Ich gebe zu: Ich bin wirklich eine unsägliche Korinthenkackerin. Ich mag es, recht zu haben, und bilde mir ein, dass das auch ziemlich oft der Fall ist. Natürlich nicht bei jedem Thema – allwissend bin nicht mal ich! –, aber immer dann, wenn es um Worte geht. Ich mag Worte nämlich sehr und kann richtig gut mit ihnen umgehen. Alles andere wäre ja auch seltsam, schliesslich verdiene ich meine Brötli mit ihnen.
Nun ist es ja so, dass wir Menschen primär mit Worten kommunizieren, zumindest auf einer oberflächlichen Ebene. Wir malen unseren Chef:innen kein Aquarell, wenn wir mehr Gehalt wollen, und wir spielen unseren Partner:innen kein Ständli auf der Geige, wenn wir finden, sie oder er müsste öfter den Müll rausbringen. Wir reden.
Und in dieser Disziplin fühle ich mich nun eben ganz besonders begabt, was dazu führt, dass ich oft die Sprache anderer Leute kritisiere – gern auch ungefragt. Wenn Menschen im Gespräch mit mir Dinge falsch benennen, Fremdworte falsch aussprechen oder Konfusionen in Sprichwörtern veranstalten, dann kann ich einfach nicht anders, als auf diese Fehler hinzuweisen. Letzthin sagte zum Beispiel jemand zu mir, ich solle nicht die Flinte mit dem Bad ausleeren. Ich mein, Sie, sorry, aber ähm!
Das ist mühsam, ich weiss. Ich verstehe das, und würde mich auch ab und zu über mich aufregen, wenn ich mit mir reden müsste. Ich entschuldige mich darum hiermit in aller Form bei allen Menschen, die ich in meinem Leben jemals mit meiner Klugscheisserei über Worte und deren korrekte Verwendung genervt habe.
Trotzdem: Ich bin keine Mansplainerin! Und zwar aus folgendem Grund:
Ich bin eine Frau, und Frauen können nicht mansplainen. Wenn, dann würde ich womansplainen – und sowas gibt es nicht. Punkt. Damit meine ich nicht, dass Frauen nicht genauso rechthaberisch, kleinkariert und besserwisserisch sein können wie Männer, im Gegenteil! Ich gebe ja bereitwillig zu, dass ich so bin und dass mir sehr bewusst ist, dass dies nicht meine besten Eigenschaften sind.
Aber: Der Begriff Mansplaining beschreibt eine Form von strukturellem Sexismus in der Kommunikation. Und Sexismus gegen Männer gibt es nunmal nicht.
An dieser Stelle werden nun gewisse Leser empört aufschreien und behaupten, dass Männer durchaus Opfer von Sexismus werden können. Und das stimmt! Aber sie werden eben nicht Opfer von Sexismus gegen Männer, sondern von Sexismus gegen Frauen.
Ein einfaches Beispiel ist die gesellschaftliche Vorstellung, dass richtige Männer niemals weinen. Ein Stereotyp, das Generationen von Männern in stummes Leid getrieben hat und dringend aufgehoben gehört. Jüngstes Beispiel: Die ewiggestrige Diskussion darüber, ob Männer sich in der Öffentlichkeit so emotional zeigen dürfen, wie dies Nadal und Federer nach Rogers letztem Match am Laver Cup getan haben.
Woher kommen Diskussionen wie diese? Von der Idee, dass der Ausdruck von Gefühlen weiblich («du Susi brüelsch ja scho wieder!») und darum letztlich minderwertig ist.
Gecheckt? Gut.
Genauso verhält es sich nun auch in Bezug auf den Begriff Mansplaining. Höchste Zeit, ihn kurz zu definieren.
Das renommierte Wörterbuch «Merriam-Webster’s Collegiate Dictionary» definiert Mansplaining folgendermassen: Mansplaining is, at its core, a very specific thing. It's what occurs when a man talks condescendingly to someone (especially a woman) about something he has incomplete knowledge of, with the mistaken assumption that he knows more about it than the person he's talking to does.
Auf Deutsch: Mansplaining ist im Kern eine sehr spezifische Sache. Es ist das, was passiert, wenn ein Mann herablassend mit jemandem (insbesondere einer Frau) über etwas spricht, von dem er nur unzureichende Kenntnisse hat, in der irrigen Annahme, dass er mehr darüber weiss als sein Gegenüber.
Den Begriff geprägt hat die US-amerikanische Schriftstellerin, Journalistin, Essayistin und Kulturhistorikerin Rebecca Solnit. In ihrem 2008 erschienen Essay «Men Explain Things to Me; Facts Didn’t Get in Their Way» erzählt sie eine Anekdote aus ihrem Leben, die zwar irgendwie witzig ist, uns Frauen aber trotzdem beinahe zum Heulen bringt: Wir müssen nämlich ständig genau diese Art von Respektlosigkeiten über uns ergehen lassen.
Die Geschichte geht so: Rebecca Solnit besucht eines schönen Abends eine Party. Beim Smalltalk mit dem Gastgeber – einem älteren, wohlhabenden Herrn – erwähnt sie, dass sie Bücher schreibt. Sie will ihm von ihrem soeben erschienenen Buch über den britischen Fotografen Eadweard Muybridge erzählen. Bevor sie dazu kam, unterbrach der Herr sie, um zu fragen, ob sie denn schon dieses extrem wichtige Buch über den britischen Fotografen Eadweard Muybridge gelesen habe, das soeben veröffentlicht worden sei, und erging sich daraufhin minutenlang in einer (fehlerhaften) Erörterung des Inhalts. Die mehrfachen Versuche Solnits ihm zu sagen, dass sie die Autorin dieses Werks sei, ignorierte er völlig. Später stellte sich heraus, dass er das Buch gar nicht gelesen hatte, sondern nur eine Rezension darüber.
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