Heute werde ich 20 Jahre alt. Ich habe zwei Jahrzehnte Lebenserfahrung, oder wie ältere Generationen sagen, «noch das ganze Leben vor mir». Als junge Frau werden mir Kompetenzen abgesprochen, weil ich genau das bin – erstens jung und zweitens eine Frau.
Aber auch wir jungen Menschen sammeln Erfahrung und haben etwas zu sagen. Wir haben zwar nicht bereits viele Jahrzehnte auf dieser Erde verbracht, aber unsere Ansichten sind trotzdem wertvoll – oder vielleicht genau deswegen.
Aus diesem Grund folgt hier ein Rückblick, was ich in den letzten 20 Jahren gelernt habe – über Gold, Gras und das Leben:
- Das Bauchgefühl gibts wirklich, und meines hat meistens recht.
- Fehler machen, uiuiui. In der Schweiz haben wir keine gesunde Fehlerkultur. Dabei hätte ich echt Bedarf danach. Fehler sind menschlich. Und: Sie passieren sowieso. Wenn wir uns konstruktiv mit Fehlern beschäftigen, können wir viel lernen.
- Zum Investieren muss ich weder Expert:in noch gut in Mathe sein.
- Nicht alles, was glänzt, ist Gold. Stimmt. Von aussen wirkt das meiste besser, als es eigentlich ist. Wenn ich hinter die Kulissen blicke, sieht es oft ganz anders aus. Ich sehe von aussen das eine Ding, das gelingt, aber nicht all die erfolglosen Versuche zuvor.
- Neid und Vergleichen gehören dazu. Wenn ich an mich und meine Träume glaube, Spass habe und mich mit anderen freue, kann mich nichts stoppen. We rise by lifting others!
- Ich muss nicht allen gefallen.
- Ich akzeptiere mich und meine Art, Dinge anzugehen. Lange habe ich mich dafür kritisiert, dass ich erst kurz vor einer Deadline mit Lernen oder Abgaben beginne, weil ich am besten unter Druck arbeite. Inzwischen weiss ich: Am Schluss klappt es doch immer, und ich bin zuverlässig. Wo liegt also das Problem, nur weil ich eine andere Herangehensweise habe als andere? Das zu akzeptieren, war unglaublich befreiend. Wir alle sind unterschiedlich und in anderen Geschwindigkeiten unterwegs.
- Ich nehme Kritik nur von Personen an, deren Meinung mir wichtig ist.
- Ich traue mich. Wenn das Imposter-Syndrom mal wieder kickt, ich also fürchte, ich könnte bald als Hochstaplerin entlarvt werden, dann sage ich mir: Jede Person hat bei Null angefangen. Ich bin kompetent und kenne meine Grenzen. Ich bin kein Imposter, ich bin real.
- Mir hilft es, das Positive zu sehen. Aber es gibt auch Dinge im Leben, die einfach schlimm, traurig oder ungerecht sind, und die muss ich nicht schönreden.
- Ich lebe, als ob ich hundert würde, aber die wenigsten von uns werden es.
- Ein Plan verleiht mir Orientierung, aber meistens kommt es anders.
- Der Spruch «Your Network Is Your Worth» hängt mir nach. Natürlich sollte ich meinen Selbstwert anders definieren – unabhängig davon, ob ich produktiv bin oder nicht. Allerdings ist ein Netzwerk im Beruf und im Leben unverzichtbar. Männer hatten jahrhundertelang einen Vorteil mit ihren men-only-Zünften und Studentenverbindungen. Auch für uns Frauen ist Netzwerken und sich Verbünden so, so wertvoll.
- Ich verhandle über Konditionen, aber nicht über meinen Wert. Egal ob in zwischenmenschlichen Beziehungen oder in Lohnverhandlungen. Ich bin mir bewusst, was für einen Strauss an Stärken, Qualitäten und positiven Eigenschaften ich mitbringe. Ich bleibe meinem Wert treu. Seitdem ich selbstständig bin, verhandle ich häufig Entschädigungen und Konditionen. Wenn ich in beruflichen Verhandlungen etwas möchte, dann muss ich aufzeigen, warum ich es wert bin.
- Früher nervte mich das Sprichwort «Reden ist Silber, Schweigen ist Gold». Ich dachte mir: Wenn ich zu viel rede, dann sags mir bitte direkt. Vor Kurzem habe ich erst realisiert, was damit gemeint sein könnte. Reden ist wichtig, aber im richtigen Moment Zuhören und die passenden Fragen Stellen hat mich schon an Orte katapultiert, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich da mal hinkomme. Und ich bin der Überzeugung, dass wir von jedem Menschen lernen können.
- Pausen machen ist feministisch.
- Wenn ich Angst vor etwas habe, dann überlege ich mir: Was ist das Schlimmste, das passieren könnte? In den meisten Fällen ist es gar nicht so schlimm.
- Ich lasse mich nicht entmutigen von den alltäglichen Rückschlägen. Ich stehe wieder auf, richte die Krone – kann auch eine Cap oder eine Beanie sein – und gehe weiter. Ich bleibe hartnäckig und freundlich und gebe nicht auf.
- Ich bin laut und mache mich stark für das, was mir wichtig ist. An alle jungen Frauen und an alle, die es hören sollen: Die Zukunft braucht uns.
- Ich lerne jeden Tag dazu. Neugierig zu bleiben und die Welt mit anderen Augen zu sehen, finde ich wertvoll. Am deutlichsten werde ich mir dessen bewusst, wenn ich Zeit mit Kindern verbringe, da sie eine eigene Sicht auf Dinge haben.