«Brilliant, wir machen es genauso, wie Manuel es gerade beschrieben hat», sagt der Chef. Wie bitte? Da habe ich vier Anläufe nehmen müssen, um in der Sitzung überhaupt zu Wort zu kommen – und dann schreibt der CEO meine Idee direkt dem Kollegen neben mir zu. Alle anderen nicken. Ich fühle mich im falschen Film. Als ich protestieren will, hört mich keiner mehr. Das Meeting ist beendet.
Willkommen in der täglichen Meeting-Misere, in der meistens Männer das Sagen haben:
- Studien zeigen, dass Männer in Meetings den Beiträgen von anderen Männern mehr Gewicht geben als jenen von Frauen und diese eher als «leaderlike» einschätzen.
- Professorin und Schriftstellerin Ali Hazelwood nennt es «Sausage Referencing», wenn Männer die Idee einer Frau als die eigene verkaufen. Geläufiger ist der Begriff «Bropriation».
- Männer reden im Schnitt 75 Prozent mehr in Meetings als Frauen, wie Forscher:innen der Brigham Young University und Princeton aufgezeigt haben.
Auch Mansplaining ist an der Tagesordnung: Mehr als ein Mal habe ich am Anfang meiner Karriere eine Idee eingebracht. Nur um kurz darauf von einem Kollegen mit folgenden Worten unterbrochen zu werden: «Was sie eigentlich sagen will…»
Nach dem x-ten Meeting als Unsichtbare beschloss ich: Das passiert mir nicht wieder! Und damit auch euch das nicht wieder passiert, habe ich hier fünf Tipps zusammengestellt, die mir geholfen haben, in Meetings gehört und gesehen zu werden:
- Körperhaltung: Frauen wollen oft zeigen, dass sie gut zuhören. Dazu lehnen sie sich nach vorne und nicken. Viel besser ist: Sich selbstbewusst nach hinten lehnen, in die Runde blicken und auch mal die Arme hinter dem Kopf zu verschränken. Sozialpsycholgin Amy Cuddy hat gezeigt, dass sogenannte Power Poses, also Positionen, die Macht demonstrieren und mit denen man Raum einnimmt, helfen, sich mental stärker zu fühlen.
- Sprich langsam: Frauen wollen oft in kurzer Zeit so viel wie möglich sagen. Dabei ist weniger mehr. Überleg dir schon vor dem Meeting, welche Punkte dir wichtig sind. Formuliere diese dann langsam und klar. Lass dich nicht hetzen.
- Lass dich nicht unterbrechen: Eine Studie der George Washington Universität zeigt, dass Männer Frauen in Meetings 33 Prozent mehr unterbrechen als andere Männer. Das kannst du ändern: Mach dir erst einmal bewusst, dass du unterbrochen wirst. Versuche deine Ausführungen nicht zu beenden, sondern bleibe gelassen und sage ganz ruhig und bestimmt: «Kann ich das bitte noch zu Ende erklären?» oder «Bitte lass mich ausreden.» Dann rede ruhig weiter und schliess deine Ausführung ab.
- Nimm, was dir zusteht: Forscher:innen nennen es «Bropriation», wenn Männer die Ideen von Frauen als die eigenen verkaufen. Bleib auch hier gelassen und sag, wenn der Kollege fertig geredet hat: «Danke, dass du auf meinen Punkt zurückgekommen bist.» Oder: «Schön, dass du meine Idee gut findest. Wie ich vorhin bereits gesagt habe …»
- Plane deinen Auftritt: Das ist ein Pro-Tipp einer Kollegin von mir. Sie hat mich darauf aufmerksam gemacht, wie unterschiedlich Männer und Frauen in ein Meeting gehen. Frauen sitzen oft schon Minuten vor Beginn wie fleissige Bienchen vor dem Computer oder Notizbuch im Sitzungszimmer. Während Männer noch miteinander lachen und netzwerken. Und wenn sich Männer dann setzen, nehmen sie viel Platz ein: Sie breiten sich im Raum und auf dem Tisch aus mit Kaffee, Schlüsseln, Portemonnaie, Handy. Dieses Verhalten verleiht ihnen Platz und Gewicht. Versuch es auch mal!
Und natürlich: Am besten ist, wenn Männer und Frauen Hand in Hand arbeiten, um das Meeting-Minefield zu entschärfen. Was also können Männer dazu beitragen, dass in Sitzungen alle gehört werden?
- Sich bewusst werden, dass sie Männern unbewusst mehr Kompetenz zuschreiben als Frauen.
- Gezielt Frauen das Wort geben, um ihre Meinung zu hören und ihrer Stimme in der Runde Gewicht zu geben.
- Auf Handzeichen achten, wenn jemand etwas sagen will – damit niemand andere unterbrechen muss, um zu Wort zu kommen.
Das Gute ist: Du kannst heute damit beginnen, etwas zu ändern, damit du in Sitzungen besser gehört wirst. Beobachte dich und andere in Meetings. Was fällt dir auf? Was willst du ändern? Lies noch mal die fünf Tipps oben und mach dir einen Plan, wie du sie anwenden willst. Reflektiere nach jedem Meeting, was du schon verbessern konntest und was noch nicht geklappt hat. Mit der Zeit wirst du merken, dass du wesentlich stärker wahrgenommen wirst.
Und denk immer daran: Dass du als Frau mehr gehört wirst, ist nicht nur für dich gut, sondern auch für jedes Unternehmen: Teams, in denen alle Stimmen gehört werden, haben bis zu 70 Prozent mehr Innovationskraft.
Was hast du schon in Meetings erlebt? Was sind deine Tipps, um gehört zu werden? Und über welche Themen im Bereich Arbeitswelt & Leadership würdest du gerne mehr erfahren? Lass es mich wissen und schreibe mir an katia@wolfpak.io oder an hello@ellexx.com.
Katia ist Co-CEO und Founderin von WolfPak, dem digitalen Leadership-Begleiter für junge Führungskräfte. Ihre Mission: eine bessere Arbeitswelt dank besserer Chef:innen. Sie ist Mitgründerin der Initiativen EqualVoice und Edit-a-thon und setzt sich dort für mehr Sichtbarkeit von Frauen in den Medien und auf Wikipedia ein. Zudem ist sie Stiftungsrätin der Public Discourse Foundation gegen Hate Speech im Internet. Weiter ist sie Verwaltungsrätin, verheiratet und Mutter von drei Kindern.