Wann hast du zuletzt über Geld gesprochen?
Als Selbstständige beziehungsweise als Unternehmerin rede ich fast täglich über Geld. Dies aber vor allem im beruflichen Kontext. Privat spreche ich deutlich seltener über das Thema. Das letzte Gespräch über Geld hatte ich mit meinem Partner vor etwa zwei Wochen. Ich musste ihn daran erinnern, dass er mir noch Geld schuldet, weil ich die Sommerferien mit unserer Tochter von meinem eigenen Konto bezahlt hatte.
Ist es dir leicht gefallen, dieses Geld von ihm einzufordern?
In diesem Fall war es ganz ok. Aber grundsätzlich macht es mir Mühe, wenn ich jemanden um Geld bitten muss. Ich wurde zur Sparsamkeit erzogen. Bei uns hiess es immer: Wenn du etwas willst, musst du es selber schaffen. Ich habe meine Eltern noch nie um Geld gebeten, und es bräuchte auch viel, dass ich das tun würde.
Welche Gefühle löst Geld denn bei dir aus?
Auf der einen Seite negative, vor allem seit ich Mutter geworden bin. Seither arbeite ich in einem 60-Prozent-Pensum und verdiene entsprechend weniger. Gleichzeitig sind meine Ausgaben gestiegen. Ich muss mein Geld also sehr gut einteilen und bin oft eher knapp dran. Das finde ich stressig. Gleichzeitig ist mir bewusst, dass ich in einem der reichsten Länder der Welt lebe und es mir bestens geht. Ich habe das Privileg, trotz dieser Struggles einen Teil meines Gelds für Dinge ausgeben zu können, die auch ein Luxus sind.
Was sind das konkret für Dinge?
Ich gebe gerne Geld für kulturelle Angebote aus, die ich alleine oder mit meiner Familie nutze. Ich leiste mir ein Töpfer-Abo, und ausserdem wohnen wir in der Stadt Zürich. Das ist sehr toll, aber auch teuer.
Du bist Inhaberin von «#letsmuseeum». Magst du kurz erzählen, was ihr macht?
Wir sind ein Start-up, das aus der Museumswelt kommt. Unsere Ursprungsidee war, kulturelle Inhalte anders zu vermitteln, nicht akademisch, sondern durch emotionale persönliche Geschichten. Ursprünglich haben wir Endkund:innen, also Museumsbesucher:innen, öffentliche Museumstouren angeboten. Die Touren haben wir unabhängig von den Museen entwickelt, sie waren recht rebellisch. Inzwischen hat sich unser Fokus etwas verschoben. Wir sind mehr im B2B-Bereich tätig, das heisst wir arbeiten mit Museen, Tourismusbetrieben und Unternehmen zusammen und beraten sie bei der Vermittlung von Inhalten. Konkret entwickeln wir heute Vermittlungsformate wie Touren, Audioguides oder Spiele mit hohem Unterhaltungswert für Institutionen.
Du warst zuerst als Angestellte bei «#letsmuseeum» und hast das Unternehmen dann vor etwas mehr als einem Jahr übernommen. Wie hast du dich finanziell auf die Übernahme des Unternehmens vorbereitet?
Ich hatte etwas Startkapital aus einer Erbschaft zur Verfügung. Dieses habe ich einerseits gebraucht, um die Firmenanteile zu kaufen, und andererseits, um eine gewisse Zeit ohne Einkommen auskommen zu können.
Wie sieht es mittlerweile aus, zahlst du dir einen Lohn aus?
Als ich das Unternehmen übernommen habe, war die Auftragslage leider gerade schlecht. Darum habe ich mir in den ersten drei Monaten keinen Lohn ausgezahlt. Inzwischen zahle ich mir regelmässig einen fixen Lohn für ein 60-Prozent-Pensum aus. Das ist mir wichtig. Ich bin auf dieses Geld angewiesen.
Ihr seid ein Start-up in der Kulturbranche. Das ist finanziell sicher kein einfaches Umfeld?
Allerdings. Es gibt Museen, die viel Geld ausgeben, um tolle Ausstellungen zu konzipieren, mit aufwendigen Inszenierungen und Begleitmaterial. Für die Vermittlung dieser Inhalte sind die Budgets aber oft klein. Das irritiert mich noch immer, und ich verstehe es auch nicht ganz. Die Vermittlung ist immerhin die Brücke zum Publikum. Als Museum müsste man eigentlich ein grosses Interesse daran haben, diesen Bereich zu fördern. Nicht zuletzt, weil viele Museen klagen, wie schwierig es ist, ein neues und jüngeres Publikum anzuziehen.
Wie viel kostet es, wenn ihr für ein Museum eine Tour entwickelt?
Eine massgeschneiderte Tour kostet zwischen 13'000 und 15'000 Franken. Die meisten dieser Touren entwickeln wir für die permanenten Sammlungen. Das heisst, ein Museum kann die Tour jahrelang nutzen. Trotzdem ist es schwierig, Museen dazu zu bewegen, dieses Geld zu investieren, und wir müssen viel Überzeugungsarbeit leisten. Es sind aber nicht nur die Institutionen, mit denen wir über Geld diskutieren müssen.
Sondern?
Als wir am Anfang unsere Touren direkt für die Museumsbesucher:innen angeboten haben, mussten wir leider auch feststellen, dass die Zahlungsbereitschaft eher tief ist.
Was heisst das konkret?
25 Franken war das Maximum, das wir pro Person für eine Führung verlangen konnten. Darin enthalten war der Eintritt ins Museum, der regulär 23 Franken kostet, und eine einstündige Führung von unseren Guides. Da muss man nicht lange rechnen, um zu merken, dass das nicht aufgeht und wir uns so nicht finanzieren konnten.
Wie hoch wolltet ihr die Preise eigentlich ansetzen?
Wir waren mal bei 50 Franken inklusive Eintritt. Zum Vergleich: Bei Museum Hack in New York, was uns als Vorbild diente, kostet eine Führung, wie wir sie bieten, 70 bis 80 Dollar. Natürlich wird dort ein anderes Publikum angesprochen. Viele, die solche Führungen besuchen, sind Touristen und deshalb relativ spendabel. Wir haben uns sehr bewusst an die einheimische Bevölkerung gerichtet. Trotzdem hat es uns weh getan, dass die Leute nicht bereit waren, mehr als 25 Franken zu bezahlen. Das entspricht einfach nicht dem Wert der Arbeit, die hinter einer solchen Führung steckt.
Ist den Menschen der Wert von Kultur zu wenig bewusst?
Ja, teilweise schon. Ich glaube, dass es auch ein Phänomen unserer Zeit ist. Es gibt ein sehr grosses Angebot an qualitativ hochstehender Unterhaltung, beispielsweise dank Streaming-Plattformen wie Netflix. Viele Menschen sind sich gewohnt, zu Hause mit wenigen Klicks und zu einem tiefen Preis eine riesige Auswahl an Unterhaltung konsumieren zu können. Die Wertschätzung für das kulturelle Angebot und vor allem für Live-Momente hat abgenommen.
Wie viel gibst du selbst für Kultur aus?
Seit ich Mutter geworden bin, viel weniger. Früher hatte ich diverse Abos, die ich mir teilweise auch habe schenken lassen, zum Beispiel vom Schauspielhaus oder vom Kunsthaus. Ich war zudem eine regelmässige Konzertbesucherin. Seit ich Mutter geworden bin, nutze ich dieses Angebot deutlich weniger, nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern vor allem, weil ich nicht mehr so viel Zeit habe. Ich hoffe sehr, dass sich das in Zukunft ändert. Kultur hat für mich einen sehr grossen Wert, und diese Live-Momente, die ich erwähnt habe, geben mir viel.
Nutzt du kulturelle Angebote mit deiner Tochter?
Immer mehr. Sie ist jetzt vier Jahre alt, und kürzlich waren wir zum ersten Mal an einem Familienkonzert in der Tonhalle. Und wir waren auch schon öfters in verschiedenen Museen in Zürich und Basel mit ihr.
Wenn wir bei deiner Tochter sind: Sprichst du mit ihr über Geld?
Es ist ein Thema, über das wir noch nicht viel, aber immer mehr reden. Meistens geht es dabei um alltägliche Dinge. Beispielsweise, wenn etwas kaputt geht und sie sagt: Wir können ja ein neues kaufen. Dann erkläre ich ihr, dass das nicht so selbstverständlich ist. Ich sage ihr, dass man Geld braucht, um sich neue Sachen kaufen zu können, und dass man für dieses Geld arbeiten muss. Ich versuche ihr auch zu erklären, dass nicht alle Menschen gleich viel Geld haben und dass es uns sehr gut geht. Es ist mir wichtig, mit ihr über dieses Thema zu reden und ihr diese Werte mitzugeben.
Zum Abschluss noch eine Frage: Was wünschst du dir für deine finanzielle Zukunft?
Ich wünsche mir, dass sich mein Alltagsstress, den ich mit Geld habe, entspannt und ich mir auch wieder etwas mehr gönnen und leisten kann, das nicht notwendig ist, aber guttut. Und dass ich finanziell sorglos älter und alt werden kann.