Du hast 27 Semester Philosophie studiert. Wie ist das passiert?
Das hat mit verschiedenen Umständen zu tun. Ich habe nebenbei immer gearbeitet. Und schon damals habe ich viel Theater gespielt. Das wurde immer intensiver und aufwendiger. Aber ein Studium von dieser Länge ist natürlich nicht sinnvoll, und ich würde es auch niemandem empfehlen.
Hast du dich für ein Philosophiestudium entschlossen, weil du es nicht gut mit harten Fakten und Zahlen kannst?
Mit Hard Facts kann ich es sehr gut. Mit Zahlen und Statistiken hingegen gar nicht. Alle Sozialwissenschaften waren deshalb nur schon wegen der Statistik nichts für mich. Wenn man Publizistik studiert, muss man auch einen Statistikkurs belegen, das hat mir schon komplett abgelöscht. Medizin kam wegen den Zahlen auch nicht in Frage. Ich kann also sagen: Ich bin bis auf die Knochen ein «Phil-Einer» – mich interessiert nur das Wort.
Man findet über dich kaum Privates im Internet. Gelingt es dir also, Arbeit und Privates perfekt zu trennen?
Das würde ich nicht sagen, ich habe zum Beispiel mein Büro zu Hause. Da habe ich manchmal Mühe, mich vom Computer zu trennen. Generell halte ich viel von der Trennung zwischen privat und öffentlich. Es gibt Witze, die ich öffentlich nie machen würde, privat aber sehr wohl. Die sind manchmal unter jeder Kanone – aber ich weiss ganz genau, wie sie bei den Personen ankommen. Darüber hinaus finde ich mein Privatleben nicht interessanter als das von anderen Leuten. Ich bin kein Spezialist in Sachen Beziehung, Liebe, Herzschmerz und dergleichen.
Du hast uns vor diesem Interview geschrieben, dass du am Nachmittag die Blusen deiner Frau bügeln musst. Gibt es diese Frau wirklich?
Ja, es gibt eine Frau. Aber sie hat keine Blusen und ich bügle diese auch nicht. Kann man Blusen überhaupt bügeln? Ich bügle meine Bühnenhemden für viele Shows selbst. Das soll nicht Aufgabe meiner Partnerin sein. Mittlerweile bin ich darin sogar besser als sie. Also besser vielleicht nicht, aber schneller. Und das zählt, denn es ist eine stupide Arbeit.
Welche weiteren klassischen Hausarbeiten übernimmst du?
Bäder und Böden putze ich. Und die Küche ist mein Gebiet.
Wenn du im Haushalt so viel mithilfst: Wie bringst du dein Berufs- und Privatleben unter einen Hut?
Mässig, und wir haben auch nicht wirklich einen Plan. Luxus ist, keinen Plan zu haben. Das ist wie beim Geldverdienen: Luxus ist für mich, wenn man sich kein Budget machen muss.
Sinnvoll vorsorgen? Aber mit Rendite. Das geht. Wir sind überzeugt, dass ein verantwortungsbewusster Einsatz deines Geldes langfristig Wert schafft, ganz nach unserer Vision «Close the Gaps». Wenn du erwerbstätig bist, kannst du dich mit der elleXX 3a zusätzlich finanziell absichern, langfristig investieren und damit Steuern sparen.
Im Haushalt hängt es von meiner Arbeitslast ab. Da muss man aber aufpassen, nicht in altbekannte Rollenmuster zurückzufallen. Es ist nicht so einfach, dem zu entgehen. Für mich ist es vielleicht etwas einfacher, weil ich in einem Haushalt aufgewachsen bin, wo Männer geputzt haben. Wenn meine Mutter bei der Arbeit war, haben mein Vater, mein Bruder und ich geputzt. Aber man kommt halt aus einem Stall. Der prägt. Man nimmt Bilder mit und muss immer wieder prüfen, ob diese okay sind. Oder ob jemand in eine Rolle gedrängt wird, wie in jedem Familiensystem. Wenn jemand in eine Rolle gedrängt wird, die er sich nicht ausgesucht hat, ist das stets schwierig.
Macht also deine Partnerin am Ende des Tages mehr im Haushalt als du?
(Überlegt lange)
Ich glaube nicht. Aber manchmal besteht diese Gefahr, zum Beispiel weil sie die Wäsche besser macht als ich. Ich habe schon allein gelebt und war alleinerziehend. Ich weiss, wie man einen Haushalt führt, aber ich habe ein bisschen andere Standards. Männer haben manchmal etwas andere Standards als Frauen. Ich kann zum Beispiel gut bügeln, aber T-Shirts falten: Da bin ich einfach eine Flasche. Und wenn das jemand besser kann als ich, sieht es schöner aus. Dafür koche ich besser.
Wurdest du schon in eine Rolle gedrängt?
Ja, schon mehrmals.
Zum Beispiel?
«Männer machen nichts im Haushalt»: In diese Rolle wurde ich schon gedrängt. Zu unrecht, wenn man das mit der Stoppuhr gemessen hätte. Aber wenn man in der Beziehung mit der Stoppuhr misst, dann ist es sowieso zu spät für einen Paartherapeuten. Dann kommt es auch vor, dass von einem Mann erwartet wird, dass er mehr verdient. Das war bei meinen Beziehungen nicht immer so.
Du hast also schon weniger verdient als deine Partnerin. War das für dich ein Problem?
Das war mir damals völlig egal.
Deiner Partnerin auch?
Es geht. Aber ich wusste ja, dass das nicht immer so sein wird.
Du hast vorhin gesagt, dass du mal alleinerziehend warst. Du hast also Kinder?
Ich war Stiefvater von einem Buben. Also ich bin es auch jetzt noch, aber dieser Bube ist heute 35 Jahre alt. Wir waren mal ein halbes Jahr nur zu zweit in der Schweiz.
Wie hast du dich als alleinerziehender Vater damals gefühlt unter den Müttern?
Jeder hat gesagt: Wow, so toll, wie du das machst. Dann überlegst du dir natürlich, dass alleinerziehende Mütter dieses Kompliment nicht erhalten. Ich finde das eine unglaublich schwierige Aufgabe. Bei mir ging das nur, weil dieser Junge und ich uns blendend verstanden und er so unkompliziert war. Aber es gibt Kinder, die schwierige Phasen durchleben und mehr Aufmerksamkeit brauchen als andere. Ich habe deshalb Respekt vor jeder alleinerziehenden Person. Mir zollte man damals viel Respekt für etwas, das bei anderen selbstverständlich ist.
Waren eigene Kinder bei dir aus Karrieregründen kein Thema?
Nein, nicht aus Karrieregründen. Aber die Konstellationen waren nie so, dass es Kinder gegeben hat. Und bei dem ist es geblieben.
Und das ist wirklich okay so für dich?
Das ist wohl eines dieser wenigen Felder, wo ich genderspezifische Unterschiede orte. Bei Männern kommt dieser Kinderwunsch oft in einer anderen Gestalt und auch in einer anderen Kraft daher als bei Frauen. Und natürlich mit weniger Möglichkeiten. Ein Mann kann das nicht erzwingen.
Naja, die biologische Uhr tickt doch etwas anders?
Hm ja, aber irgendwann ist man einfach zu alt. Ich hatte immer Kinder in meinem Leben. Kinder meiner Freunde zum Beispiel. Da bin ich auch «huere» gerne Onkel Mike, der zum Beispiel im Lockdown Nachhilfe in Englisch gibt via Facetime. Ich liebe am Leben alles, was vital ist. Kinder verkörpern dies im höchsten Grad. Auch Theaterprojekte mit Jugendlichen strotzen vor Vitalität.
Du sagst von dir, dass du eine Rampensau bist. Darf man das als Mann überhaupt von sich sagen?
Ja, ich würde schon sagen. Das dürfen auch Frauen von sich sagen in diesem Beruf. Der Ausdruck bezieht sich darauf, dass man die Auseinandersetzung mit dem Publikum sucht. Und diese Konfrontation mit dem Publikum auch mag. Sonst wäre ich im falschen Beruf. Das ist aber nicht das Einzige, was diesen Beruf ausmacht. Es gibt auch einen gewissen Druck, dem man sich zum Beispiel bei einer Probe aussetzt, weil man sich zum Idioten macht vor der Regie. Wo man Dinge ausprobiert, für die man ausgelacht wird.
Wie gehst du damit um, wenn deine Witze beim Publikum nicht ankommen? Kratzt das am Ego?
Nein, nicht am Ego ... Wobei, doch letztendlich kratzt das am Ego. Aber es ist vor allem sehr unangenehm. Man stirbt ein bisschen. Aber es gehört dazu. Alle in meinem Beruf haben das schon erlebt. Bei der Komik ist Erfolg einfach etwas leichter messbar.
Sexismus, Mobbing, Lohnungleichheit am Arbeitsplatz? Absolute No-Gos, dennoch nehmen es viele Frauen hin. Das darf nicht sein. Deshalb ist es höchste Zeit für eine Rechtsschutzversicherung von Frauen für Frauen. Wehr dich.
Du bist oft mit Viktor Giaccobo aufgetreten. Gab es da nie Zickenalarm?
Nein. Aber wir sind zwei Leute, die sich gegenseitig in den Vordergrund spielen und den anderen bedrängen. Wenn man ein Problem mit Eifersucht hat, wäre dieser Job die Hölle. Es gibt viele Duos, die sich zerstreiten. Deshalb habe ich so grossen Respekt vor Duos, die eine ganze Künstlerbiographie gemeinsam erschaffen. Bei Viktor und mir war immer klar, dass wir beide auch eigene Sachen machen. Aber ein Duo muss sich auch ärgern können. Die reine Harmonie ist langweilig. Es ist keine Gemütlichkeitsveranstaltung.
Aber Männer untereinander sind schon oft stutenbissig?
Man muss eine gute Show abliefern am Schluss, nicht besser sein als der andere. Wenn ein Gast oder ein Partner lustiger ist als man selbst oder eine bessere Pointe hat, dann lass es stehen! Das Battle zwischen zwei Männern, das interessiert gar niemanden. Das hat man bei diesen «Schnäbi-Messen»-Veranstaltungen gesehen wie Roger Köppel gegen Roger Schawinski. Jeder will einfach besser sein, da schläft man doch ein.
Warum ist die Comedy-Szene immer noch so frauendominiert?
(Schweigen ... immer noch Schweigen.)
Ist sie frauendominiert? Ah, Moment. Wie antworte ich jetzt gescheit darauf. Jetzt habe ich ein logisches Problem. Du stellst mir eine ironische Frage und ich muss unironisch darauf antworten. Weil Frauen einfach die viel besseren Witze machen.
Können denn Männer überhaupt lustig sein?
Ja, wenn sie sich Mühe geben. Wenn sie ihre innere, zarte Seele entdecken, dann schon.
Warum spielst du selten Frauen auf der Bühne?
Ich spiele Frauen auf der Bühne, aber ehrlich gesagt ist das schwierig geworden.
Warum?
Wenn man heute Frauenfiguren spielt, kommt man schnell in Kritik. Man bedient Rollenklischees und beleidigt die Frauen eigentlich doppelt, weil Männer, die Frauen spielen, meistens doofe Frauen spielen. Es ist immer schrill. Das ist bei mir auch so, wenn ich mal eine Frau spiele. Und das ist ein bisschen heikel geworden.
Gibt es beim Humor Grenzen, und wo sind diese?
Ja, die gibt es. Aber das ist der eigene Geschmack, und der verändert sich. Alle diese Diskussionen rund um Sexismus und Rassismus werden unseren Geschmack verändern. Das ist auch okay so. Aber wenn man vorauseilend versucht, korrekt zu sein, ist das schwach. Komik ist keine exakte Wissenschaft und auch ein bisschen anarchistisch. Sobald es starke Gesetze und Vorschriften gibt, sind sie ein Fall für Komik. Das sieht man bei der Jugendsprache. Sobald man zu viel von Opfern redet, sind sie in der Jugendsprache ein Wort. Der Geschmack soll sich auch nicht jedem Seich anpassen, und man muss auch nicht jeden Trend mitmachen.
Darf man als Mann Witze unter der Gürtellinie machen?
Unbedingt.
Wie eitel bist du?
Am schwächsten ist meine Eitelkeit, wenn ich mit meinem Faserpelz zur Arbeit gehe. Funktionskleider sind einfach schrecklich. Aber wahnsinnig praktisch. Und da ich immer einen Teil meines Arbeitsweges auf dem Fahrrad mache, sind Funktionskleider gut. Aber man müsste sie ästhetisch verbieten, auch die teuren!
Natürlich habe auch ich eine darstellerische Eitelkeit, eine gute Arbeit abzuliefern. Das kann auch heissen, dass ich mich unvorteilhaft gebe, Hauptsache es ist eine gute Performance. Das ist auch eine Form von Eitelkeit. Uuuund: ich brauche Nose Strips!
Nose Strips?
Diese Kaltwachs-Streifen, damit ich mir die Haare auf der Nase ausreissen kann. Je nach Licht sieht man diese. Im Laden habe ich die Dinger mal nicht gefunden, und eine Verkäuferin gefragt. Da hat sie gesagt: «Ah, für Ihre Freundin?» Dann habe ich gesagt: «Ja!» Dann hat sie gesagt: «Ach Frauen!»
(Lacht laut!)
Dein Gewicht ist in Interviews immer wieder Thema. Stresst dich das?
Privat stresst mich mein Gewicht schon, weil es nicht gesund ist. Und ich wäre auf dem Fahrrad schneller mit weniger Gewicht. Aber ich finde es in Interviews einfach kein spannendes Thema. Ich weiss nicht so viel dazu zu sagen.
Und auf der Bühne?
Ein Komiker macht immer Witze über das, was vorhanden ist. Mein Übergewicht ist offensichtlich, wenn ich mit Viktor auf der Bühne stehe. Wenn wir es komplett auslassen würden, wäre es auch wieder ein Thema. Aber klar, nach dem hundertsten Witz über den Bauch ist es nicht mehr lustig. Alle gemachten Witze riechen nicht mehr gut mit der Zeit. Sie verfallen. Witze sollen Überraschungen sein. Das ist auch mit gesellschaftspolitischen Themen so. Heute macht niemand mehr Witze über Deutsche, die nicht gut Schweizerdeutsch können.
Möchtest du uns noch etwas zu elleXX sagen?
Es ist lustig, weil es mir manchmal Positionen von mir aufzeigt, die ich nicht erwartet hätte. Dass ich Haltungen mit mir rumschleppe, wo ich dachte: Ich bin nicht so, nur Spiesser sind so.