Wenn ich meinen Sohn frage, was er heute anziehen möchte, nennt er mir meist den Namen seines Fussballidols und das jeweilige Trikot. Jungs in Fussballtrikots mit ihren Vorbildern auf dem Rücken – ein weitverbreitetes Bild. Und bei Mädchen? Sie sehe ich nicht mit realen weiblichen Idolen auf ihrer Kleidung. Ich frage mich: Woran liegt das? Und wie wirken sich Vorbilder und Idole auf die finanzielle Bildung der Kinder aus? 

In der KIM-Studie 2022 wurden Kinder zwischen sechs und 13 Jahren befragt, ob sie Vorbilder und Idole haben. Spannend: Jungs finden ihre Vorbilder hauptsächlich im Sport, sind also real. Bei den Mädchen dagegen stammen die Idole meist aus Film und Fernsehen – sind also Fantasiefiguren. Was mich daran interessiert: Welche (finanziellen) Botschaften verbergen sich dahinter, und welcher Zusammenhang von Geld und Erfolg wird vermittelt?

Simone Hoffmann
Für Jungs gibt es eine klare Botschaft: Wer hart arbeitet und das Ziel im Auge behält, wird mit Erfolg und Geld belohnt.

Jungs sehen ihre Stars auf dem Platz oder in den Medien. Diese Vorbilder haben es an die Spitze ihrer Disziplin geschafft und werden als finanziell erfolgreich wahrgenommen. Sobald mein Sohn seine Trikots anzieht, folgen auch automatisch Fragen wie: «Was verdient denn ein Fussball-Star?» oder «Mama, was muss ich tun, um bei einem Top-Verein Fussball spielen zu können?» Für Jungs gibt es eine klare Botschaft: Wer hart arbeitet und das Ziel im Auge behält, wird mit Erfolg und Geld belohnt. Es entsteht eine frühe Sensibilität dafür, dass durch aussergewöhnliche Leistung gut Geld verdient werden kann. Kurz: ein sehr erstrebenswerter Zustand.

Simone Hoffmann
Mädchen fehlt eine realistische Vorstellung, wie Geld und Erfolg in der echten Welt zusammenhängen.

Dazu konträr sind die Mädchenidole Prinzessinnen, Feen und Superheldinnen. Diese Charaktere leben in Welten, in denen Geld selten eine Rolle spielt. Sie müssen nicht arbeiten, um ihre Krone oder ihren Lebensstil zu finanzieren. Meistens sind magische Kräfte oder Liebe die entscheidenden Mittel, um Hindernisse zu überwinden. Es gibt keine finanziellen Herausforderungen. Mut und Leistung werden selten mit «harten Fakten» wie Geld oder Erfolg verknüpft. 

Auch wenn ich es überspitzt darstelle, die Tendenz ist deutlich: Mädchen sind bei Idolen klar benachteiligt, da sie weniger Zugang zu echten weiblichen Vorbildern haben. Ihnen fehlt eine realistische Vorstellung, wie Geld und Erfolg in der echten Welt zusammenhängen. Das bedeutet nicht, dass Fantasiefiguren nicht wertvoll sind – sie fördern Kreativität, Empathie und emotionale Intelligenz. Doch wenn es um finanzielle Bildung geht, fehlt der Bezug zur Realität. 

Simone Hoffmann
Ich wünsche mir mehr Mädchenkleidung, die anstelle von fiktiven Prinzessinnen echte Namen wie Holdener, Gut-Behrami, Biles, Hingis und Swift trägt.

Als Eltern liegt es an uns, diesen Nachteil auszugleichen und Mädchen einen Zugang zu echten weiblichen Vorbildern zu ermöglichen. Dazu ein paar Ideen:

Starke, reale Vorbilder zeigen

Suche aktiv nach realen weiblichen Vorbildern, die Erfolg und finanzielle Unabhängigkeit verkörpern: Unternehmerinnen, Wissenschaftlerinnen, Politikerinnen, Sportlerinnen, Musikerinnen – es gibt so viele Frauen, die ihren Weg gemacht haben. Es ist wichtig, dass Mädchen sehen, dass diese Frauen genauso erfolgreich sind wie ihre männlichen Pendants.

Berufsbilder erweitern

Daraus abgeleitet, ermutige deine Tochter Berufe in Erwägung zu ziehen, die lukrativ und erfüllend sind. Warum nicht etwas aus dem MINT-Bereich? Peppermintas beispielsweise bietet diesbezüglich Events für Mädchen an.

Finanzielle Unabhängigkeit betonen

Es ist wichtig, Mädchen zu vermitteln, dass finanzielle Unabhängigkeit ein sehr erstrebenswerter Zustand ist. Erkläre, warum es wichtig ist, ein eigenes Einkommen zu haben, selbständig zu sparen und zu investieren und nicht auf andere angewiesen zu sein, wenn es um finanzielle Fragen geht. Zur Unterstützung kannst du ein entsprechendes Finanz-Vorbild sein oder ihnen den Umgang mit Taschengeld beibringen.

Ich wünsche mir als Anfang mehr Mädchenkleidung, die anstelle von fiktiven Prinzessinnen echte Namen wie Holdener, Gut-Behrami, Biles, Hingis und Swift trägt – um hier nur ein paar Beispiele zu nennen. Dazu sollten Mädchen Fragen stellen wie: «Was muss ich eigentlich tun, um so erfolgreich zu sein wie eine Taylor Swift?», «Wie viel Geld kann ich als Spitzensportlerin mit einem guten Werbedeal verdienen?» oder «Wie werde ich eigentlich Unternehmerin, so wie Sheryl Sandberg?» 

Indem wir Mädchen reale, erreichbare und erfolgreiche Vorbilder an die Hand geben und sie aktiv in Gespräche über Leistung, Geld, Karriere sowie Ziele und Erfolg einbeziehen, können wir einen wichtigen Beitrag zu ihrer finanziellen Bildung leisten. Let’s go – sie werden es uns danken.

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