«Hiro hat im Metaversum ein schönes grosses Haus, muss sich aber in der Realität einen sechs mal neun Meter grossen Lagerraum teilen. Der Scharfsinn für Immobilien erstreckt sich nicht immer auf alle Universen.» Hiro ist nicht etwa ein Jugendlicher, der sich soeben in einer virtuellen Welt wie Decentraland ein Haus gekauft hat, sondern eine Romanfigur im Buch «Snow Crash» von Neal Stephenson. Stephenson beschreibt in seinem Buch von 1992 eine virtuelle Welt, wo Menschen der Realität entfliehen und als Avatare handeln können.
Damit ist die Idee eines Metaversums, oder auf Englisch Metaverse, bereits 30 Jahre alt. Nicht nur in der Science Fiction ist das Konzept zumindest in gewissen Ansätzen längst bekannt. Johanna Pirker, die an der Technischen Universität Graz zu Virtual-Reality-Welten und Computerspielen forscht, sagt: «Schon vor zehn Jahren habe ich in virtuellen Welten geforscht, in der Avatare aufeinandertreffen, zusammen arbeiten, lernen oder sich sozial austauschen. Damals war vor allem Second Life im Trend, aber auch in der Gaming-Welt gibt es schon lange Erfahrung mit virtuellen Welten.»
Was ist das Metaverse?
Das Grundkonzept von Metaverse kann laut Pirker als eine Verknüpfung aller virtuellen Welten und der realen Welt verstanden werden. Illustrieren lässt sich die Idee wie folgt: Stell dir vor, dass du dich in Form eines Avatars in unterschiedlichen virtuellen Welten bewegen kannst. Beispielsweise kannst du deinen Avatar für private Zwecke nutzen, um an virtuelle Musikfestivals zu gehen oder Kinofilme zu schauen. Gleichzeitig kannst du mit diesem Avatar in anderen virtuellen Welten Arbeitskolleg:innen und Kund:innen für Konferenzen treffen. In wieder einer anderen virtuellen Welt kann dein Avatar im Labor experimentieren oder in die Malediven reisen.
Das Metaverse verknüpft die reale Welt mit einer dreidimensionalen Form des Internets, wobei technische Hilfsmittel wie zum Beispiel Virtual-Reality-Brillen den Nutzer:innen die Illusion einer perfekten Integration vermitteln. Pirker erklärt: «Das Metaverse passiert in Echtzeit, das heisst, dass die User:innen sich in den virtuellen Welten begegnen. Dadurch können virtuelle Erfahrungen mit dem realen Alltag verschmelzen, indem man beispielsweise während der Kaffeepause im Homeoffice in der virtuellen Office-Küche mit Teamkolleg:innen plaudert.» Zudem soll Metaverse dauerhaft verfügbar sein: «Das heisst, wenn man sich einen Büroplatz im Metaverse einrichtet, ist dieser auch eine Woche später noch dort, auch wenn man sich dazwischen ausloggt.»
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Existiert schon ein Metaverse?
Als Frühformen des Metaversums werden häufig Plattformen wie The Sandbox oder Decentraland genannt. Johanna Pirker erwähnt aber auch das Potenzial vieler anderer virtueller Multi-User-Welten, die seit Ausbruch der Coronapandemie vermehrt genutzt werden: «Da gibt es zum Beispiel auch das Videospiel Animal Crossing, wo während der Pandemie virtuelle Hochzeiten oder Begräbnisse stattgefunden haben. Für den Arbeitsalltag ist auch Gather relevant. Dort kann man sich ein Büro einrichten und Konferenzen mit Mitarbeiter:innen oder Kund:innen halten.»
Diese existierenden virtuellen Welten sind aber noch getrennt voneinander, ähnlich wie Services im Internet, die auf unterschiedlichen Plattformen angeboten werden. Carina Hauswald ist Expertin für Markenführung beim Beratungsunternehmen Globeone. Sie betont: «Das Metaverse ist in vielerlei Hinsicht heute noch ein Betaverse. Wir erleben zwar schon viele Elemente eines Metaversums, aber die Elemente sind noch nicht nahtlos miteinander verknüpft.»
Was hat Mark Zuckerberg mit Metaverse zu tun?
Im Oktober 2021 kündigte Mark Zuckerberg in einer Keynote an, dass Facebook in Meta unbenannt wird. Grund dafür ist, dass künftig die Entwicklung eines Metaversums im Fokus des Grosskonzerns stehen soll. Seither ist der Begriff Metaverse omnipräsent, doch Informatikerin Johanna Pirker betont: «Es ist sehr wichtig, dass wir die Grunddefinition von Metaverse verstehen, ohne diese mit der Vision von Zuckerberg zu verwechseln. Es gibt diverse andere Firmen, die ebenfalls eine Metaverse-Vision haben.»
Fast alle digitalen Grosskonzerne sind an Metaverse interessiert. Microsoft hat bereits im März 2021 die Plattform Microsoft Mesh vorgestellt, eine Metaverse-Plattform, die vor allem im Arbeitsalltag genutzt werden kann. Apple arbeitet vor allem an Augmented-Reality-Brillen, was Metaverse künftig für mehr Privatuser:innen zugänglich machen könnte.
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Beraterin Carina Hauswald sagt: «Zuckerberg hat für seine Vision sehr viel Kritik erhalten und das Thema Metaverse sicherlich nicht perfekt präsentiert. Das hat auch zu einer Verunsicherung bei vielen Nutzer:innen geführt.» Sowohl für Hauswald als auch für Pirker ist es momentan noch unklar, ob sich Metaverse in die Richtung entwickeln wird, wie sich das Zuckerberg vorstellt. Wünschenswert wäre es gemäss Pirker, wenn eine gemeinsame Vision entstehen würde, die von unterschiedlichen Unternehmen mitgestaltet wird. Hauswald geht davon aus, dass eine echte Form des Metaverse noch weit in der Zukunft liegt: «Es ist wie eine Reise zum Mars, die Vision ist da, es wird daran gearbeitet und daran geglaubt, aber sie liegt auch noch weit in der Zukunft.»
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