Du bist ein wahrer Power-Mann. Obwohl du Kinder hast, führst du ein Unternehmen und bist FDP-Ständerat, wie das?
(lacht, lange Pause). Ja ich gebe es zu: Ich war viel mehr im Geschäft und kaum zuhause. Ich wollte aber immer Kinder. Das war für mich ganz klar.
Wieso wolltest du denn so viele Kinder, wenn du nur arbeitest?
Ich habe mich das gar nie gefragt. Wirklich nicht. Ich selber stamme aus einer siebenköpfigen Grossfamilie. Da war viel los. Ich konnte mir deshalb ein Leben ohne Kinder wohl nie vorstellen. Aber diese Care-Mentalität, Überbehüten und Helicopter-Parenting-Art heutzutage nervt auch ein wenig. Kinder werden schnell selbständig, wenn man sie denn selbständig werden lässt. Ich war zuhause der Zweitjüngste und wir haben schnell auch Verantwortung füreinander übernommen.
Wie bringst du Beruf und Familie unter einen Hut?
Aus deiner Optik mache ich es natürlich nicht gut, aus meiner Optik schon. Also da war eine klare Aufgabenteilung: Ich war für den Fun zuständig, meine Frau für die Erziehung. Ich ging mit ihnen Skifahren. Während der seltenen Momente zuhause wollte ich nicht der böse Vater sein, sondern etwas Schönes mit ihnen unternehmen.
Da war eine klare Aufgabenteilung: Ich war für den Fun zuständig, meine Frau für die Erziehung.
Vereinbarkeit also ein Leichtes?
Im Vorschulalter lässt sich eine Betreuung noch organisieren, aber im Schulalter… vor allem wenn die Kinder Schulprobleme haben, wird das fast unmöglich. Die Schule löst das nicht für dich. Meine Kinder sind Legastheniker. Sie haben das leider von mir geerbt. Und meine Frau hat diese Kinder trotz Schulproblemen durch das Gymnasium gebracht. Sie hat da Unvorstellbares geleistet. Ihre Arbeit ist bei weitem wertvoller als die Arbeit eines Ständerats.
Und trotzdem unbezahlt... Wie war denn deine Schwangerschaft?
(verdutzt, zögert) Also ich hatte keine Schwangerschaftssymptome, wenn du das meinst. Meine Frau hatte nämlich auch keine, da sie bis zur Geburt immer 100 Prozent arbeitete. Ich sage immer, dass es nichts Schlimmeres gibt als schwangere Männer. Da waren wir in diesen Eltern-Kursen und ich habe mich furchtbar über die Männer dort aufgeregt. Die Frauen waren ganz normal. Da sassen dann acht bis neun Pärchen im Kreis. Die Frauen haben sich in etwa so vorgestellt “Hallo, ich bin Sonja, ich bin in der 20. Woche und erwarte mein erstes Kind.” Aber als die Männer sich vorstellten, sprachen die zuerst einmal fünf Minuten lang über sich selbst. Jedes Klischee wurde erfüllt. Furchtbar.
Ich sage immer, dass es nichts Schlimmeres gibt als schwangere Männer. Furchtbar.
Das scheint traumatisch gewesen zu sein?
Ja, und dann wollte mir die Kursleiterin dieses Tuchwickeln beibringen. Da habe ich ihr Tuch aus der Hand genommen und es so gemacht wie es meine Mutter zuhause gemacht hat. Entschuldigung, aber in einer Grossfamilie bekommt man das mit und kann das.
Hattest du als Vater nie ein schlechtes Gewissen, etwas zu verpassen?
Nein.
Hast du schon mal einen Kindergeburtstag verpasst? Und wie hast du dich dabei gefühlt?
Ja. Und ich fühlte mich dabei nicht schlecht. Ich feiere ja auch meinen eigenen Geburtstag nicht. Ausser mal einen runden wie den Sechzigsten. Diese Kindergeburtstage, das kannten wir nicht. Dieser Druck heutzutage, riesige Kindergeburtstage zu veranstalten, das ist doch Gugus. Haben wir nie gemacht. Auch diese aufgebauschte Marketing-Anlässe für Kinder wie Halloween sind übertrieben. Wir haben nur Weihnachten gefeiert. Das war uns wichtig.
Ist dir der Job also wichtiger als die Familie?
Ja sicher. Der Beruf war in der Noser-Familie schon immer das Wichtigste. Mein Vater war Transportunternehmer und war kaum mit uns Kindern zusammen.
Der Beruf ist wichtiger als die Familie. Der Beruf war in der Noser-Familie schon immer das Wichtigste.
Hat dir dein Mannsein beruflich nie Vorteile verschafft?
Nein.
Hm?
Nein. (mit Nachdruck)
Da bleibst du jetzt hart.
Ja.
Wie hast du es denn geschafft, als Mann gewählt zu werden?
(lacht) Hm, ich habe ja den Listenplatz einer schwangeren Kantonsratskandidatin übernommen. Ich war damals gar nicht auf der FDP-Wahlliste. Sie wurde von der Schwangerschaft ihres dritten Kindes überrascht und wollte deshalb keinen Wahlkampf mehr bestreiten und darum wurde ich angefragt, ob ich ihren Listenplatz übernehmen würde. Das habe ich gemacht.
Aber dann hat dir ja dein Mannsein doch Vorteile gebracht?
Okay. So gesehen stimmt das.
Warum trauen sich nicht mehr Männer, in die Politik zu gehen?
Es hat doch genug Männer in der Politik. Also im Ständerat sind wir fast nur Männer.
Aaahhh. Anderes Thema.
Fragst du dich nie, ob du das alles kannst?
Nein.
Wirklich nie?
Nein. Wenn man sich wohl fühlt in seiner Haut, dann ist man so, wie man ist.
Führst du denn mit Gefühl?
Ja, ich würde sagen, dass ich ein sehr emotionaler Mensch bin.
Du wirkst aber sehr rational.
(grinst). Das täuscht. Ja, also wichtig ist im Unternehmen ein Wertekanon. Eine Firma muss ihre eigenen Werte und Kultur entwickeln. Wir leben dies.
Wer etwas weiss, der entscheidet. Wenn es ein Lehrling ist, der es weiss, dann entscheidet der Lehrling.
Das Wissen ist in unserer Firma entscheidend. Wer etwas weiss, der entscheidet. Wenn es ein Lehrling ist, der es weiss, dann entscheidet der Lehrling. Wenn ich es nicht weiss, dann entscheide ich auch nicht. Die Hierarchien in der Wirtschaftswelt sind oft ein Problem. Zu meiner Zeit hiess es ja gar noch, vor allem bei Grossbanken wie der SGB (heute UBS): Wenn du nicht Offizier bist, dann bringst du es nirgendwo hin
Kennst Du Lohnungleichheit?
Also ich habe mich mit 23 zum letzten Mal beworben, dann wurde ich Unternehmer. Ich hätte das im normalen System aber nicht geschafft. Ich habe ein Autoritätsproblem.
Ich habe ein Autoritätsproblem.
Wie hat dein gutes Aussehen deine Karriere beeinflusst?
(lacht herzhaft) Also ich ziehe mich vielleicht gut an, aber ich sehe nicht gut aus. Aber ja, bei den Kleidern bin ich schon eitel. Ich will nichts Uniformiertes haben. Einen dunkelblauen Anzug und weisses Hemd besitze ich eigentlich gar nicht. Gleichzeitig bin ich immer noch regelmässig an Veranstaltungen, da schaue ich in ein Heer von grau-schwarzen Anzugsträgern.
Ich mag Farben und Qualität. Meine Mutter war Damenschneiderin und hat mir ein Gefühl für Stoffe mitgegeben. Ich weiss auch, was Abnäher und Aufnäher sind. Ich habe auch Muster zugeschnitten, Socken gestopft. Und Stricken kann ich übrigens auch.
Ich weiss auch, was Abnäher und Aufnäher sind. Ich habe auch Muster zugeschnitten, Socken gestopft. Und Stricken kann ich übrigens auch.
Da hast du mir definitiv etwas voraus.
Ich habe ganze Pullover gestrickt.
Letztes Thema: Wie gehst du mit Hormonschwankungen um?
(lacht) Gar nicht. Das habe ich nicht. Ich wache eigentlich jeden Morgen mit guter Laune auf. Ich bin ein sonniges Gemüt.
Hast du wirklich nie Stimmungsschwankungen?
Ich sehe mich eben nicht als Objekt, ich sehe mich als Subjekt. Jemand, der sein Leben gestalten kann, der es im Griff hat und deswegen auch bestimmen kann, wie ich mich fühle. Im Eingangsbereich meiner Wohnung hängt ein Bild von Gottfried Honegger. Darauf steht: “Ein Versuch ist immer eine Lösung”. Und daran halte ich mich. Jeder Tag beginnt wieder von Neuem und bietet Chancen.
Da sind wir uns für einmal einig. Danke für das Gespräch!