Maja Juzwiak ist Künstlerin, Fotografin und Gründerin. Ihr Ziel: Sie will den weiblichen Zyklus zum Thema machen. Im Money Talk erzählt sie, wie sie das machen möchte, wie viel Geld sie in ihr Projekt steckt und warum es mehr Geld für die Themen Menstruation und Zyklus braucht.
Welche Gefühle löst Geld bei dir aus?
Geld löst bei mir eine gewisse Unsicherheit und etwas Angst aus. Das hängt vermutlich auch damit zusammen, dass in unserer Familie das Credo galt: Man braucht einen «seriösen» Job, und es ist wichtig, genügend Geld zu verdienen. Diesen Anweisungen bin ich lange gefolgt.
Erzähl.
Nun, ich wollte eigentlich Psychologie oder Journalismus studieren. Da hiess es aber immer, das bringe nichts, damit könne man kein Geld verdienen. Darum habe ich mich dann für International Management und Marketing entschieden. Nach meinem Studium habe ich eine Zeit lang auf der Bank gearbeitet, im Private-Banking-Bereich. Dort hat sich mein Blick auf Geld nochmal verändert.
Inwiefern?
Ich hatte Kontakt mit vielen Leuten, die viel Geld verdient haben und denen das auch wirklich wichtig war. Statussymbole hatten einen hohen Stellenwert, teure Autos oder der Aufenthalt in Luxusresorts zum Beispiel. Mir hat das nichts gesagt. Es hat mich, im Gegenteil, fast eher gestresst, dass das Thema Geld so wichtig war. Ich mag die einfachen Dinge im Leben, und mir war immer wichtig, dass ich den Wert dieser Dinge sehe und nicht verliere. Vor kurzem habe ich Notizen von mir gefunden, die ich vor etwa zehn Jahren gemacht habe. Dort habe ich mir vorgenommen: Verdiene so viel Geld, damit du gut leben kannst, aber trotzdem den Wert und die Beziehung zu Geld nicht verlierst. Das finde ich eigentlich eine schöne Haltung.
Hast du das für dich umgesetzt?
Ja, ich habe mein Leben entsprechend verändert. Ich bin in die Welt der Start-ups eingestiegen und habe schliesslich mein Einzelunternehmen als Fotografin gegründet, als Hotelnomadin gelebt und angefangen, Kunst zu machen.
Was ist eine Hotel-Nomadin?
Ich hatte während rund dreieinhalb Jahren keinen festen Wohnsitz. Zwei Jahre davon lebte ich hauptsächlich in Hotels. Für diese habe ich Aufträge umgesetzt und versucht, ihre Essenz in Bilder zu fassen. Unterkunft und Verpflegung waren inbegriffen, ebenso eine Provision. Auf Dauer war dieses Leben aber etwas anstrengend, weshalb ich nun seit kurzer Zeit wieder eine Wohnung in der Stadt habe.
Aktuell arbeitest du am Projekt «unboxing cycles». Worum geht es da?
Meine Co-Gründerin und ich widmen uns dem weiblichen Zyklus. Wir möchten eine Plattform gründen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit dem Thema befasst. Wir wollen den Zyklus und die Menstruation künstlerisch thematisieren und darüber aufklären. Wir möchten eine Go-to-Plattform sein, eine Community aufbauen und einen Austausch über das Thema zwischen Männern und Frauen, Kindern und Eltern, Schüler:innen und Lehrpersonen ermöglichen. Als Herzstück des Projekts werden wir einen Online-Hub anbieten. Auf dem Hub findet man vielfältige Informationen über den Menstruationszyklus und die Menstruation, man kann Wissenslücken schliessen und sich mit Experten vernetzen. Wir wollen einen Dialog rund um das Thema hormonelle Gesundheit anstossen und endlich das Tabu brechen.
Wie entstand die Idee für dieses Projekt?
Es war ein längerer Prozess. Aber meine Motivation ist eine persönliche. Ich selbst nahm viele Jahre lang die Pille als Verhütungsmittel. Als ich diese abgesetzt hatte, habe ich meinen Zyklus mal wieder gespürt und im Gespräch mit anderen festgestellt, wie viele Wissenslücken es rund um das Thema gibt – bei Frauen wie auch bei Männern. Da möchte ich ansetzen.
Um solche Ideen umzusetzen, braucht es Geld. Wie finanziert ihr euch?
Aktuell läuft unser Crowdfunding. Ziel ist, dass wir damit mindestens 50’000 Franken sammeln können. Damit können wir einen Teil des Vorhabens, den Hub, umsetzen. Konkret sind das die Kosten fürs Design, fürs UX-Design und die technische Entwicklung. Da sind wir auf Externe angewiesen, weil wir diese Fähigkeiten nicht haben.
Wie viel Geld wäre nötig, um das gesamte Vorhaben umsetzen zu können?
Im Moment, spezifisch für den Hub, 100'000 Franken. Mit diesem Betrag könnten wir sogar einen Teil unserer Arbeit vergüten. Man muss dazu sagen, dass wir zur Finanzierung nicht nur auf das Crowdfunding setzen. Unser Vorhaben ist sehr vielschichtig. Wir arbeiten auch an einem künstlerischen Teil und an einem Buch. Für diese Bereiche hoffen wir auf Zuschüsse von Stiftungen oder Sponsoren. Das gehen wir auch demnächst an.
Wie viel hast du bisher selbst investiert?
Das ist schwierig zu sagen. Ich widme dem Vorhaben seit letztem Sommer viel Zeit, 100 Prozent investiere ich seit November. Wenn ich das jetzt beziffern müsste – meine Investitionen und meine Zeit –, dann habe ich wohl rund 20'000 bis 30'000 Franken reingesteckt.
Hat sich dein Blick auf Geld verändert, seit du an «unboxing cycles» arbeitest?
Ich muss zugeben, meine finanzielle Situation stresst mich derzeit schon etwas. Ich arbeite zwar seit rund drei Jahren als selbstständige Fotografin und habe mich an ein unregelmässiges Einkommen gewöhnt. Da ich derzeit aber viel in das Projekt stecke, bleibt wenig Zeit für Aufträge. Derzeit unterstützen mich meine Eltern finanziell. Das schätze ich sehr, und es ist ein grosses Glück. Es ist für mich aber nicht nur einfach und manchmal etwas herausfordernd, dieses Geld anzunehmen. Ich spüre immer öfter den Druck, 33 Jahre alt zu sein und die Dinge doch «im Griff» haben zu müssen. Es wäre sicher einfacher, einen «normalen» Job zu haben.
Wie schwierig ist es, für die Themen Zyklus und Menstruation Geld zu bekommen?
Viele sagen uns, dass es nicht einfach sei, an Geld zu kommen für die Themen Menstruation und Zyklus. Ausserdem ist die Wirtschaftslage angespannt. Gleichzeitig sind die Reaktionen auf unser Vorhaben sehr positiv – auch von Männern. Und das Thema Menstruation ist gerade ziemlich präsent in den Medien. Genauso wie die Thematik, dass Gründerinnen weniger Geld für ihre Ideen bekommen als Gründer. In all dem sehe ich eine Chance für uns.
Was kostet der Zyklus Frauen?
Das ist sehr individuell. Im Schnitt menstruiert eine Frau 480 Mal in ihrem Leben, während drei bis acht Tagen, das sind etwa sieben Jahre ihres Lebens. Wie viele Kosten das verursacht, hängt davon ab, welche Menstruationsprodukte man benutzt, wie stark man blutet und welchen Einfluss der Zyklus und die Menstruation auf weitere gesundheitliche Themen haben. Ich verwende einen Cup und Panties. Das ist alles wiederverwendbar. Meine Kosten sind also nicht so hoch. Der Zyklus verursacht aber auch indirekte Kosten.
Wie meinst du das?
Es gibt Menschen, die gesundheitlich unter dem Zyklus leiden. Beispielsweise aufgrund von Endometriose oder hormonellem Ungleichgewicht. In Entwicklungsländern gibt es Periodenarmut, das heisst, Frauen und Mädchen haben keinen Zugang zu Periodenprodukten, weil sie sich diese nicht leisten können oder ihnen das Wissen über die Menstruation fehlt. Ein weiteres Thema ist die Besteuerung von Periodenprodukten. In manchen Ländern werden Tampons und Binden höher besteuert als beispielsweise Lebensmittel oder andere Produkte für die Grundversorgung. Und schliesslich gibt es noch den Aspekt, dass herkömmliche Periodenprodukte aufgrund der Verwendung von Mikroplastik und gewissen Chemikalien sowohl für die Gesundheit von Frauen wie auch für die Umwelt schädlich sein können. Ich vermute, diese Kosten hat noch niemand berechnet.
Werden aus deiner Sicht genügend Ressourcen in den weiblichen Zyklus investiert?
Nein. Es wird zu wenig investiert. Das zeigt sich unter anderem daran, dass Daten fehlen. Auch in der Schweiz. Wenn man die Medienberichte hierzulande rund um das Thema etwas verfolgt, fällt auf, dass die Zahlen oft aus dem Ausland stammen. Es gibt kaum Daten aus der Schweiz. Das merken auch wir. Hier bräuchte es definitiv mehr Mittel. Und wenn wir etwas wachsen und es bei uns gut läuft, möchten wir sicher einen Teil dazu beitragen und selbst Studien durchführen.
Das klingt vielversprechend. Wir sind schon fast am Schluss. Nur noch eine Frage: Was wünschst du dir für deine finanzielle Zukunft?
Ich wünsche mir, dass ich mein Einkommen in verschiedenen Bereichen erzielen kann. Von Büchern, die ich noch schreiben werde, aus meinem Projekt und von der Fotografie. Ich möchte mich in einem ersten Schritt selbst finanzieren, und in einem zweiten andere junge Unternehmerinnen unterstützen können.