Stefan Büsser ist seit Anfang Jahr der Host der SRF Comedy-Show «Late Night Switzerland». Mit ellexx hat er schon einige Zeit vor diesem Karrieresprung gesprochen. In den Männerfragen redet er über Torschlusspanik, Dad Noises und seine erdbeerblonden Haare.
Wir fragen Männer, was sonst nur Frauen gefragt werden. Wir wollen damit einen Dialog über Stereotypen in Gang setzen, zum Nachdenken und Schmunzeln anregen, aber auch Toxizität entlarven. Wir wollen auch Männer auf der Plattform ansprechen und zu unseren Botschaftern machen.
Du bist bald 40, warum bist du noch nicht unter der Haube?
Ich hatte ja einmal einen Versuch unternommen. Dieser ist aber öffentlichkeitswirksam gescheitert. Daher würde ich beim nächsten Mal auf eine solche Ankündigung verzichten. Und nur noch eine Vollzugsmeldung nachsenden. Mann lernt aus Fehlern.
Aber hast du nicht langsam Torschluss-Panik?
Das mit den Goals schiessen funktioniert eigentlich noch ganz gut (grinst)... Jetzt fragst du mich bestimmt als Nächstes: aber tickt deine biologische Uhr?
Spielverderber, ja, genau das wollte ich dich fragen. Du bist der erste Mann, welcher die nächste Frage erraten hat. Also wie tickt sie denn nun?
Na ja, sie tickt, sie zeigt sich aber eher in körperlichen Schmerzen. Da ertönen plötzlich Geräusche, wenn ich mich setze. Diese berühmt berüchtigten «Dad Noises». Wenn ich beispielsweise ins Auto steige: Uff und Knacks und Argh. Das ist eher ein Thema als die Fortpflanzung.
Und nachts?
Was? Die Fortpflanzung?
Nein, diese Dad Noises…
Nein, während der Nacht habe ich noch kein negatives Feedback von externer Stelle erhalten.
Aber du willst doch bestimmt Kinder haben?
Ich hatte nie einen ausgeprägten Kinderwunsch. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich mit dem Wissen aufgewachsen bin, dass meine Lebenserwartung begrenzt ist. Krankheit und Kinder das verträgt sich wohl nicht gut. Mittlerweile ist meine Lungenkrankheit, die zystische Fibrose, besser medikamentös behandelbar. Und seltsamerweise sind Kinder, je älter ich werde, umso mehr ein Thema.
Also doch die biologische Uhr… dann könntest du deine soziale Ader ausleben?
Habe ich diese? Das ist eine Unterstellung.
Dieses liebsorgende Care-Wesen, das haben doch alle Männer?
Hm, im besten Fall habe ich das gesamtgesellschaftlich. Ich habe Empathie für alle – für Tiere noch mehr als für Menschen. Ich habe einen Hund. Tiere sind die besseren Menschen. Im Fall von Foxie sowieso.
Aha, das ist dieser typische Männerhund, dieser Zwergspitz!
Du wirst es nicht glauben, aber wegen Foxie werde ich regelmässig Opfer von Sexismus. Schon mehrere Journatlistinnen haben gefragt, ob ich mich denn nicht unmännlich fühle mit so einem Frauenhund! Foxie ist the best Wingwoman ever! Ich spreche auch viel mit ihr.
Klingt nach Einweg-Kommunikation?
Ja wie ein Facebook-Beitrag ohne Kommentarfunktion. So kommunikativ ich in der Öffentlichkeit bin, so ruhig bin ich im Privaten.
Männer sind ja natürlicherweise besser bei der Auswahl und Organisation von Geschenken. Was schenkst du all deinen Liebsten zu Weihnachten?
Ich habe noch keine Geschenke. Ich weiss nicht mal, was ich meinem Hund schenken soll, geschweige denn meiner Mutter. Aber es ist nicht nur das. Es gibt Vieles, was mich überfordert.
Genau, du fragst dich bestimmt ständig, ob Du das alles kannst?
Ja. Ich bin in wahnsinnig Vielem sehr durchschnittlich. Ich kann das aber gut überspielen, man merkt mir das nicht an. Auch auf der Bühne nicht. Wenn das Publikum jeweils wüsste, wie es in mir aussieht.
Dann hat dich die Kritik an den Quotenmänner getroffen?
Ja, es hat mir kurzzeitig auch ein wenig die Freude genommen. Es gab viele Anfeindungen und Kritik von Feministinnen. Es ist doch schade, dass man aus Reflex kritisiert, wenn drei Männer einen Podcast machen. Man muss doch fair bleiben. Die Zahlen zeigen es: SRF hat viel mehr Sendungen mit Frauen oder die von Frauen gemacht werden. Auch unsere Podcast-Chefin war eine Frau, Susanne Witzig. Die Kritik ist in diesem Fall also auch inhaltlich falsch. Ich bin komplett auf der Seite der Gleichstellung und trotzdem ist es gefühlt nie genug. Die Debatte hat zum Teil jegliches Konstruktive verloren und wird teils sehr extrem geführt. Wenn es extrem wird, wird es grusig.
Mal eine ernsthafte Frage, können Männer überhaupt lustig sein?
Ich kenne jedenfalls viele, die es nicht sind. Aber sie hatten trotzdem den Mut, auf die Bühne zu gehen. Es braucht Mut dazu. Es ist nie eine Bühnenkarriere im Publikum entstanden. Aber ja, viele Männer haben eine überhöhte Selbsteinschätzung. Das ist ein Problem von Bühnenkünstlern. Sie sind einfach noch nicht gut oder es mangelt ihnen an Erfahrung. Nimm mich als Beispiel. Mein erstes Programm war ein kompletter Reinfall. Ich hatte den Grössenwahn. Das war dumm, aber der Lerneffekt war gross. Es hat mich auf den Boden der Tatsachen gebracht und mittlerweile bin ich viel selbstreflektierter.
Nerven dich Altherrenwitze?
Ich finde Klischeewitze grundsätzlich öde. Leider funktionieren sie aber sehr gut. Ich versuche, sie zu vermeiden.
Du als Moralapostelin? Was ist dein Lieblings-Frauenwitz?
Ich mach doch keine Witze auf Kosten der Frauen. Die besten Witze gehen immer auf Kosten von einem selbst. Meine Programme sind voller Selbstironie. Ich habe gar meine Zeit im Spital humoristisch aufbereitet. Was ist denn dein Lieblings-Männerwitz?
Wie nennt man einen Mann, der 90 Prozent seiner Intelligenz verloren hat? –
Verheiratet?
Nein, Wittwer!! Mann, Büssi, mit dir sind die #Männerfragen nicht lustig.
Also, mir gefällt dieser Witz. Aus der Mitte der Gesellschaft sollen die Witze doch kommen.
Okay, hattest du nie so Geissbock-Kriege unter Männern im Beruf?
(Lacht laut heraus…) Ja, ich habe die Herleitung verstanden, Zickenkriege, gibt es das? Ich suche gerade auch ein Synonym für Stutenbissigkeit? Hengstbissigkeit? Warum gibt es diese Begriffe nicht auch für Männer?
Ja, auch wir fordern die Frauschaft über die Worte Hennen- und Gockelinnenkampf, aber du weichst aus.
Tja, der Vorteil einer Solo-Karriere ist ja, dass du alleine bist und nicht andere ausschalten musst.
Von wem wurdest Du gefördert?
Ausschliesslich von Männern, abgesehen von meiner Mutter. Zufrieden? Ich hatte tatsächlich im Leben sehr sehr wenige Chefinnen. Schade, denn die wenigen, die ich hatte, schätzte ich als sensiblere und kommunikativere Menschen. Viele männliche Chefs waren so obrigkeitsgläubig. Dieses Autoritäre, dafür bin ich gar nicht empfänglich.
Wie führst Du selbst?
Gar nicht. Ausser an der Leine. Ich bin CEO meiner eigenen GmbH. Ich habe natürlich ein Team, das mit mir und für mich arbeitet. “Du bist zu nett”, “du verlangst zu wenig”, das ist das Feedback, das ich erhalte. Damit kann ich leben. Ich bin ein feinfühliger Mensch und stehe dazu.
Deswegen bist du sicher auch in Psychotherapie wie viele Männer?
Ja, ich hole mir seit Jahren auch extern Hilfe, um zu reflektieren. Es ist einfacher, wenn ein externer Mensch einem den Spiegel vorhält. Ich will mich privat als Mensch zeitlebens weiterentwickeln.
Ist das am Jungsabend auch ein Thema?
Ich habe das Glück, in einem Umfeld zu sein, in dem die toxische Männlichkeit kein Thema ist. Psychotherapie machen einige. Es ist aber kein primäres Thema.
Ihr tauscht euch mehr über Beauty-Tips, Kleidertrends oder Kinder aus?
(Schüttelt enerviert den Kopf…) Wir sprechen viel über Berufliches, ich habe auch einen speziellen Job, der nicht 9 to 5 ist. Wir sind in der Branche sehr verbandelt. Da werden Austritte, Eintritte und dergleichen kommentiert. Der Job ist in diesem Alter der grösste Lebensinhalt für jene ohne Familie.
Kennst Du Lohnungleichheit?
Ja, ich habe Events moderiert, an denen Ex-Missen mehr verdient haben als ich. Das ist der umgekehrte Sexismus. Frauen haben durch ihr Äusseres durchaus Vorteile und da hatte ich optisch einfach keine Chancen.
Du könntest ja auch mal auf Talent und Qualität setzen?
(Zieht nur vielsagend die Augenbrauen hoch.)
Ernsthaft, wie hat dein gutes Aussehen deine Karriere beeinflusst, diese erdbeerblonden Haare…
(Kichert… ) Zugegeben, ich lasse mich vom achtfachen Weltmeister-Coiffeur Martin Dürrenmatt frisieren. Er langweilt sich mit mir und meinem 0815-Schnitt zu Tode.
Aber achtest du wenigstens auf deinen Look. Auf was achtest du beim Styling?
Gute Frage, ich bin da immer ein wenig im Wandel. Privat am liebsten im Trainingsanzug - spätestens seit der Pandemie. Ich schäme mich auch nicht mehr, in Jogginghosen mit dem Hund laufen zu gehen. Wenn ich es mir recht überlege, dann kennen mich die Nachbarn nur im Schlabberlook. Bei Anzügen bin ich ambivalent. Ich fühle mich als würde ich “Verkleiderlis” spielen und umgekehrt denke ich: Wow, sieht schon verdammt gut aus. Aber mir fehlt definitiv das Auge dafür, und ich habe es gern bequem.
Du kokettierst.
Nein, mit mir würde nie ein NZZ-Style-Redaktor sprechen. Aus Gründen… ich bin einfach realistisch. Man stellt sich mich grundsätzlich spannender vor als ich es wirklich bin.
Nein. Du bist spannender als ich mir dich vorgestellt habe. Danke für das Gespräch.