Du bist mit 30 Jahren bald eines der jüngsten Mitglieder im Nationalrat, fühlst du dich überhaupt bereit für eine solche Herausforderung?
Ja, ich fühle mich bereit. Ich bin sehr jung – also zwar auch nicht mehr so jung wie auch schon – aber ich mach jetzt ziemlich genau mein halbes Leben lang Politik: Mit 16 trat ich in die SVP ein und ich hatte über die Jahre verschiedenste Ämter inne. In der Bezirkspartei habe ich jahrelang die Protokolle geschrieben, ich war acht Jahre lang Präsident der Ortspartei, sieben Jahre im Kantonsrat, vier Jahre Präsident der JSVP und jetzt Präsident der SVP Zürich. Ich würde sagen, ich bin mindestens so bereit wie die anderen, die im Nationalrat sitzen. Ob das reicht oder nicht, werden wir sehen.
Du trittst die Nachfolge an von Hans-Ueli Vogt, sind diese Fussstapfen nicht ein bisschen zu gross?
Sie sind sehr gross, klar. Ich werde Vogt nicht eins zu eins ersetzen können. Aber ich kann meine Stärken und meine Perspektiven im Nationalrat einbringen. Schon lustig, ich heisse ja Benjamin. Laut biblischen Überlieferungen bedeutet mein Name «der Jüngste in einer Gruppe» und Benjamin war der jüngste Sohn von Jakob im Alten Testament.
Ende Februar wirst du im Nationalrat eingeschworen, du bist Vater eines dreijährigen Sohnes und willst weiterhin 50 Prozent erwerbstätig bleiben. Hast du nicht Angst, die Entwicklung deines Sohnes zu verpassen?
Doch, selbstverständlich. Darüber mache ich mir immer Gedanken: Wie viel Zeit setze ich wo ein? Ich glaube, die letzten drei Jahre ist es mir recht gut gelungen, meine Zeit sinnvoll aufzuteilen – und da hatte ich ja auch nicht wenig zu tun. Viele Aufgaben aus den letzten Jahren fallen jetzt zudem weg. Ich probiere, möglichst viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen, etwa die Sonntage. Diese gehören dann wirklich nur meiner Frau und meinem Sohn. Aber klar, ich bin kein Hausmann. Meine Frau arbeitet 30 Prozent und ist für die Familie verantwortlich.
Also hilft sie dir auch daheim?
(lacht) Selbstverständlich! Ich kann schon ganz klar sagen, dass sie die Verantwortung hat. Sie möchte das auch so. Wir haben von Anfang an darüber gesprochen, wie wir diese Arbeit aufteilen wollen, schon bevor wir verheiratet waren. Es war auch ihr Wunsch, dass sie Mutter werden möchte und sich diese Zeit zu Hause nehmen will.
Und du? Wie bringst du Politik, Beruf und Familie unter einen Hut?
Es geht immer um einen Ausgleich, der wichtig ist. Die Hauptsache ist, dass man, wenn man zu Hause ist, auch wirklich zu Hause ist. Und zwar auch mental. Ich glaube, das ist bei vielen ein Problem, dass sie es nicht schaffen, wirklich anwesend zu sein. In erster Linie hat das viel mit dem Handy zu tun. Es gibt viele Eltern, die zwar viel Zeit mit ihren Kindern verbringen, aber ständig ins Handy gaffen. Aber du musst das Ding weglegen und abschalten. Am Sonntag mit der Familie nehme ich darum auch das Handy nicht ab – es sei denn, es ist Wahlsonntag oder wirklich dringend.
Was hilft dir sonst?
Die Aufgabenteilung mit meiner Frau. Wir sind nicht der Meinung, dass dieses 50/50-Ding sinnvoll ist, ich glaube wirklich, das ist Bullshit: Jetzt habe ich einmal den Müll rausgebracht, nun musst du auch einmal, und so weiter. Es gibt einfach verschiedene Aufgaben, jeder hat seine Stärken und Schwächen und man kann sich ergänzen.
Habt ihr daheim einen Ämtliplan?
Nicht so klar aufgeschrieben, es sind eher verschiedene Verantwortungsbereiche, und dann hilft man einander. Es ist klar, dass meine Frau für den Haushalt und unser Kind verantwortlich ist – und sie überträgt mir dann Aufgaben aus diesen Bereichen.
Ist deine Frau quasi deine Chefin?
Sicher! Sie ist die Familienmanagerin. Ich sehe da keinen Unterschied zu einer Führungsposition in einem Unternehmen oder auch in der Politik.
Worin besteht dein eigener Verantwortungsbereich?
Ich kümmere mich um den ganzen Büro- und Administrationskram und um die Finanzen. Meine ist Frau sehr froh, wenn sie sich überhaupt nicht um Admin und Finanzen kümmern muss.
Du hast bereits früh angefangen, dich politisch zu engagieren. Hattest du nie Angst, dass deine Karriere deiner Familienplanung im Weg steht?
Ich habe meine Karriere nie richtig geplant, weil man das aus politischer Sicht gar nicht kann. Ich würde auch niemandem anraten, eine Karriere in der Politik planen zu wollen, das funktioniert besser in der Privatwirtschaft. In der Politik kommt es immer anders als geplant. Ich hatte nie Angst, dass sich meine politische Arbeit mit meiner Familienplanung beisst. Ich wuchs mit fünf Geschwistern auf einem Bauernhof auf und wusste immer, dass ich auch einmal eine Familie haben möchte. Und dass es irgendwie überein gehen muss. Wenn meine Frau später einmal lieber Karriere machen will, wäre es für mich übrigens in Ordnung, nur noch Politik zu machen und Hausmann zu sein.
Deine drei Brüder sind alle älter als du, hast du deshalb früh gelernt, dich unterzuordnen? So typisch Mann?
Ja. Aber ich würde nicht sagen, dass das typisch Mann ist, sondern typisch Jüngster. Ich bin der jüngste Bub und habe noch zwei jüngere Schwestern, und die mussten wohl eher lernen, sich durchsetzen. Aber gerade unter Geschwistern herrscht natürlich eine Hackordnung. Ich glaube aber, das hat mir sehr viel gebracht.
In der Politik gehts ja manchmal auch nicht anders zu als auf dem Spielplatz.
Absolut. Und ich habe als Kind viel geholfen zu Hause auf dem Hof. In einer Zeit, in der es nicht mehr so üblich war, dass die Kinder daheim helfen. Wenn die anderen in die Badi gingen, waren wir am Heuen. Klar, hatten wir keine Lust darauf, aber ich glaube, ich habe viel gelernt in dieser Zeit.
Bereits im Zürcher Kantonsrat warst du der Jüngste, sollten junge Männer sich nicht zuerst selbst finden, bevor sie Politik machen?
Haha, nein! Und das gilt sowohl für die jungen Frauen wie auch für die jungen Männer. Wenn sie das Gefühl haben, sie können etwas zur Politik beitragen, dann sollen sie es machen. Aber ich wurde das tatsächlich schon öfter gefragt, wenn auch nicht so direkt. Ich glaube nicht, dass es da zwischen Männern und Frauen einen grossen Unterschied gibt. Wenn man jung in die Politik geht, muss man damit leben, dass einem gewisse Leute etwas belächeln. Klar finde ich es wichtig, dass man Lebenserfahrung sammelt. Und man soll auch auf Leute hören mit mehr Lebenserfahrung. Aber das Jungsein hat auch seine Vorteile, die die Älteren dann nicht haben. Es braucht beides, ein Miteinander, nicht ein Gegeneinander.
Hattest du das Belächeln nicht irgendwann satt?
Nein. Es lohnt sich, wenn es einem egal ist belächelt zu werden – und mir war es immer egal. So konnte ich schon sehr jung Verantwortung übernehmen: Ich war mit knapp 20 Präsident der Ortspartei bei uns, damals mit einem Durchschnittsalter von 65 bis scheintot. Wer seine Arbeit gut macht, wird du auch ernst genommen.
Du hast Betriebsökonomie studiert, mutig als junger Vater. Warum eigentlich studieren, wenn du eine Familie gründen willst?
Ich glaube, es macht keinen Sinn darauf zu antworten. Und ich würde auch jeder Frau raten, eine solche Frage nicht zu beantworten. Übrigens bin ich relativ erstaunt, dass ich tatsächlich nur eine einzige Frage ablehnen musste!