Die Musikerin spricht im Money Talk über die Unterschiede zwischen der West- und Deutschschweiz und erklärt, weshalb sie die Gage auf einem Filmset lieber nicht anspricht – ihr Konzerthonorar erklärt sie uns aber gerne.
Welche Gefühle löst Geld bei dir aus?
Eigentlich ein sehr positives. Genügend Geld zu haben, gibt mir die Gewissheit, dass ich andere und mich mit Taten oder Materiellem weiterbringen kann.
Du bist in Frankreich und der Westschweiz aufgewachsen und später in die Deutschschweiz gezogen. Inwiefern unterscheidet sich die Geldkultur?
Zwischen der West- und der Deutschschweiz gibt es tatsächlich Unterschiede, die ich beurteilen kann. Ich habe in beiden Gebieten für das Fernsehen gearbeitet, für SRF und RTS. Ich würde das Verhältnis als «Hippie vs Business» beschreiben: Die Deutschschweiz ist relativ rigoros, wenn es um Geld geht. Ich habe das Gefühl, hier gibt es mehr Fettnäpfchen, und es wird weniger offen über Geld gesprochen. In der Westschweiz ist es etwas lockerer. Man kann gut über etwas lachen, wenn es um Geld geht, oder einen Witz machen, was in der Deutschschweiz vielleicht nicht so gut ankommen würde. Hier ist man vorsichtiger. Kultur wird sowohl in der West- als auch in der Deutschschweiz gleich geschätzt. Tendenziell wird man aber in der Deutschschweiz ein wenig besser bezahlt, würde ich sagen.
Warum fällt es uns so schwer, über Geld zu sprechen?
Das ist eine schwierige Frage. Geld ist für mich im Prinzip kumulierte Energie. Das macht die Angelegenheit aber auch wahnsinnig intim. Zu einem Kästchen, das man ungern vor allen öffnet. Immer noch nicht. (Denkt lange nach.) Ich muss sagen, eigentlich verstehe ich es nicht. Im Kunstbereich ist man gewohnt, seine Gefühle zu zeigen und diesbezüglich nackt zu sein. Und Geld hat ja auch viel mit Gefühlen zu tun. Vielleicht ist es das? Wenn man über Geld spricht, macht man sich verletzlich. Deshalb sprechen wir so ungern darüber: Geld ist etwas so Intimes, wie es Gefühle auch sind.
Sprichst du mit deinen Berufskolleg:innen offen über Honorare?
Es gibt Unterschiede. Mittlerweile arbeite ich vor allem im Musikbusiness, und hier bin ich meistens sehr transparent. Konzertgagen beispielsweise erkläre ich problemlos bis zum letzten Rappen. Auf einem Filmset aber würde ich das Thema Gage nicht ansprechen.
Weshalb?
Weil die Produktion je nach Darsteller:in unterschiedlich hohe Gagen anbieten kann. Diese Unterschiede könnten zu Spannungen auf dem Set führen. Und wenn die Stimmung auf einem Set schlecht ist, kann das im schlimmsten Fall die Dreharbeiten gefährden. Wenn, dann würde ich daher an einem Filmset nur unter vier Augen über Geld sprechen.
Wie viel verdienst du denn mit einem Konzert?
Das ist sehr unterschiedlich und natürlich vom Veranstaltungsort abhängig. Ich finde: Musik, vor allem Live-Musik, sollte überall stattfinden können, und es darf nicht am Geld scheitern. Vor allem im Ausland, in Südfrankreich zum Beispiel, habe ich am Anfang meiner musikalischen Karriere für einen Hut gespielt. Also für Kollekte vom Publikum. Das habe ich zu Beginn auch an Konzerten in der Schweiz gemacht. An solchen Konzerten kamen jeweils zwischen 50 und 600 Franken zusammen. Mit wachsender Erfahrung konnte ich anfangen, meine Gagen zu verhandeln. Mein Maximum ist momentan 1500 Franken für eine Show mit meiner Band. Wir sind zu dritt. Obendrauf möchte ich übernachten können, eine warme Mahlzeit bekommen sowie Gästelistenplätze vergeben können. Das ist so mein Deal an Konzerten.
War das ein Prozess für dich?
Ja, auf jeden Fall. Ich musste zuerst an den Punkt kommen, diese Gage zu verlangen, weil ich finde, dass ich und meine Arbeit dieses Geld wert sind. Ganz ehrlich, am Anfang war ich sogar froh, dass ich nicht so viel verdient habe. Ich hätte mit diesem Druck nicht umgehen können. Heute ist das aber anders. Zudem, und das ist für mich der ausschlaggebende Punkt: Ich muss davon leben können. Musik ist mein Beruf, und ich bestreite meinen Lebensunterhalt damit. Ich bin also gezwungen, zu verhandeln.
Musst du als Frau deine Gagen härter verhandeln?
Ja. Ganz klar. Das will ich nicht schönreden. Gerade, wenn man freundlich und zuvorkommend ist – wie es viele Frauen sind –, kann es eher passieren, dass man sich vielleicht unter Wert verkauft. Zumindest bei mir persönlich kenne ich solche Situationen durchaus. Aber ich möchte ja nicht anders sein, als es meinem Wesen entspricht. Ich weiss, dass ich wegen meiner Offenheit und Freundlichkeit vielleicht härter verhandeln muss, aber es gibt mir die Chance, dass ich ein gutes Gespür für Menschen entwickeln kann. Dadurch spüre ich auch besser, wenn ich ausgenutzt werde.
Musstest du von diesem Gespür schon einmal Gebrauch machen?
Ganz am Anfang meiner Filmkarriere. Auf meinem ersten Filmset wurde mir eine Halbtagesgage angeboten. So etwas gibt es aber gar nicht, und ich wusste das. Also bin ich ins Produktionsbüro gegangen und habe gesagt: «Tut mir leid, aber es gibt keine Gagen für Halbtage.» Sie fragte mich dann, wie viel ich denn will, und ich verlangte das Doppelte. Die Produzentin ging darauf ein, hat mich danach aber nie mehr gebucht. Dieses Risikos muss man sich leider bewusst sein. Aber mir war es das wert. Heute kommen solche Situationen aber nicht mehr vor.
Viele Kunstschaffende in der Schweiz können nicht von ihrem Einkommen leben und sind auf Unterstützungen angewiesen. Wie siehts bei dir aus?
Ich habe das grosse Glück, dass ich von meiner Kunst leben kann, seit ich 20 Jahre alt bin. Als Teenager habe ich mir schon gesagt, dass ich nie Geldprobleme haben will – und irgendwie hat sich das bewahrheitet. Von der Musik lebe ich seit etwa zwei Jahren, vorher von Film- und Theater-Engagements.
Du bist selbstständig. Was stresst dich am meisten daran?
(Grinst.) Dass ich weiss: Wenn ich viel arbeite, dann kommt viel Geld rein – und wenn ich nicht viel arbeite, dann kommt halt nicht viel. Das ist so schlimm, das zu wissen!
Viele Selbstständige belastet vor allem das Thema Altersvorsorge. Wie ist das bei dir?
Diesbezüglich war ich immer sehr gut aufgestellt. Ich hatte zwei Pensionskassen, die ich mir aber inzwischen auszahlen liess. Das Geld habe ich in mein Haus investiert. Jetzt muss ich halt wieder von vorne anfangen mit der PK.
Wer hat mit dir zu Hause über Geld gesprochen?
Das war total entspannt. Meine Eltern haben immer offen mit mir und meinen Geschwistern darüber gesprochen, wer wie viel verdient und wie viel Geld wir haben. Meine Mutter war auch Sängerin, und mein Vater ist Historiker. Er hatte also die klassische Funktion des Ernährers und bot der Familie ein regelmässiges Einkommen, was meiner Mutter mehr künstlerische Freiheit gab.
Was haben dir deine Eltern in Bezug auf Geld sonst noch mitgegeben?
Die beiden waren komplett unterschiedlich! (Lacht.) Meine Mutter lebte eher nach dem Motto: «Have fun and spend it.» Und mein Vater hatte ein ganz anderes Weltbild in Bezug auf Geld: Man kann auf sehr vieles verzichten, sich dafür aber sehr viel Schönes leisten.
Klingt nach einer guten Balance.
Ja, sehr!
Wie hat dich die Coronapandemie als Künstlerin getroffen?
Ich war damals noch angestellt und arbeitete in der Filmindustrie für viele verschiedene Arbeitgeber:innen. Durch die Pandemie habe ich viele dieser Jobs verloren. Ich habe zwar einen Antrag für staatliche finanzielle Unterstützung gestellt, fiel aber zwischen Stuhl und Bank und habe gar nichts gekriegt. Wie die meisten Kulturschaffenden, die verschiedene Arbeitgeber:innen hatten. Ich habe also mein letztes Geld zusammengekratzt, mir damit ein Auto gemietet, bin einen Sommer lang mit meiner Gitarre durch Frankreich gereist und habe Konzerte gespielt. Die Tour war tatsächlich finanziell rentabel. Diese Zeit war der Startschuss für meine Karriere als Musikerin. Gleichzeitig habe ich gelernt, wie wichtig es ist, als Selbstständige deine Finanzen im Griff zu haben. Ich habe jeden Abend meine Nötli gezählt – in Frankreich wird man oft bar bezahlt – und musste gut haushalten, damit alles aufging. Und es ging auf, zum Glück!
Wofür gibst du gerne Geld aus?
Für Geschenke und Restaurantbesuche.
Und wofür gar nicht?
Für Parkbussen! (Lacht.) Die sind so fies. Und für SMS-Gebühren.
Bitte?
Ja, ich bin ja häufig im Ausland unterwegs und kommuniziere dann via SMS. Und ich habe noch einen uralten Handyvertrag, eine SMS kostet 80 Rappen. Viel zu viel eigentlich, aber ich schaffe es irgendwie trotzdem nicht, meinen Vertrag anzupassen. (Grinst verschämt.)
Worauf sparst du?
Ich will eine Scheune neben meinem Haus bauen und darin mein eigenes Studio einrichten. Ein paar Mikrofone habe ich bereits, aber trotzdem wird es noch etwa zwei Jahre dauern, bis ich dieses Sparziel erreicht habe. Ich freue mich darauf.
Viel Erfolg damit!