Montagnachmittag, zwei Tage nachdem Reena Krishnaraja den SRF-G&G-Award als Durchstarterin des Jahres erhalten hat. Reena sitzt mit Kopfhörern und ihrem Handy in einer Sofa-Lounge und strahlt in die Kamera.

Die 22-Jährige ist Comedian und tourt gerade mit ihrem ersten Soloprogramm durch die Schweiz. Dass sie mit ihrer Kunst derart durchstarten würde, hätte die Appenzellerin noch vor wenigen Jahren nicht für möglich gehalten.

Im Money Talk spricht sie über den Wert und die Grenzen von Humor und erzählt, warum ihr Verhältnis zu Geld ambivalent ist.

Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
CashDigital Payment
SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:22
Beruf:Comedian und Teilzeit-Studentin der Sozialwissenschaften in Bern
Einkommen:ca. 40'000 Franken im Jahr
Schulden:keine
Grösster Ausgabeposten:Miete und GA
Vermögen:Sparkonto mit zirka 10'000 Franken

Du hast vor kurzem den G&G-Award als «Durchstarterin national des Jahres» gewonnen. Herzliche Gratulation.

Vielen Dank. Ich realisiere noch gar nicht so richtig, was da passiert ist.

Das kann ich mir vorstellen. Wie war es für dich, diese Auszeichnung zu erhalten?

Ich bin sehr glücklich. Nach dem Sieg habe ich alles etwas heruntergespielt. Ich wollte mich und den Preis nicht zu sehr feiern. Keine Ahnung, warum. Ich gestehe mir erst langsam ein, was für einen tollen Preis ich gewonnen habe. Ich darf wirklich stolz auf mich sein.

Gewinnt man eigentlich auch Geld oder vor allem Fame?

«Nur» Fame. Der Preis ist eine grosse Anerkennung für die geleistete Arbeit.

Was versprichst du dir von diesem Sieg?

Mehr Reichweite, ein grösseres Netzwerk und Schub für meine Karriere. Der Preis hilft, gesehen zu werden. Zudem ist er eine Art Gütesiegel. Wer mich nicht kennt, aber auf der Suche nach jemandem ist, der Comedy macht, denkt sich vielleicht: Sie hat diesen Preis gewonnen, also kann sie vermutlich was. Ich schaue mir ihr Soloprogramm an. Insofern bringt dieser Sieg sicher auch finanzielle Vorteile.

Wie viel verdienst du mit deiner Comedy?

Sie finanziert mein Leben. Das heisst, ich bezahle davon ein WG-Zimmer in der Stadt Bern, meine Studiengebühren – ich studiere aktuell in Teilzeit –, meine alltäglichen Kosten wie Essen, Versicherungen, Handy. Zudem kann ich mir inzwischen ein Management leisten. Das ist echt toll.

Wie hoch sind deine Gagen?

Das kommt auf den Auftritt an. Ich bin einerseits mit meiner Solo-Show unterwegs. Je mehr Tickets ich für eine Show verkaufe, umso mehr verdiene ich, abhängig vom Deal mit der Location, in der ich spiele. Andererseits kann man mich für Anlässe wie Firmenevents oder Ähnliches buchen. In diesen Fällen ist die Gage vor allem abhängig von der Dauer des Auftritts – manchmal dauert ein Auftritt zehn Minuten, manchmal eine Stunde. Entsprechend schwanken auch die Gagen, von circa 300 bis 3000 Franken.

Reena Krishnaraja
Es fühlt sich komisch an, ein Preisschild an die eigene Leistung zu hängen.

Spricht man in der Comedy-Szene offen über Geld? 

Ich versuche, mich regelmässig mit anderen Künstler:innen abzusprechen. Denn auch in der Comedy gibt es, wie so oft in der Kulturbranche, keine fixen Preise. Man verhandelt die Gagen immer wieder neu. Sie hängen von verschiedenen Faktoren ab, auch von der eigenen Bekanntheit. Ein solcher Austausch mit anderen ist darum wichtig und hilfreich.

Wie ist es für dich, deine Gagen zu verhandeln?

Das mache ich gar nicht gerne. Es fühlt sich komisch an, ein Preisschild an die eigene Leistung zu hängen und meinen Wert so direkt einzufordern. Darum bin ich sehr froh, dass ich inzwischen ein Management habe, das diese Verhandlungen übernimmt. 

Hast du schon mal «Lohnungleichheit» erlebt?

Das ist schwierig zu sagen. Mir fehlen hier tatsächlich die Vergleiche. Aber ich hatte mal einen Fall, da hat ein Veranstalter in letzter Minute gemerkt, dass er ein reines Männer-Line-up hat. Weil sie das nicht wollten, fragten sie mich an, ob ich ebenfalls auftreten möchte. Allerdings hatten sie kein Budget mehr, das heisst es gab lediglich eine kleine symbolische Gage.

Hast du zugesagt?

Natürlich hat es mich etwas geärgert, dass ich in letzter Minute eine Lücke füllen muss und das auch noch gratis. Aber ich habe trotzdem zugesagt. Es war ein wichtiger und cooler Anlass, und ich bekam das Versprechen, dass ich in diesem Jahr wieder dabei sein kann – zu einer vollen Gage.

Comedy, vor allem Stand-up, ist derzeit sehr angesagt. Inwiefern hängt das deiner Meinung nach mit der schwierigen oder angespannten Zeit zusammen, die wir gerade erleben?

Ich kann mir gut vorstellen, dass Menschen in Zeiten, die von Negativität geprägt sind, einen Ausgleich suchen – oft vermutlich ganz unbewusst. Es kann ganz angenehm sein, wenn man auf Social Media zwischen all den Schreckensmeldungen des Tages ein Stand-up-Comedy-Video schauen kann, das sich mit etwas völlig Banalem befasst.

Reena Krishnaraja
Es ist so schön, wenn ein Saal voller Leute – alle unterschiedlich in Bezug auf Alter, Geschlecht, Herkunft – gleichzeitig lacht.

Solche leichte Kost hilft, sich abzulenken. Bei mir ist das zumindest so. Dabei geht es nicht darum, die Realität zu verdrängen, man verschafft sich so vielmehr eine Pause davon.

Wie wertvoll ist Humor?

Humor ist enorm wertvoll. Er bringt Leichtigkeit und hat etwas sehr Verbindendes. Es ist so schön, wenn ein Saal voller Leute – alle unterschiedlich in Bezug auf Alter, Geschlecht, Herkunft – gleichzeitig lacht.

Reena Krishnaraja
Mein Ziel ist, dass möglichst alle darüber lachen können und sich niemand verletzt oder angegriffen fühlt. Ob das gelingt, ist eine andere Frage.

Wo hat Humor für dich Grenzen? 

Es gibt keine universelle Grenze. Ich weiss, dass es Comedians gibt, die finden: Humor darf alles. Ich sehe das etwas anders. Mir ist wichtig, dass ich über die Dinge, die ich auf der Bühne behandle oder die in meiner Comedy vorkommen, reflektiert habe.

Wie meinst du das konkret?

Egal, worüber ich spreche, ich frage mich immer: Wen spricht der Witz an? Gegen wen oder was richtet er sich? Wen könnte ich damit verletzen? Mein Ziel ist, dass möglichst alle darüber lachen können und sich niemand verletzt oder angegriffen fühlt. Ob das gelingt, ist eine andere Frage. Aber ich finde, man spürt, ob jemand diese Reflektionsarbeit beim Schreiben geleistet hat oder nicht.

Reena Krishnaraja
Ich hätte wahnsinnig gerne einen grossen Flipperkasten. So ein Ding kostet gebraucht 4500 Franken.

Zurück zum Thema Geld: Welche Beziehung hast du dazu?

Mein Verhältnis ist ambivalent: Ich möchte nicht zu viel Geld haben. An manchen Tagen habe ich dauernd ein schlechtes Gewissen. Zum Beispiel, wenn ich ein teures Sandwich kaufe. Dann denke ich mir: Das war völlig übertrieben. Du hättest auch ein halb so teures Sandwich essen und den Rest des Geldes jemandem geben können, der es braucht. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite wünsche ich mir Dinge, die viel kosten und völlig unnötig sind.

Zum Beispiel?

Ich hätte wahnsinnig gerne einen grossen Flipperkasten. So ein Ding kostet gebraucht 4500 Franken. Oder einen professionellen Töggelikasten. Ich liebe Wellness, auch total unnötig, aber auch sehr schön.

Wie bist du bezüglich Geld aufgewachsen?

Meine Eltern kommen aus Sri Lanka und sind in prekären finanziellen Verhältnissen gross geworden. Ich bin in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Wir hatten nie Geld im Überfluss und darum stets einen bewussten Umgang damit. Trotzdem hatte ich nie den Eindruck, dass es uns an etwas fehlte.

Reena Krishnaraja
Auch wenn ich in meiner Welt denke, dass ich zu wenig Geld habe, habe ich trotzdem noch genug und die Möglichkeit, jemandem mit Spenden zu helfen. Und das tue ich auch.

Meine Eltern waren nie geizig. Wir haben uns immer gewisse Dinge geleistet, wie Ferien oder gutes Essen. Und sie haben immer Menschen in ihrer alten Heimat finanziell unterstützt. Das hat mich geprägt.

Inwiefern?

Meine Eltern haben mir beigebracht, Geld und die Möglichkeiten, die es eröffnet, wertzuschätzen und das grosse Ganze im Blick zu behalten. Ich weiss: Auch wenn ich in meiner Welt denke, dass ich zu wenig Geld habe, habe ich trotzdem noch genug und die Möglichkeit, jemandem mit Spenden zu helfen. Und das tue ich auch.

Würde Geld keine Rolle spielen, wie würdest du dein Leben gestalten? 

Mein Leben wäre wohl gar nicht so anders als heute. Vielleicht wäre ich noch ein klein bisschen glücklicher, weil Geld und meine ambivalente Beziehung dazu gar nicht existieren würden. Vermutlich würde ich noch ein paar Dinge ausprobieren, zum Beispiel eine Band gründen oder ein Café eröffnen. Letzteres ist eine Idee, die eine Freundin und ich haben. Ob mein Leben langfristig viel schöner wäre, weiss ich nicht. Kurzfristig wäre es sicher entspannter.

Was wünschst du dir für deine finanzielle Zukunft?

Ich möchte weiterhin so selbstständig und unabhängig sein wie jetzt. Ausserdem würde ich gerne noch mehr Geld an Menschen abgeben können, die Unterstützung brauchen.

Wie bist du zum Kaffee gekommen, Bettina Hanimann?
Bettina Hanimann ist Kaffeerösterin, Kaffee-Consultant und «Swiss Cup Tasters Champion 2024». Im Money Talk spricht sie über die wirtschaftlichen Seiten von Kaffee, wie sie selbst dazu kam – und warum sie einmal fast reich geworden wäre.
Was qualifiziert dich für eine Bühnenshow, Dominic Deville?
Dominic Deville ist zweifacher Vater, hatte eine Late Night Show und bringt sein eigenes Programm auf die Bühne. Warum er als Mann so gerne im Rampenlicht steht, weshalb sein Humor so bissig ist und wie er den Familienalltag meistert, erzählt er in den Männerfragen.