Die Meta-Party ist in vollem Gang: Models als Avatare, das Markenshirt in digital, einkaufen in virtuellen Luxusshops – diese Woche präsentieren Modemarken ihre Produkte das erste Mal an der virtuellen Fashion Week. Die Show hat die Metaverse-Plattform Decentraland veranstaltet. Schon im vergangenen Jahr hat diese allein mit Kleidern für Avatare über eine Million US-Dollar Umsatz gemacht. #CryptoFashion ist der Hashtag, den man sich neu merken kann.
Chancen für alle Unternehmen
Das Metaverse hat aber nicht nur für Unternehmen in der Modeindustrie Potenzial. Carina Hauswald ist Expertin für Markenführung beim Beratungsunternehmen Globeone. Sie sagt: «Das Potenzial ist für Unternehmen im Business-to-Consumer-Segment am offensichtlichsten, weil diese ihre Produkte im Metaverse platzieren, Werbung schalten und ganz neue Kundenerlebnisse kreieren können.» Neben Modemarken haben auch Elektronikkonzerne, Reiseanbieter oder Auktionshäuser bereits Niederlassungen auf virtuellen Plattformen.
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Allerdings sei der Trend auch für Unternehmen relevant, die scheinbar weiter weg vom Thema Metaverse sind. Hauswald erklärt: «Zulieferer oder Maschinenhersteller werden künftig auch Infrastrukturen, Services oder Kundentrainings im Metaverse anbieten. Auch Beratungsunternehmen und Agenturen, die gesellschaftliche Transformationen bekanntlich begleiten, müssen sich mit dem Thema befassen.» Für die Markenexpertin ist klar, dass langfristig kein Unternehmen am digitalen Trend Metaverse vorbeikommen wird.
Viele Unternehmen sind sich dieser Tatsache bewusst. Laut einer Umfrage von OMD spielen 61 Prozent der Unternehmen in Deutschland mit dem Gedanken, ins Metaverse einzusteigen. Der Finanzdienst Bloomberg schätzt das Marktvolumen der Metaverse-Ökonomie im Jahr 2024 auf 800 Milliarden US-Dollar gegenüber von 500 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020.
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Kommerzialisierung – und Spekulation?
Lea Strohm befasst sich für das Unternehmen «Ethix» mit digitaler Ethik. Sie sieht das rasante Wachstum der Metaverse-Ökonomie kritisch: «Dieser lukrative Markt aus der Gaming-Welt wird nun auf uns alle übertragen. Wollen wir wirklich, dass jede Interaktion kommerzialisiert wird und Dinge zu Geld gemacht werden, die in der Realität gar nicht existieren?» Aus ihrer Sicht besteht die Gefahr, dass sich viele Nutzer:innen der Risiken von Metaverse nicht bewusst sind. Ähnlich wie die meisten Kryptowährungen sind die virtuellen Anlagen auf Metaverse an keine realen Werte gebunden. «Wir müssen uns bewusst sein, dass es bei solchen spekulativen Objekten immer Verlierer geben wird. Wenn der Markt zusammenbricht, können Menschen, die beispielsweise ein Stück Land auf Metaverse gekauft haben, sehr viel Geld verlieren.»
Tatsächlich gehen die Immobilienpreise auf virtuellen Plattformen gerade durch die Decke. Der bisher grösste Immobiliendeal wurde im vergangenen Jahr auf der Plattform The Sandbox für 4.3 Millionen US-Dollar gemacht. Auch die Informatikerin Johanna Pirker steht der Kommerzialisierung des Metaversums kritisch gegenüber: «Wenn wir schon die Möglichkeit haben, eine virtuelle Welt zu schaffen, wollen wir doch nicht die Probleme aus der realen Welt mitnehmen. Alles, was im realen Leben schon schwierig ist, wie beispielsweise die hohen Immobilienpreise, sollten wir nicht auch noch ins Metaverse transferieren.»
Unternehmensberaterin Carina Hauswald findet es nicht per se problematisch, wenn im Metaverse Produkte verkauft werden, die in der Realität nicht existieren: «Unternehmen haben schon immer neue Bedürfnisse geweckt, die Konsument:innen davor nicht kannten. Die Nutzer:innen von Metaverse sollen entscheiden, was für sie einen Wert hat. Wenn das eine digitale Uhr für den Avatar ist, habe ich da keine moralischen Bedenken.» Allerdings betont auch sie die Wichtigkeit einer Begleitkommunikation, die Nutzer:innen über die Risiken von virtuellen Anlagen im Metaverse aufklärt. Lea Strohm von Ethix geht noch einen Schritt weiter und fordert klare Regeln: «Jedes Casino hat eine Altersgrenze. Ich denke, dass es analog auch gewisse Regulierung für Metaverse-Plattformen brauchen wird.»
Mut zum Ausprobieren
Tech-Expertin Johanna Pirker möchte dennoch alle Unternehmen ermutigen, die existierenden Ansätze von Metaverse zumindest mal auszuprobieren: «Aus meiner Sicht gibt es so viele verschiedene Möglichkeiten, das Metaverse zu nutzen. Jedes Unternehmen sollte sich wenigstens damit befassen, wie virtuelle Plattformen überhaupt funktionieren und wie sie eingesetzt werden könnten.» Die Eröffnung von Läden sei nur eine von vielen Möglichkeiten, wie Unternehmen auf virtuellen Plattformen experimentieren können. Pirker sieht in virtuellen Welten auch Möglichkeiten, um Kund:innen zu treffen oder im Team mithilfe von Virtual-Reality-Brillen neue Produkte und Designs zu entwickeln. «Metaverse als Multi-User-Welt kann das Innovationspotenzial im Unternehmen massiv vorantreiben», sagt sie.
Carina Hauswald stimmt dem zu, gibt aber auch zu bedenken, dass sich sogenannte Early Adopters angreifbar machen. «Wir befinden uns erst ganz am Anfang dieser Entwicklung, es fehlen noch Regulationen, und wir wissen alle nicht, in welche Richtung sich die Technologie weiterentwickeln wird. Deshalb plädiere ich dafür, dass Unternehmen Metaverse mit einer gewissen Leichtigkeit angehen und akzeptieren, dass es ein Experiment ist.»
Was macht es mit uns, wenn wir in virtuelle Fantasiewelten entfliehen können? Im Teil 3 der Serie «Digitaler Trend Metaverse» beschäftigen wir uns kritisch mit den psychologischen Aspekten von Erlebnissen im Metaverse.