In der heutigen Zeit, in der das Bewusstsein für Prävention und psychische Gesundheit wächst, bleibt ein entscheidender Aspekt oft unbeachtet: die Rolle unserer persönlichen finanziellen Situation für unsere (psychische) Gesundheit. Die finanzielle Situation ist ein wesentlicher Faktor für unser psychisches und physisches Wohlbefinden. Darüber wird aber viel zu wenig gesprochen. Höchste Zeit, das zu ändern.
Die Herausforderung: Finanzielle Sorgen als Gesundheitsrisiko
Nicht zu wissen, woher das Geld für die nächste Miete oder die nächste grössere Ausgabe kommt, ist belastend. Es löst Stress aus. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation WHO ist Stress eine der grössten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts. Sehr lange anhaltender Stress kann uns auf Dauer sogar krank machen. Eine 2019 durchgeführte Studie von Blackrock in der Schweiz zeigte, dass Geld für 55 Prozent der Schweizer:innen der Stressfaktor Nummer eins in ihrem Leben ist. Noch vor ihrer Gesundheit.
Finanzielle Sorgen können sich auf unseren physischen Gesundheitszustand oder unsere psychische Gesundheit auswirken. Geschlechterspezifische Studien zeigen ausserdem, dass Frauen stärker davon betroffen sind. Denn: Die geschlechtertypische Rollenverteilung in Beziehungen – sie kümmert sich um den Haushalt, er verdient das Geld – ist nicht nur einer der Hauptgründe, die das Armutsrisiko für Frauen erhöhen, sondern treibt viele Frauen auch in die Erschöpfung.
Das Problem dabei ist, dass ganz leicht ein Teufelskreis entstehen kann: Wenn wir akut unter finanziellem Stress leiden, sind wir häufig durch diesen Stress blockiert. Das wiederum führt dazu, dass wir uns nicht mehr so gut um die eigentlichen Probleme oder unser Leben kümmern können. Hinzu kommen oft Scham und sozialer Rückzug.
Ein gut reguliertes Nervensystem ist die halbe Miete
Die finanzielle Situation lässt sich oft nicht so einfach ändern. Umso wichtiger ist es, auf der anderen Seite der Gleichung anzusetzen, nämlich bei unserer Gesundheit und unserer Resilienz. Dort können wir mit einem guten Stressmanagement schon einiges bewirken.
Das kann zum Beispiel so aussehen:
- Bewusstsein kreieren: So banal das erstmal klingt, aber es ist wichtig, dass wir uns des gesundheitlichen Risikos von Stress bewusst werden und es nicht einfach wegdrücken. Das ist umso wichtiger, wenn wir bereits erste physische Stresssymptome wahrnehmen.
- Ansprechen statt ignorieren: Kaum etwas ist uns so unangenehm, wie über Geld und unsere finanzielle Situation zu sprechen. Vielmehr vertuschen oder verschweigen wir die Wahrheit, was wiederum Druck und Stress kreiert. Es erleichtert die Situation bereits oft, wenn wir uns schon wenigen nahen Menschen anvertrauen können und die Sorgen nicht allein tragen müssen.
- Stressregulierung und Stressmanagement: Viele Techniken zur Stressbewältigung wie Meditation, Achtsamkeitsübungen oder Atemübungen können kostenlos online erlernt werden und tragen signifikant zur Verbesserung der psychischen Gesundheit bei. Erlerne ein paar simple Übungen zur Regulierung deines Nervensystems. Eine gute Stressregulierung kann auch für emotionale Stabilität sorgen.
So investierst du auch mit keinem Budget in deine Gesundheit
Der globale Wellnessmarkt wird auf 6.5 Billionen Dollar geschätzt und boomt. Kein Wunder, dass wir alle verunsichert sind und sich der Glaubenssatz «Gesundheit muss teuer sein» weit verbreitet hat. Davon sollten wir uns nicht blenden lassen. Wir können auch ohne Tracker an der Hand lernen, besser zu schlafen, und eine ausgewogene Ernährung geht auch ohne «Green-Goddess-Pulver».
Auch hier gilt: Lenke deine Energie auf die Bereiche, die du aktiv beeinflussen kannst, wie Schlaf, Bewegung, Ernährung oder das Etablieren von gesunden Gewohnheiten. Zudem gibt es eine Vielzahl von kostenlosen Ressourcen und Gemeinschaftsprogrammen, die Gesundheitsbildung und -förderung anbieten.
Mit dem Investment in Körper und Geist verhält es sich ähnlich wie mit finanziellen Investments: Der beste Zeitpunkt, damit zu starten, war vor 20 Jahren, der zweitbeste Zeitpunkt ist jetzt.
Anmerkung: Stress ist nicht per se negativ. Wir sprechen hier von Distress – wenn die Anforderungen oder Belastungen, denen wir ausgesetzt sind, unsere Bewältigungsfähigkeit übersteigen.