann das Wohlbefinden der Arbeitnehmenden einer Firma unterschiedlich berechnet werden. Je nachdem, ob als Messgrösse die Fluktuation der Mitarbeiter:innen oder aber die Anzahl der Arbeitsrechtsklagen gegen das Unternehmen verwendet wird, driften die Ratings auseinander. Ein Unternehmen kann also bei einer Agentur Top sein und bei der anderen Flop.
Herausfordernd ist zudem, dass gewisse ESG-Kriterien kaum bezifferbar sind. Insbesondere in den Bereichen «Social» und «Governance» fehlt es oftmals an einheitlichen Grössen. Anhand welcher Zahlen misst man beispielsweise, ob ein Unternehmen den Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden ernst nimmt? Ob die Teams divers sind und die Firma frauen- und familienfreundlich? In den Bereichen S und G gibt es also noch viel aufzuholen. Etwas besser sieht die Situation bei den ökologischen Kriterien aus. Seit das Pariser Klimaabkommen 2016 in Kraft getreten ist, definieren viele Firmen konkrete Klimaziele, die klar messbar sind. Oder?
Wie kann man Klimaziele messen?
Wirtschaftet ein Unternehmen klimaverträglich? Das messen Expert:innen an Treibhausgas-Emissionen oder ihrem CO₂-Fussabdruck. Wie funktioniert das? Man unterteilt die Emissionen, also den Ausstoss von CO₂, in sogenannte Scopes.
Das sogenannte Treibhausgasprotokoll unterscheidet zwischen Scope 1-, 2- und 3-Emissionen.
Scope 1 umfasst diejenigen Emissionen, die direkt von einer Firma verantwortet und kontrolliert werden.
Zum Scope 2 werden diejenigen Emissionen gezählt, die eine Firma indirekt durch eingekaufte Energie verursacht. Zum Beispiel zählt hierzu Strom, der für die Produktion eines Produktes gebraucht wird. So weit so gut.
Dann gibt es noch die Scope 3-Emissionen. Das sind indirekte Emissionen innerhalb der Wertschöpfungskette. Also diejenigen Emissionen, die vor- oder nachgelagert verursacht werden, wenn ein Endprodukt entsteht. Man nennt es umgangssprachlich auch die graue Energie, die das Unternehmen selbst schwerer beeinflussen kann. Ein Beispiel: Einer Firma, die Rohstoffe verarbeitet, aber nicht selbst abbaut, werden die Emissionen aus dem Rohstoffabbau im Scope 3 angerechnet. Diese Scope-3-Emissionen sind sehr schwierig messbar und kaum verfügbar, aber eigentlich entscheidend, um die gesamte Klimabilanz eines Unternehmens darzustellen.
Doch reicht allein die Höhe der Treibhausgas-Emissionen aus, um die Klimaverträglichkeit eines Unternehmens zu bewerten? Unter den Schweizer Firmen gilt beispielsweise Roche als einer der grössten Klimasünder, wenn nur der absolute Ausstoss betrachtet wird. Setzt man diesen hingegen ins Verhältnis zum erzielten Umsatz, erscheint Roche weit hinten auf der Rangliste. Pro Dollar erzielter Umsatz stösst dann nämlich der Zementhersteller Lafarge Holcim am meisten Treibhausgase aus. Dieses Prinzip nennt sich «Carbon Intensity».
Diese Beispiele zeigen, dass auch ökologische Kriterien noch nicht so klar messbar sind wie beispielsweise Finanzzahlen. Und dass das Thema Nachhaltigkeit erst seit wenigen Jahren in der Finanzwelt angekommen ist. Diese Annäherungen sind deswegen ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Denn ohne Daten ist ein Wandel nicht möglich.
Wie schafft die EU-Taxonomie einheitliche Standards?
Das hat auch die Europäische Union erkannt. Deshalb hat sie mit der EU-Taxonomie ein Regelwerk geschaffen, das seit Januar 2022 schrittweise in Kraft tritt. Dabei handelt es sich um einen Kriterienkatalog, der europäische Standards schafft und jegliches Wirtschaften danach beurteilt, wie ökologisch es ist. Die EU-Taxonomie beinhaltet zudem eine Richtlinie, wie Unternehmen künftig Angaben im Bereich Nachhaltigkeit ausweisen sollen.
Sinnvoll vorsorgen? Aber mit Rendite. Das geht. Wir sind überzeugt, dass ein verantwortungsbewusster Einsatz deines Geldes langfristig Wert schafft, ganz nach unserer Vision «Close the Gaps». Wenn du erwerbstätig bist, kannst du dich mit der elleXX 3a zusätzlich finanziell absichern, nachhaltig investieren und damit Steuern sparen.
Europa vereinheitlicht das E der ESG-Kriterien nun fortlaufend. Damit sollen Anleger:innen künftig besser einschätzen können, wie nachhaltig eine Firma wirklich wirtschaftet. Momentan ist die Taxonomie jedoch nur für ökologische Nachhaltigkeit, also das E, ausgearbeitet. Bis es also ein umfassendes Regelwerk gibt, das alle Wirtschaftsaktivitäten und alle Formen der Nachhaltigkeit umfasst, also auch das S und G, wird es noch eine Weile dauern. Ob die Schweiz die Regeln der EU-Taxonomie übernimmt, ist noch unklar. Immerhin entstehen erste Wegweiser, um sich im Nachhaltigkeits-Dschungel zurechtzufinden.
Was kann ich mit meinem Geld bewirken?
Damit überblickst du nun, wie Nachhaltigkeit grundsätzlich gemessen wird. Doch was kannst du jetzt konkret tun?
- Im nächsten Teil dieser Serie geht es um unsere Vorsorgegelder. Die meisten Arbeitnehmer:innen haben einen erheblichen Anteil ihrer Ersparnisse bei einer Pensionskasse angelegt. Wie nachhaltig investieren die Schweizer Pensionskassen unser Volksvermögen, und wie kann ich das als Privatperson überhaupt beeinflussen?
- Teil 3 beschäftigt sich mit dem Universum der nachhaltigen Anlageprodukte für Privatpersonen. Wie kann ich mit meinen privaten Investitionen am meisten Impact erzielen? Was versprechen nachhaltige Fonds? Inwiefern unterscheiden sich aktiv und passiv verwaltete Fonds?
- Im Teil 4 der Serie geht es um die Schweizerische Nationalbank, die zu den zehn grössten öffentlichen Investoren der Welt gehört. Wir schauen uns die Anlagepraxis der SNB genauer an und fragen uns: Wie nachhaltig investiert die SNB? Und was müsste sich ändern?