Luca Bortolani entwickelt mit seinem Start-up Twiliner einen Nachtreisebus mit Business-Class-Feeling. Der dreifache Vater spricht in den Männerfragen über seine Anti-Aging-Tipps und erklärt, wie seine Arbeitskolleginnen auf ihn als Teilzeit-Vater reagieren.

Luca, wann bist du zum letzten Mal geflogen?

Heikle Frage!

Traust du dich trotzdem, zu antworten?

Also gut: Über Weihnachten flog ich nach Mallorca.

Ui, das ist ja gleich aus mehreren Gründen schlimm. Hast du deine Geschenke am Ballermann ausgepackt?

(Lächelt.) Ich bin eigentlich völlig einverstanden mit dir. Aber es war ein spezieller Familienanlass, und nach Mallorca kommt man nun einmal nur mit dem Flugzeug. Aber ansonsten fliege ich seit etwa 2015 nicht mehr.

Also gut, das ist ja keine schlechte Bilanz. Willst du denn niemals mehr nach New York zum Beispiel?

Doch, klar! Aber ich warte, bis das Fliegen möglich ist, ohne die Umwelt zu zerstören. Bis es nachhaltige, CO2-neutrale Treibstoffe für Flugzeuge gibt.

Männer leben ja viel nachhaltiger und umweltfreundlicher als Frauen. Das merkt man auch bei dir: Vor der Gründung von Twiliner hast du im Sustainability Department von Ikea gearbeitet. Warum liegt dir das Thema am Herzen?

Angefangen hat meine Sensibilisierung mit ungefähr acht Jahren. Ich habe damals leere WC-Rollen gesammelt, der ganze Schrank in meinem Kinderzimmer war voll damit.

Das hat deinen Papi aber sicher nicht gefreut, oder?

Haha. Das Ende meiner Sammelsucht kam mit dem Tag, als in der Gemeinde die Sackgebühr eingeführt wurde. Am Abend vorher musste ich mich von meiner ganzen Sammlung trennen, um sie zu entsorgen, solange es noch gratis ist. Und fortan wurde bei uns zu Hause der Abfall getrennt. Dann leuchtete es mir ein: Irgendwie ist es falsch, Abfall nicht zu trennen.

Du hast heute selbst Kinder. Wie bringst du als Working Dad deine Familie und den Job unter einen Hut?

Ich teile mir die Kinderbetreuung mit der Mutter der Kinder auf, wir leben getrennt. Die Hälfte der Woche und jedes zweite Wochenende sind die Kinder bei mir. In der Stadt Zürich haben wir das Angebot von Tagesschulen, das ist wirklich ein unglaubliches Privileg, und die Kinder geniessen es auch. An «meinen» Nachmittagen bin ich aber zu Hause mit den Kindern.

Luca Bortolani
Ich finde, ich schufte wie ein Tier. Ein grosser Teil ist einfach unbezahlte Care-Arbeit!

Sollte ein Vater seine Kinder denn nicht rund um die Uhr betreuen?

Nein, eben nicht. Er sollte stets da sein, wenn die Kinder ihn brauchen. Ansonsten sollte er einer sinnstiftenden Arbeit nachgehen und den Kindern viele Freiheiten bieten, damit sie ihre Persönlichkeit entwickeln können. Dafür brauchen sie vor allem andere Kinder im gleichen Alter. Ich arbeite 80 Prozent und kann mir die Arbeit flexibel einrichten. Deshalb gelingt mir dieser Spagat recht gut, finde ich.

Aha, du gehörst also auch zu diesen faulen Teilzeitlern!

(Grinst.) Ich finde, ich schufte wie ein Tier. Ein grosser Teil ist einfach unbezahlte Care-Arbeit!

Wie kommt es denn bei deinen Arbeitskolleginnen an, dass du Teilzeit arbeitest zugunsten der Familie?

Bei uns im Unternehmen machen das alle so. Auch die Angestellten ohne Kinder arbeiten nicht alle Vollzeit. In meinem privaten Umfeld ist das gar kein Thema, fast alle haben ihr Leben so gestaltet. Aber vielleicht befinden wir uns diesbezüglich auch in einer Bubble. Ich denke, in der breiten Bevölkerung ist diese Haltung noch nicht ganz angekommen.

Naja, wenn niemand mehr Vollzeit erwerbstätig ist, bedeutet das natürlich den Untergang unserer Wirtschaft.

(Kichert.) Nein, damit bin ich gar nicht einverstanden. Aber ich finde, diese Teilzeit-Diskussion ist schon berechtigt.

Inwiefern?

Ich finde es richtig, dass diejenigen, die Teilzeit arbeiten, auch weniger Sozialleistungen beziehen können. Oder dass man beispielsweise Ausbildungskosten zurückerstatten muss. Diesen Teil der Debatte finde ich gerechtfertigt.

Das erstaunt mich jetzt aber. Du als Teilzeitler solltest dir eigentlich Sorgen um deine Altersvorsorge machen! Schliesslich bist du als Mann per se von Altersarmut betroffen und solltest dich eher dafür einsetzen, dass deine Care-Arbeit auch bezahlt wird – und dass darauf mehr AHV erhoben wird.

(Lacht.) Unbedingt sollte diese Arbeit bezahlt werden! Das ist jetzt nicht ganz mein Thema, ich bin eher in der Welt der Mobilität daheim. Aber auch diese Debatte ist wichtig. Wir müssen uns die Frage stellen: Wie entschädigen wir die Leute, die sich um die Care-Arbeit kümmern? Wie sorgen wir dafür, dass sie auch im Alter genügend abgesichert sind?

Apropos Alter: Hast du Tipps für nachhaltige Anti-Aging-Kosmetik

(Grinst breit, zeigt seine Fältchen.) Also ich verwende natürlich täglich eine Gesichtsmaske.

(Die Journalistin macht grosse Augen.)

Haha, nein, ich habe keine Ahnung von diesem Thema. Sorry!

Luca Bortolani
Der Mobilitätssektor ist tendenziell ein Sektor von Männern für Männer, in den Busbetrieben arbeiten praktisch nur Männer. Hier wollen wir uns abheben.

Dann bist du einfach mit guten Genen gesegnet. Sprechen wir noch über die Idee hinter deinem Start-up Twiliner: Ihr entwickelt momentan einen Sitz für Nachtbusse, den man bequem zurückkippen kann – ähnlich wie in einem Flugzeug.

Richtig. Wir hatten anfangs die Idee, eine Alternative zum Reisen per Flugzeug zu entwickeln. Nachtzüge gibt es momentan noch sehr wenige, und die Sitze in den Nachtbussen sind sehr unbequem. Also haben wir uns überlegt: Wie müsste ein Nachtbus gestaltet sein, damit die Leute sich eher dafür entscheiden als fürs Fliegen? Unsere Recherchen haben ergeben: Es braucht einen Sitz wie in der ersten Klasse im Flugzeug. Einen Sitz, den man in ein Bett verwandeln kann. Das gibt es heute noch nicht.

Werdet ihr den Prototyp auch mit weiblichen Dummies testen?

Anfangs leider nicht, das hat allerdings auch finanzielle Gründe. Solche Tests sind aber auf jeden Fall später geplant. Es ist schon krass: Der Mobilitätssektor ist tendenziell ein Sektor von Männern für Männer, in den Busbetrieben arbeiten praktisch nur Männer. Hier wollen wir uns abheben. Deshalb will Twiliner gezielt auch Frauen ansprechen, und da gehören Dummie-Tests mit diversen Modellen natürlich dazu. Wie auch eine grosse Umkleidekabine in unseren Bussen (lacht).

Zum Start-up-Leben gehört auch, Investorinnen von deiner Idee zu überzeugen. Mit welchem Outfit gelingt dir das?

(Kichert) Ich habe keine Uniform oder so, wie Steve Jobs sie etabliert hatte. Aber vielleicht wäre das mal eine gute Idee! Es gibt Start-up-Gründer, die treten im Hoodie auf, und dann gibt’s diejenigen im Anzug mit Krawatte. Ich glaube, ich bin irgendwie dazwischen.

Eine Anzughose zum Hoodie kann ich mir gut vorstellen an dir.

Gute Idee, danke für die Beratung. Aber mit Krawatte!

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