«Oh nein, nicht schon wieder. Beim letzten Mal ging es auch nicht gut aus.»

Ich werde die Reaktion meiner Kollegin auf die Ankündigung, dass die Firma sich neu aufstellt, nicht vergessen. Sie sei so müde, sagte sie, von den ständigen Veränderungen. «Change Fatigue» nennt man das Phänomen, das oft Mitarbeitende in Unternehmen, die durch eine Transformation gehen, befällt.

Und trotzdem, ob es uns gefällt oder nicht: Ständiger Wandel ist die einzige Konstante in unserer Arbeitswelt.

Laut dem LinkedIn 2023 Workplace Learning Report sind «85 % der Berufe, die es im Jahr 2030 geben wird, heute noch nicht erfunden». Eine entscheidende Rolle spielt dabei AI: Das World Economic Forum schätzt, dass 60% aller Berufe durch AI verändert werden. Und was heute AI ist, sind morgen eine neue Technologie, eine veränderte geopolitische Lage oder wirtschaftliche Einschnitte.

Katia Murmann
Ich liebe Veränderung – weil sie notwendig ist, um zu wachsen und auch in Zukunft erfolgreich zu sein.

Change Management wird zur Superkraft – denn Führungskräfte, die ihre Teams gut durch Veränderungen führen, braucht es dringend.

Jedes Unternehmen, das in Zukunft erfolgreich sein will, muss die Fähigkeit haben, sich an Neues anzupassen. Die Organisation muss fähig sein, die Veränderungen mitzugestalten und nicht davon getrieben zu werden. Dass Führungskräften auf allen Ebenen dabei eine Schlüsselrolle zukommt, wird noch immer unterschätzt. Ich durfte zahlreiche grosse Transformations-Prozesse leiten. Mein grosser Vorteil: Ich liebe Veränderung – weil sie notwendig ist, um zu wachsen und auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Doch es gibt zwei Fallen, die ich gerne mit euch teile – damit ihr nicht hineintappt.

  1. Stillstand trotz Strategie: Strategisch sind sich Verwaltungsrat und CEO einig, wohin es gehen soll. Auch in der Geschäftsleitung sagen alle Ja, die Transformation soll beginnen. Doch dann passiert – nichts. Dieser «Strategy Execution Gap», also die Lücke zwischen Strategie und Umsetzung, kostet Unternehmen Unsummen. Die Ursache? Es fehlt die Unterstützung, meist im mittleren Management, um die Veränderungen wirklich umzusetzen. Studien zeigen, dass 70 % aller Change-Projekte scheitern, weil die Mitarbeitenden nicht ausreichend eingebunden werden.
  2. Die eigenen Teams unterschätzen. «Ach, die wollen ja gar nichts Neues machen, die können wir ohnehin nicht mitnehmen.» Auch das habe ich schon oft gehört, häufig von Chef:innen, die ebenfalls etwas müde waren nach zahlreichen Veränderungsprozessen. Meine Erfahrung: Fast alle kommen gerne mit durch die Veränderung – wenn man ihnen die Angst vor dem Neuen nimmt und sie gut begleitet.
Katia Murmann
Hole dein Team ab, nimm Ängste ernst – und mache auch klar, dass es Unsicherheiten geben wird. 

Wie also kann Veränderung gelingen? 5 Schritte, wie du erfolgreich durch den Change führst.

  1. Starte mit dem «Warum»: Kommunikation ist in Transformationsprozessen zentral: Alle Mitarbeitenden müssen verstehen, warum eine Veränderung notwendig ist. Weil sich Kundengewohnheiten verändern, das Unternehmen sonst nicht weiter erfolgreich sein kann, weil sonst Stellen in Gefahr sind. Hole dein Team ab, nimm Ängste ernst – und mach auch klar, dass es Unsicherheiten geben wird. 
  2. Nutze Daten – wohldosiert: Gibt es Daten, die zeigen, warum es wichtig ist, dass ihr diese Veränderung macht? Bereite sie übersichtlich auf, fokussiere dabei nur auf das Wichtigste. Vielen hilft es, anhand von Daten die aktuelle Situation zu verstehen. Versuch auch im Change-Prozess, immer wieder Daten zu zeigen, zum Beispiel um Fortschritte zu zeigen. 
  3. Trainiere neue Skills: Meist brauchen Mitarbeitende im Change neue Fähigkeiten oder sind zumindest nicht ganz sicher im Umgang mit dem Neuen. Hier hilft es, Trainings anzubieten. Ganz wichtig: dabei immer das Gelernte anwenden lassen. Erst dann zeigt sich, ob es wirklich verstanden wurde und im Alltag eingesetzt werden kann. Auch wenn nicht alle von Anfang an begeistert sind, dass sie etwas Neues lernen werden – am Schluss habe ich oft viel Dankbarkeit erlebt.
  4. Beziehe dein Team mit ein: Schaffe regelmässig Möglichkeiten und Gefässe, wo dein Team Ideen und Feedback äussern kann. Sie wollen nicht nur informiert, sondern auch aktiv beteiligt werden. Daraus entwickelt sich «Ownership», wo das Gefühl entsteht, dass man der Veränderung nicht einfach ausgeliefert ist, sondern sich selbst einbringen kann. Hier ist wichtig: Es wird immer einen kleinen Teil geben, der sich lautstark über alles beschwert. Lass dich davon nicht verunsichern – sondern konzentriere dich auf die Mehrheit, die mitzieht.
  5. Bleibe dran! Durch Veränderung zu führen, ist harte Arbeit. Es wird immer wieder Rückschläge geben, wenn du zum Beispiel neue Arbeitsabläufe einführst, und dann doch wieder alle in alte Muster verfallen. Hier ist wichtig, beharrlich zu sein und den Weg weiter zu gehen – natürlich immer mit dem Feedback deines Teams. 

Meine schönste Rückmeldung nach einem Change-Prozess kam von einem älteren Kollegen: «Ich hätte nie gedacht, dass wir das schaffen können. Danke, dass du uns auch gegen unseren Widerstand mitgenommen hast.»

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