Gianni Wyler ist dreifacher Vater und Moderator bei blue Sport. In den Männerfragen spricht er über seine Hyaluron-Creme und Hass im Netz – und er verrät, welche Frauen ihn gefördert haben.
Wir fragen Männer, was sonst nur Frauen gefragt werden. Wir wollen damit einen Dialog über Stereotypen in Gang setzen, zum Nachdenken und Schmunzeln anregen, aber auch Toxizität entlarven.
Wir starten mit dem Elefanten im Raum: Wie bist du in dieser Frauenwelt gelandet, in der du dich bewegst?
(Schmunzelt und überlegt.) Also ich habe eine sehr enge Beziehung zu meinem Mami. Zudem habe ich zwei Schwestern, eine Tochter und eine liebenswerte Frau. Ich habe also viele Berührungspunkte mit Frauen, die mein Leben bereichern.
Das freut mich für dich. Was ich aber meinte, war: Wie bist du in dieser von Frauen dominierten Sport- und Fussballwelt gelandet?
(Lacht.) Ach so. Das ist leider nicht so – der Sport ist nach wie vor sehr männerdominiert. Ich fände es schön, wenn Frauen prominenter vertreten wären. Beruflich beschränken sich meine Berührungspunkte also leider auf Medienchefinnen und Produzentinnen.
Das stelle ich mir schwierig vor. Sag mal, bist du bei blue Sport als Moderator einfach das hübsche Aushängeschild für die Einschaltquoten?
Schön wär’s! Ich habe leider eher ein Radiogesicht.
Ach komm schon.
Doch, doch. Bei mir braucht es immer etwas Vorarbeit. Meine Augenringe lassen es nicht zu, dass ich ins Studio gehe, vor die Kamera stehe und loslege (kommt mit den Augen nahe an die Kamera). Siehst du, hier braucht es viel Unterstützung vor der Sendung.
Woher kommen diese Augenringe? Von schlaflosen Nächten mit deinen Kindern?
Auch. Aber das meiste ist genetisch. Meine Mutter, meine Schwester und meine Tochter haben das Problem auch. Ich bin darum echt dankbar, dass es Menschen gibt, die wissen, wie man es schafft, ein Radiogesicht fernsehtauglicher zu machen.
Herzig, wie bescheiden du bist. Wie ist es denn so auf der fachlichen Ebene? Nehmen dich deine Kolleginnen da ernst?
Glücklicherweise ja. Ich habe eine sehr saloppe Sprache – auch im Fernsehen. Das könnte schon hin und wieder dazu führen, dass manche finden, ich sei lustig, hätte aber keine Ahnung von der Sache. Trotzdem nehmen mich die meisten ernst.
Interessant, Humor ist ja nicht so Männersache. Aber hey, wer weiss, vielleicht bist du die grosse Ausnahme …
Wer weiss. Vielleicht kommt da ja meine weibliche Seite zum Zug, oder vielleicht habe auch nur ich das Gefühl, ich sei lustig.
Wie oft musstest du zum Beweis deiner Fähigkeiten schon die Abseits-Regel erklären?
Phu, schon ein paar Mal. Das ist aber total unabhängig vom Geschlecht. Diese Regel kennen viele nicht. Das Gute ist, wenn ich mal unsicher bin oder ein Problem habe, haben wir Schiedsrichterexperten zur Seite, die helfen können. Ich wage aber zu behaupten, dass ich aufgrund meiner Erfahrung die Abseits-Regel erklären könnte.
Willst du’s versuchen?
Es muss beim Abspiel immer noch ein Verteidiger zwischen dem Gegenspieler und dem Torwart sein, damit der angespielte Spieler nicht im Offside steht. Könntest du es denn erklären?
Ich hätte es nicht besser sagen können. Welcher Frau verdankst du eigentlich deine Karriere? Wer hat dein Talent gesehen und dich gefördert?
Meine Frau. Wir sind seit 17 Jahren ein Paar. Als wir zusammenkamen, hatte ich noch nicht so einen Plan vom Leben, und vom Arbeitsleben erst recht nicht. Sie hat mir bei der Berufswahl sehr geholfen. Ich habe beim «Blick» begonnen und habe nach kurzer Zeit zu Teleclub gewechselt. Dort war Annette Fetscherin als Moderatorin und stellvertretende Chefredaktorin an meiner Seite. Sie war erfahren, und ich konnte viel von ihr lernen. Später förderte mich Claudia Lässer. Sie gab mir unter anderem die Möglichkeit, das Champions-League-Finale zu moderieren. Ausserdem waren da zahlreiche Produzentinnen, die darauf geachtet haben, dass mein Radiogesicht so gut wie möglich dargestellt wird in den Sendungen. Da gibt es also jede Menge Frauen, denen ich meine Karriere verdanke.
Wie gehst du so mit dem Hass um, den du abbekommst, nur weil du ein Mann bist, der sich zu Fussball äussert?
Das hält sich zum Glück in Grenzen. Aber natürlich gibt es immer wieder Kritik. Am meisten, wenn meine weibliche Seite zu wenig durchkommt und ich nicht lustig bin, aber das Gefühl habe, ich sei es. Manche finden auch, ich müsste alles über Fussball wissen. Mache ich einen Fehler, wird das auch gleich kommentiert. Und dann bekomme ich immer mal wieder Kommentare zu meinem Aussehen. Ich werde zum Beispiel gefragt: Wie viele Nächte am Stück hast du denn nicht geschlafen? Oder: Warum schiebt sich deine Nase immer wieder ins Bild?
Verletzt dich das?
Ich nehme mir vor allem inhaltliche Kritik zu Herzen. Da schreibe ich auch zurück und versuche manchmal, mich zu rechtfertigen. Kommentare zu meinem Äusseren kann ich ganz gut ausblenden. Vieles davon höre ich seit meiner Kindheit. Das macht mir nichts mehr aus. Und zum Glück ist es nicht so, dass pro Sendung 100 Nachrichten kommen.
Sport ist eine emotionale Sache. Hast du deine Gefühle im Griff?
Ou (wirkt ertappt). Wenn du mein Umfeld fragen würdest, hiesse es wohl, dass ich meine Emotionen nicht immer so gut im Griff habe.
Wirst du hysterisch?
Das nicht. Ich habe eher ein Problem mit der Impulssteuerung. Sagt man Impulssteuerung? Nein, Impulskontrolle. Jedenfalls fällt mir das manchmal schwer. Das betrifft aber eher mein privates Umfeld. Beruflich würden wohl ein paar Kolleginnen und Kollegen sagen, ich sei eine Diva.
Aha, warum das?
Ich habe einen sehr hohen Anspruch an mich und an unsere Sendungen. Da kann ich pingelig und etwas penetrant sein, wenn es um die Gestaltung der Sendung geht. Am Ende sitze ich vor der Kamera. Darum will ich es so haben, wie es für mich passt.
Sehr bossy für einen Mann. Findest du eigentlich, es bräuchte eine Männerquote für Sportsendungen – bei den Moderator:innen und Expert:innen, damit ihr ausreichend vertreten seid?
(Seufzt.) Ja, also eine 50-Prozent-Quote wäre schon okay – auch oder gerade für Frauen. Ich hätte aber auch kein Problem, wenn der Frauenanteil noch höher wäre. Mir ist es völlig egal, wer mir was vermittelt. Hauptsache, ich bekomme alle Informationen.
Bald beginnt die Fussball-Europameisterschaft der Männer. Interessiert dich dieser Nischen-Anlass?
Nicht wirklich (schmunzelt). Solche Grossturniere sind für mich immer eine Möglichkeit, Überstunden abzubauen und Zeit mit der Familie oder mit Freunden zu verbringen. Ich werde mir vermutlich schon das eine oder andere Spiel anschauen. Aber das habe ich schon letztes Jahr bei der Frauen-WM gemacht. Da haben wir in den Ferien in Dänemark als Familie zum Frühstück hin und wieder Fussball geschaut.
Jetzt hast du mich erwischt: Ist das dein Ernst?
Haha, also ernsthaft: Natürlich verfolge ich die EM, und ich freue mich auch auf einige Spiele. Zum Beispiel Schweiz gegen Deutschland, da meine Mutter aus Deutschland kommt und ich beide Länder in mir trage. Aber Turniere wie die EM oder die WM verfolge ich nur in meiner Freizeit. Und sie lassen Zeit für andere Dinge, die während der Fussballsaison der Schweizer Liga zu kurz kommen.
Was sagt deine männliche Intuition: Wer wird Europameister bei den Männern?
Schwierige Frage. Ich hoffe natürlich die Schweiz, bin aber etwas skeptisch. Frankreich ist sicher ein Favorit. Insgeheim hoffe ich, dass Deutschland es schafft, vor allem nachdem es bei der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland knapp nicht gereicht hat.
Bei dir auf LinkedIn steht: Familienvater und Sportmoderator im Vollzeitpensum. Wie geht das zusammen?
(Lacht.) Eigentlich gar nicht. Mein Job findet am Wochenende statt. Das ist organisatorisch nicht einfach. Ich habe meine fixen Tage unter der Woche, an denen ich für die Kinder da bin. Das ist mir wichtig.
Hast du ein schlechtes Gewissen, dass du so viel arbeitest?
Ja, das habe ich. Auch, weil ich merke, dass es mein Umfeld und meine Familie manchmal belastet.
Hilft deine Frau im Haushalt etwas mit?
(Schmunzelt.) Nein, kaum. Sie liegt meistens nur auf dem Sofa rum, trinkt Bier, isst Chips und schaut Fussball. Der ganze Haushalt hängt neben meinem Job auch noch an mir.
Das Los eines Working Dads …
Ganz genau. Aber wir haben uns ja ganz bewusst für drei kleine Kinder entschieden, und damit müssen wir nun klarkommen. Und natürlich hängt nicht alles an mir.
Davon bin ich ausgegangen. Wir kommen noch zur Lieblingsrubrik unserer Interviewpartner: dem Beauty-Talk. Was ist dein Schönheitsgeheimnis?
Ich habe die Schönheit ja nicht mit dem grossen Löffel geschöpft. Darum versuche ich, etwas nachzuhelfen. Ich habe mir eine sehr schöne Tätowierung stechen lassen, in der Hoffnung, dass sie meinen linken Arm aufhübscht. Ich ernähre mich einigermassen gesund. Und ich benutze eine Gesichtscreme mit Hyaluronsäure. Das ist ganz wichtig bei Augenringen.
Das interessiert mich jetzt, weil ich das Problem mit den Augenringen auch habe: Nützt Hyaluron da wirklich?
Begrenzt (lacht). Es ist eher eine Creme für die Psyche als fürs Gesicht. Ich fühle mich einfach gut, wenn ich sie auftrage. Sie kühlt und ist sehr angenehm.
Was ist dein Signature Look – privat und vor der Kamera?
Vor der Kamera kleide ich mich gerne schön mit Hemd und Blazer. Privat mag ich es auch ganz bequem. Da gibt es Tage wie heute, an denen bleibt die Gesichtscreme im Schrank, und ich gehe ungeschminkt und in Trainerhosen einkaufen und fühle mich wohl dabei.
Wir sind durch. Wie wars?
Sehr gut. Man muss sich schon etwas an die Fragen gewöhnen, aber es hat Spass gemacht.
Mir auch. Danke für das Gespräch.