Das Bezirksgericht Meilen hat nun in drei Punkten Sexismus bzw. Persönlichkeitsverletzung in der Berichterstattung anerkannt, die vorsorglichen Massnahmen bestätigt und uns damit recht gegeben.
Das Gericht hat befunden, dass Aussagen wie
- «Das Seite-3-Girl des Finanzjournalismus»,
- «Sie … ist eine Feuerwerksrakete … und dann macht es nur noch Bumm» oder
- «keine Rakete, eher ein Frauenfurz»
persönlichkeitsverletzend sind.
Das ist ein Erfolg für uns Frauen und für alle, die sich gegen Ungleichbehandlung einsetzen.
Gemeinsam für den Wandel
Frauen demonstrieren täglich gegen Sexismus: von zu Hause aus, am Laptop, am Smartphone, und ihre machtvollsten Parolen sind heute oft Hashtags. Spätestens #MeToo hat auch die Schweiz verändert und Sexismus sichtbar gemacht: Unter dem Hashtag brach Mitte Oktober 2017 eine Welle auf Social Media los; Betroffene erzählten von ihren Erfahrungen mit sexualisierten Übergriffen im Privat- und Berufsleben. Schon ein Jahr zuvor machte in der Schweiz der #SchweizerAufschrei die Runde. Der Frauenstreik 2019 war legendär, Hunderttausende Frauen und Verbündete gingen auf die Strasse.
Alle diese Schritte veränderten auch den Diskurs darüber, wie wir Journalist:innen berichten. Welche Worte wir verwenden und welchen Fokus wir setzen, wen wir als Experten – oder eben als Expertin – befragen. Trotzdem besteht noch grosser Nachholbedarf, und das wird immer wieder empirisch belegt. 2021 veröffentlichte die Universität Zürich eine Studie, die zeigt, dass Frauen in den Medien noch immer unterrepräsentiert sind. Wie Vieles in der Schweiz brauchen auch feministische Veränderungen Zeit. Und oft braucht es schier endlose Geduld und beständiges Engagement von Betroffenen. Auch 2022 werden Sportlerinnen, Politikerinnen, Geschäftsfrauen, aber auch Frauen, die nicht im Rampenlicht stehen, noch auf ihr Äusseres reduziert. Und nicht selten werden die Grenzen des guten Geschmacks überschritten.
Es ist klar: Wir haben ein Seximusproblem. Und wir haben genug. Journalistinnen sind davon doppelt betroffen: Wir werden einerseits als Frauen in der Gesellschaft diskriminiert und andererseits bei unserer Arbeit belästigt. Es ist wichtig, darüber zu schreiben, und Hashtags können helfen, auf verkrustete Strukturen aufmerksam zu machen. Aber das allein reicht nicht. Damit sich wirklich etwas ändert, muss in manchen Fällen ein Gericht darüber entscheiden.
Jede Frau soll sich wehren können
Sich gegen sexistische Berichterstattung wehren zu können, ist ein Privileg: Man braucht einen langen Atem, viele Nerven und unglaubliche emotionale Ressourcen – und nicht selten viel Geld. «Ein Gerichtsverfahren kann schnell teuer werden», sagt Patrizia Laeri, CEO von elleXX: «Wir waren mit mehreren 10’000 Franken Prozesskosten konfrontiert. Das hätten wir uns ohne die eigene Rechtschutzversicherung elleXX Justis nicht leisten können.» Die Medienunternehmerin führt weiter aus: «Es ist wohl Ironie des Schicksals: Meine Co-Founderin Nadine Jürgensen hat als Rechtsanwältin immer darauf gedrängt, dass wir mit elleXX eine Rechtsschutz-Lösung anbieten, die Fälle wie Sexismus, Mobbing und vieles mehr abdeckt. Ich habe das eigene Produkt als Kundin erworben und war deshalb abgesichert. Ich hätte aber niemals damit gerechnet, dass ich elleXX Justis bereits wenige Wochen nach unserem Launch selbst benötigen würde.»
Für den gesellschaftlichen Wandel sind genau solche teuren rechtlichen Schritte wichtig. Wenn Gerichte sexistische Berichterstattung als solche anerkennen, zeigt es eines: Frauenverachtende Berichterstattung ist kein Kavaliersdelikt.
Die Ärztin Natalie Urwyler war dagegen nicht abgesichert und hat bis heute Prozesskosten von 430’000 Franken auf sich genommen. Pionierinnen wie sie und elleXX können Frauen hoffentlich helfen, sich künftig einfacher gegen Lohndiskriminierung und Sexismus zu wehren.