DJ Antoine hat sich den ellexx Männerfragen gestellt. Der Familienvater redet über seine Backstage-Erlebnisse, seine softe Seite, Gott und Haartransplantationen.
Wir fragen Männer, was sonst nur Frauen gefragt werden. Wir wollen damit einen Dialog über Stereotypen in Gang setzen, zum Nachdenken und Schmunzeln anregen, aber auch Toxizität entlarven.
(Er kommt 15 Minuten zu spät ins Zoom-Gespräch und hetzt mit dem Handy an einen ruhigen Ort.) Bitte entschuldige die Verspätung. Tut mir wirklich leid. Es war grad die Hölle los hier.
Kein Problem. Ich dachte, du seist dich noch am Aufhübschen fürs Gespräch.
(Schaut sich kurz im Handy an.) Das wäre noch was gewesen. Aber ich glaube, es geht so.
Es geht. Sag mal, warum heisst du eigentlich nicht He-DJ Antoine oder DTarzan Antoine?
(Schaut irritiert.) Das versteh ich jetzt nicht.
Damit klar wird, dass du ein Mann bist. Bei DJ denkt man ja immer gleich an eine Frau.
Ach so, mhh. Das hab ich mir jetzt noch gar nie überlegt. Ich wollte das «DJ» mal ganz aus meinem Künstlernamen streichen und einfach nur Antoine sein.
Warum das?
Der Begriff oder besser der Beruf hatte früher eine andere Bedeutung als heute. Ein DJ, also ein Disc Jockey, hat für Stimmung gesorgt, indem er die Musik von anderen Künstlern auflegte. Wer heute ein international erfolgreicher DJ sein will, muss eigentlich ein musikalischer Act sein und eigene Tracks produzieren. DJ ist also für mich die falsche Bezeichnung. Einen Markennamen nach fast 30 Jahren zu ändern, ist aber nicht so einfach. Es wäre zu aufwendig und zu teuer gewesen. Darum steht das DJ jetzt halt noch.
Warum bist du DJ geworden? Ist ja nicht gerade eine typische Männerdomäne.
Also wie? Was meinst du mit «nicht typischer Männerdomäne»?
Hinter dem DJ-Pult stehen meistens Frauen.
(Schüttelt energisch den Kopf.) Nein, nein, da liegst du ganz falsch. Früher war es so, dass Frauen unter den DJs in der Minderheit waren. Das hat sich in den letzten fünf Jahren sehr verändert. Gerade im Tech-House-Bereich gibt es immer mehr erfolgreiche Frauen, die eine Karriere machen und coolen Sound auflegen. Das gab es früher in dieser Dimension nicht. Ich finde es toll, dass die Frauen jetzt mehr Platz in der Branche einnehmen.
(Die Interviewerin nickt verständnisvoll.) Danke für das Mansplaining. Du weisst, dass wir hier den Spiess umdrehen und ironische Fragen stellen?
Ja, ja, aber es ist wirklich so, dass Frauen in der Minderheit waren und jetzt mehr und mehr durchstarten. Schaut man aber die Verkaufszahlen an, sind an der Spitze immer noch Männer.
Leider. Warum machst du eigentlich House und nicht etwas Lieblicheres?
Meine Musik steht für Partystimmung. Die Underground-Techno-Szene der 1990er-Jahre hat mich geprägt. Ich habe aber auch schnell meinen eigenen Stil gefunden und bin nie Trends hinterhergejagt. Darum ist meine Musik voller Emotionen. Und sie löst viele Emotionen aus. Das sagen mir auch immer wieder Fans in ihren Briefen, die sie mir schreiben und in denen sie sich bei mir bedanken. Manche haben mir geschrieben, dass meine Musik ihre Gesundheit gestärkt, ihre Heilung verbessert oder sogar ihr Leben gerettet hat.
Du bist also eigentlich ein Sad Boy?
Nein, sad bin ich nicht. Ich bin ein emotionaler Mensch. Mein Sternzeichen ist Krebs, der steht für Gefühle, und mein Aszendent ist Skorpion. Ich bin vielleicht melancholisch, aber nicht im traurigen Sinne. Ich mag Kerzen, klassische und romantische Musik und fotografiere den Sonnenuntergang.
Ein richtiger Softie …
Auch nicht. Ich geniesse einfach das Leben gerne in vollen Zügen. Aber ich schaue jetzt nicht den ganzen Tag irgendwelche Frauen-Serien, die mich emotional mitnehmen.
Also nicht so der Action-Typ.
(Runzelt die Stirn.) Ich meine so Serien wie «Sex and the City», um ein klassisches Beispiel zu nennen, oder Liebesfilme. Das ist nicht so meins. Manche mag ich schon, zum Beispiel «Die Brücken am Fluss». Den finde ich genial. Oder kürzlich habe ich einen Film mit Cameron Diaz geschaut. Da tauscht sie das Haus mit einer anderen Frau. Das war ein typischer Frauenfilm, aber sehr cool.
Welche Frau hat dir das mit dem Auflegen beigebracht?
Meine Mutter hat mich ja geboren, und sie hat mir wohl dort schon die Energie fürs Auflegen mitgegeben. Leider hatte ich im Bauch noch keinen Plattenspieler. (Lacht.) Also im Ernst, wenn wir jetzt wieder über Frauen in der Szene reden: In Zürich gab es früher einen DJ, dessen Frau Manon auch coolen Sound gemacht und mich inspiriert hat. Aber es war nicht so, dass eine DJ-Frau mir gezeigt hat, wie es geht. Da muss ich dich leider enttäuschen.
Ich werd’s verkraften.
Aber dafür habe ich schon ein paar DJ-Frauen ihren Künstlernamen gegeben, beispielsweise Tanja La Croix. Sie hat ihren Namen dank mir.
Wie meinst du das?
Ich habe ihr zu diesem Namen geraten. Ihr Künstlername, den sie ursprünglich hatte, klang schrecklich. Wie genau, kann ich hier nicht sagen, aber so ein bisschen wie eine Slipeinlage (lacht herzhaft).
(Die Interviewerin ist kurz sprachlos.) Wie kommst du so klar mit der Technik? Woher weisst du, welche Knöpfe du drücken musst auf dem DJ-Pult?
Da muss ich dir ganz ehrlich sagen: Technik ist nicht meine Welt. Ich habe ein Telefon, um zu telefonieren und Fotos zu machen, und ich habe einen Computer zum Arbeiten. Das Mischpult ist für mich da, damit die Übergänge gut klingen und funktionieren. Alles andere interessiert mich nicht sonderlich. Ich brauche auch nicht unzählige Effekte und so, das ist nicht so meins. Ich bin eher so der Typ: «Let it go with the flow.»
Das dachte ich mir. In wessen Backstage hat eigentlich deine Karriere angefangen?
(Überlegt einen Moment.) Also früher war der Club Ugly in Richterswil super angesagt. Das war ein Club in einer Villa direkt am See. Kennst du den?
Nein, dafür bin ich zu jung.
Wie auch immer, dort war ich sehr oft. Auch im Backstage. Später kam das Oxa, das Kaufleuten, die Garage – der heutige Supermarket –, das Labyrinth. Das war meine Backstage-Zeit. Dort hatte ich tolle Erlebnisse.
Erlebnisse, die dafür gesorgt haben, dass du auch mal ans DJ-Pult durftest?
Das nicht. Ich musste mich nicht prostituieren für das DJ-Pult (schmunzelt). Ich hatte vielmehr das Glück, dass ich früh verstanden habe: Erfolg hat viel damit zu tun, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Und man muss etwas haben, was andere nicht haben. Das war früher gute Musik. Als man noch in Plattenläden einkaufte, war das aber nicht so einfach. War man nicht früh genug dort und stand stundenlang in der Schlange, um eine gute Auswahl an Platten zu haben, bekam man nur noch den Schrott, den niemand wollte. Mit diese Schrott konnte man nirgends auflegen. Ich dachte mir: Ich bin doch nicht blöd und stehe ewig vor Plattenläden rum, ich mach das anders. Und so kam es, dass ich kurzerhand selbst einen eigenen Plattenladen gründete. So hatte ich immer den neuesten Sound, und die Clubs haben mich gebucht.
Wie findig von dir.
Ja, das war ich. Ich hatte die Möglichkeit, mein Hobby zum Beruf zu machen. Daran hab ich alles gesetzt, und das hat sich gelohnt.
Und wie ist es heute im Backstage? Wirst du oft gefragt, wessen Freund oder Anhängsel du bist?
Ich war mal in Long Island bei New York mit David Guetta. Da hab ich mich tatsächlich so gefühlt, wie sich meine Freunde mit mir auf Tour fühlen müssen. Während er auflegte, trank ich mit seinem Tourmanager beim DJ-Pult Champagner, und praktisch jede Frau, die da war, wollte mit mir anstossen. Da hab ich schon gemerkt, wie einfach es sein kann, wenn man einfach zur Entourage einer bekannten Persönlichkeit gehört. Das ist traurig, aber wahr.
Wirst du häufig als Quotenmann fürs Line-up gebucht?
Grundsätzlich wird man als Act nur gebucht, wenn man Tickets verkauft.
Stört es dich eigentlich, dass deine Gage tiefer ist als die deiner Kolleginnen?
(Grinst.) Ja, ich finde es natürlich schon gemein, dass ich weniger verdiene als zum Beispiel Amelie Lens (belgische Techno-DJ, Musikproduzentin und Model, Anm. d. Red.). Aber ich mache andere Musik. Amelie Lens macht harten Techno, und der ist wohl grad gefragter. Und ich habe natürlich nicht die schönen Kurven, die sie hat. Das hat alles seinen Preis und Wert.
Dein Ernst? Trägst du darum diese neckischen Kleider bei Auftritten?
Genau, ich passe meine Kleidung jener der Frauen an. Ich mag es, wenn alles etwas edgy ist, so fällt man auf.
Du bist 47. Wie gehst du damit um, dass du langsam unsichtbar wirst?
Also unsichtbar bin ich nicht. Sonst hätten wir ja dieses Interview nicht. Natürlich habe ich heute teilweise andere Prioritäten als früher und gehe gewisse Dinge ruhiger und gelassener an. Aber mein Alter macht mir gar nicht zu schaffen, ich fühle mich noch jung. Meine männlichen Kollegen an der Weltspitze – es sind nun mal alles Männer an der Spitze – sind noch älter als ich. Ich kann also noch viel Tolles erreichen. Und: Mein Zielpublikum ist immer gleich jung, zwischen 18 und 26 Jahren. Ich mache mir also gar keine Sorgen.
Das freut mich für dich. Ganz anderes Thema: Warum fahren Männer eigentlich lieber Velo und Frauen immer protzige Autos?
(Lacht.) Ich wünschte mir, es käme mal wieder eine richtig heisse Katze vor meinem Haus vorbei in einem Ferrari. Aber bis jetzt ist das noch nie passiert. Fährst du denn Ferrari?
Nie im Leben. Wenn, dann Porsche. Classy.
Das ist auch gut. Ich finde Frauen in schönen Autos sexy. Bei Männern finde ich es ab einem gewissen Alter eher problematisch, wenn sie Sportwagen fahren. Mit 70 im Ferrari unterwegs zu sein, ist unpassend. Aber wenn ich so an die 1980er-Jahre-Filme denke, in denen reifere Frauen Mitte 30 und mit einer Dauerwelle einen Ferrari fahren, ist das schon heiss.
Das ist eine sehr präzise Fantasie. Kannst du seitwärts einparkieren?
(Legt den Kopf schief.) Also wie meinst du seitwärts, einfach so einspuren und in die Lücke einparkieren? (Macht mit der Hand eine schwungvolle Bewegung zur Veranschaulichung.)
Genau.
Das kann ich in einem Zug (ist sichtlich stolz).
Beeindruckend für einen Mann.
Ich musste aber schon sehr oft Frauen beim Einparken helfen. Und teilweise auch beim Rausfahren aus Parkplätzen. Ich hatte mein Büro mal gegenüber von einem Mobility-Parkplatz. Da hab ich einiges gesehen, das glaubst du gar nicht.
Du verdienst viel Geld. Was machst du damit?
Ich investiere in Immobilien und in guten Wein. Ausserdem richte ich mich gerne schön ein und mag Autos und Kleider. Ich habe zwar keinen riesigen Fuhrpark, und für Kleider gebe ich auch nicht mehr so viel aus wie früher. Aber ein Teil meines Geldes ist für solche Dinge weggegangen.
Dann legst du das Geld nicht brav aufs Sparkonto, wie das Männer üblicherweise machen?
Weisst du, Geld einfach liegen zu lassen bringt nicht viel. Geld muss arbeiten. Es gab aber eine Zeit, da habe ich es lieber auf dem Bankkonto liegen lassen, weil ich mich einfach so darüber gefreut habe, wie hoch der Kontostand war.
Du hast einen inzwischen erwachsenen Sohn …
(Unterbricht die Interviewerin.) Oha, jetzt wird’s ernst, fertig mit diesen ironischen Frauenfragen.
Wer hat deinen Sohn früher ins Bett gebracht, wenn du dich in den Clubs rumgetrieben hast?
Meine Partnerin und ich lebten getrennt. Immer wenn mein Sohn bei mir war, habe ich ihn ins Bett gebracht. Wir haben zusammen gebetet, und manchmal bin ich noch vor ihm eingeschlafen.
Aber du warst oft unterwegs. Bereust du das heute, weil du vieles verpasst hast?
(Atmet tief durch.) Jetzt machen wir hier aber echten Deep Talk. Wahnsinn. Ich muss wirklich zugeben, dass ich so alltägliche Situationen wie ein gemeinsames Mittagessen am Familientisch vermisst habe. Das hatten wir so nicht. Wir waren oft gemeinsam in den Ferien, und er hat gewisse Tage unter der Woche bei mir verbracht. Dann haben wir immer viele Dinge zusammen unternommen. Aber das war irgendwie nie so klassischer Alltag. Trotzdem haben mein Sohn und ich eine sehr enge und gute Beziehung. Wir stehen uns nahe. Ich glaube, eine gute Beziehung beruht mehr auf Qualität als auf Quantität.
Du hast erwähnt, dass ihr gebetet habt. Machst du das noch heute?
Ja, ich bin gläubig und bete immer vor dem Essen – auch mit Gästen – und jeden Abend im Bett vor dem Einschlafen.
Stellst du dir Gott als Frau vor?
(Schweigt einen Moment.) Das ist eine gute Frage (überlegt nochmal). Ich glaube, Gott kann beides sein.
Wie steht Gott denn so zu deinem wilden Partyleben?
Wie sagt man so schön: Nobody is perfect. Jeder hat seine Laster, und so wild ist dieses Partyleben auch nicht mehr. Wenn man eine grundsätzlich gute Einstellung zum Leben hat und ein gutes Leben führt, dann kann man auch mal Party machen.
Das Nachtleben hinterlässt Spuren. Wie bleibst du frisch?
Ich trinke sehr viel Wasser und ernähre mich ausgewogen. Ich verzichte fast vollständig auf Fast Food und Fertiggerichte und trinke qualitativ guten Champagner und Wein. Harten Alkohol konsumiere ich kaum. Und ich habe eine positive Lebenseinstellung. Das tut auch dem Körper gut.
Hast du schon mal über eine Haartransplantation nachgedacht?
(Ist total entsetzt.) Was?! (Schüttelt seine Haare in die Kamera.) Also schau dir mal diese Haarpracht an!
Ja, lang sind sie. Aber auf deinen Ferienfotos auf Instagram sieht man wachsende Geheimratsecken.
Ich schicke dir gerne noch ein ganz aktuelles Bild von mir. Mit den Haaren habe ich wirklich gar keine Probleme. Im Gegenteil, mein Coiffeur ist immer erstaunt, was für einen starken Haarwuchs ich habe.
Alles klar, ich wollte dir nicht zu nahetreten. Noch zum Abschluss: Was ist dein liebstes sexy Outfit zum Auflegen?
Ein Seidenpyjama. Das darf möglichst fancy sein, von Versace im Tiger- oder Zebra-Look oder so was. (Schmunzelt.)