Euch Männern sagt man nach, ihr seid nicht sehr entscheidungsfreudig, und als männlicher CEO bist du nach wie vor in der Unterzahl, gerade im Getränke- und Alkohol-Business. Wie fühlt sich das an für dich ?
Es fühlt sich sportlich an, würde ich sagen. Es gibt meiner Meinung nach keine richtigen oder falschen Entscheidungen, es gibt eigentlich nur getroffene und nicht getroffene Entscheidungen. Ob sie richtig oder falsch waren, weiss man üblicherweise erst im Nachhinein. Mit Alpdrinks auch alkoholfreie Alternativen anzubieten, fühlt sich aber sehr richtig an.
Verunsichern dich die vielen Frauen um dich herum denn gar nicht?
Haha, nein!
Sehr selbstbewusst für einen Mann. Und mutig, dass ihr alkoholfreie Getränke auf den Markt bringt. Aber echte Männer trinken Alkohol, oder?
Das würde ich spontan ganz, ganz stark verneinen. Klar, wir alle kennen das Bild eines coolen Mannes in Jeans mit einem Glas Whiskey in der Hand. Das wird es auch weiter noch geben, aber das Thema Alkoholkonsum wird sich in Zukunft stark verändern, davon bin ich überzeugt – auch, wenn man momentan noch fallweise belächelt wird.
Wer belächelt? Die Winzerinnen, die Kundinnen oder die Investorinnen?
Es gibt sicherlich noch immer den einen oder anderen Gastronomen oder auch Winzer, der das Gefühl hat, alkoholfreier Wein ist kein richtiger Wein. Aber man stellt tatsächlich einen Trend dahingehend fest, dass auch junge Menschen weniger oder keinen Alkohol trinken. Man kann es mit einer Speisekarte von früher vergleichen, wo es noch keine vegetarischen Speisen gab. Bald wird es keine Getränkekarte mehr ohne alkoholfreien Wein geben.
Was denkst du, worauf gründet dieser Trend?
Ich glaube, das hat viel mit Gesundheitsbewusstsein zu tun. Aber es geht ja nicht bloss um einen Trend, es gibt auch einfach viele Menschen, die per se keinen Alkohol trinken wollen oder können: Schwangere Frauen, Sportler:innen, Gesundheitsbewusste oder Leute, die abends jeweils noch Auto fahren müssen. Und da kommen wir ins Spiel.
Ist eure Kundschaft eher weiblich oder männlich?
Da hält sich die Waage.
Wie viel trinkst du selbst?
Ich trinke eher selten Alkohol. Wenn, dann vor allem im Business-Umfeld. Ich würde mich selbst als Gelegenheitstrinker bezeichnen.
Aber jetzt mal Hand aufs Herz: Männer trinken doch vor allem, damit sie über ihre Gefühle sprechen können.
Haha, das ist ja ein weit verbreitetes Klischee. Vielleicht trifft es auf manche Männern zu, dass sie trinken, um sich verletzlich zu zeigen. Bei mir selber ist das aber nicht der Fall, ich kann auch ohne Alkohol gut über meine Gefühle sprechen. Übrigens: Wir haben in Fallstudien festgestellt, dass sich Menschen, die alkoholfreien Wein trinken, trotzdem irgendwann betrunken fühlen. Einfach, weil einem der Körper signalisiert, dass man Wein, also Alkohol, trinkt.
Also könnten Männer theoretisch tatsächlich ohne Alkohol über Gefühle sprechen – ohne es zu merken. Plot twist! Du bleibst aber sicher beim gespritzten Weisswein oder sonst einem Softie-Getränk, oder?
Ich trinke tatsächlich gerne Wodka-Redbull. Oder Bacardi Orange. Und ab und zu auch gerne einen Radler.
Und wenn du deine Produkte kritischen weiblichen CEOs verkaufen musst, mit welchem Outfit überzeugst du?
Ein dunkler Anzug mit weissem Hemd und weissen Sneakers ist immer eine gute Idee. Mir ist es wichtig, dass ich so auftrete, dass ich mich wohlfühle und unsere Produkte gut repräsentieren kann, das hängt irgendwie zusammen. Das Auge isst ja bekanntlich mit, und Kleider machen Leute. Ein Premium-Produkt verkaufen und in Lumpen daherkommen, passt doch nicht ganz zusammen, oder?
Wolltest du eigentlich immer CEO werden?
Nein, gar nicht. Solche Titel bedeuten mir nichts, sie kommen aber irgendwann mit dem nächsten Karriereschritt. Mir ist es wichtig, dass ich bei meiner Arbeit gestalten und etwas Spannendes kreieren kann.
Und wie vereinbarst du Karriere und Familie?
Ich habe eine Frau und drei Kinder, und es ist mir sehr wichtig, dass ich genug Zeit mit ihnen verbringen kann. Und ich bin froh, dass mir das auch gelingt.
Deine Frau findet es sicher cool, dass ihr Mann sich neben der Familie noch eine eigene Karriere aufbaut, oder?
Hmm, ich glaube, so cool ist das nicht immer. Wenn man Kinder hat und jemand von beiden viel arbeitet, bedeutet das für die Person, die daheim bleibt, öfter Verzicht und Entbehrung. Das haben wir natürlich zusammen abgesprochen, aber ich muss schon sagen: Ohne meine Frau und ihre Unterstützung wäre meine Berufslaufbahn so nicht möglich.
Und wie teilt ihr die unbezahlte Arbeit untereinander auf?
Wir wohnen in einem Einfamilienhaus mit Garten – es gibt also viel zu tun. Heute, wo die Kinder älter sind, geht das einfacher. Als Babys waren sie natürlich noch mehr auf die Mutter angewiesen, so blieb ein grosser Teil der Hausarbeit an der anderen Person hängen. Aber wir geben unser Bestes, das alles gut aufzuteilen. Da ich aufgrund meiner Arbeit aber viel unterwegs bin, gibt es sicherlich noch Optimierungsbedarf (lächelt).