Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
CashDigital Payment
SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:38
Ort:Zürich
Beruf:Yogalehrerin und Unternehmerin
Einkommen:-
Schulden:keine
Grösster Ausgabeposten:Gesundheit
Vermögen:-

Welche Beziehung hast du zu Geld?

Ich habe verschiedene Phasen durchlebt. Ich bin aufgewachsen mit einer gewissen Sorgfalt gegenüber Geld, aber auch mit der Haltung: Wir haben genug. Es reicht. Wir waren nicht übermässig reich, aber uns ging es finanziell gut. Ich hatte das Glück, nie den Gedanken oder das Gefühl von Knappheit zu haben. Wir hatten auch immer genug für eine gewisse Grosszügigkeit und Sicherheit. Das hat mich positiv geprägt. Dadurch hatte ich einen selbstbewussten Umgang mit Geld. Und ich habe auf eigenwillige Weise mein erstes Geld verdient.

Womit denn?

Ich habe als Kind im Chor des Opernhauses Zürich gesungen. Das gab sehr gutes Sackgeld. Pro Auftritt erhielt ich 200 Franken. Ich hatte mehrere Auftritte im Monat. Das war für eine 10-Jährige echt viel Geld.

Was hast du damit gemacht?

Ich habe es gespart. Nicht für etwas Bestimmtes. Aber schon als Mädchen hatte ich das Bedürfnis, unabhängig und selbstständig zu sein.

Aylin Karadayi
Alle Frauen in meiner Familie haben gearbeitet, Karriere gemacht und waren finanziell unabhängig. Das hat mich geprägt.

Haben dir das deine Eltern beigebracht?

Teilweise schon. Meine Mutter war immer selbstständig, wie eigentlich alle Frauen in meiner Familie. Alle haben gearbeitet, Karriere gemacht und waren finanziell unabhängig. Das hat mich geprägt.

Gab es in deiner Familie einen Leitsatz zum Thema Geld?

Von meiner Mutter habe ich gelernt, dass man durch Grosszügigkeit keinen Verlust erlebt – nicht nur aufs Geld bezogen. Sie hat mir immer das Gefühl gegeben: Es reicht, du hast genug, auch wenn du grosszügig bist. Mein Vater war eher sparsam. Er war mal eine kurze Zeit lang arbeitslos. Zu sehen, dass die Sicherheit plötzlich von einem Tag auf den anderen weg sein kann, war für mich damals schon einschneidend. Trotzdem habe ich von meinem Vater auch immer wieder gehört: Du kannst nicht immer nur Geld gewinnen oder vermehren. Hin und wieder wirst du auch Geld verlieren oder musst es investieren, damit du finanziell weiterkommst. Interessanterweise lebe ich beide Grundsätze: Ich bin selbstständig und investiere immer wieder Geld in mein Business und meine Ideen.

Du hast früh deine eigenen Ideen verfolgt und umgesetzt. Magst du davon erzählen?

Ich hatte schon immer den Wunsch, etwas zu kreieren oder zu erschaffen. Und ich hatte immer viele Ideen. Als Kind habe ich beispielsweise Konzerte oder Flohmärkte organisiert. Dass ich mal unternehmerisch tätig sein werde, lag darum irgendwie nahe. Ich wusste aber nicht genau, in welche Richtung es mich zieht. Darum habe ich nach meinem Studium erst mal im Kulturmanagement gearbeitet. Als ich im Alter von 27 Jahren, also noch sehr jung, schwer erkrankte, musste ich mir die Frage stellen: Was ist mir wirklich wichtig? Da habe ich gemerkt, dass das Thema Gesundheit für mich zentral ist.

Wie ging es weiter?

Als es mir wieder gut ging, habe ich meine erste Ausbildung zur Yogalehrerin absolviert, aus Interesse und weil es mir guttat. Das war vor rund zehn Jahren. Ich wollte aber nicht auf dem Beruf arbeiten, sondern habe parallel dazu 2014 mein eigenes Food-Unternehmen gegründet. Es war ein Delivery- und Take-away-Konzept mit dem Fokus auf pflanzenbasierter Ernährung. Das Business lief sehr gut. Aber dann wurde mir die Küche, also unser Arbeitsplatz, gekündigt. Ich hatte keine Infrastruktur mehr. Das war hart. Mir wurde eigentlich auf dem Höhepunkt der Boden unter den Füssen weggezogen. Eine neue Küche mit einem Ladenlokal zu finden und damit bei Null anzufangen, war für mich nicht machbar. Ich lasse mich aber von solchen Dingen nicht unterkriegen. Für mich war klar, dass ich was anderes mache, und so habe ich meinen Fokus auf das Yoga gelegt.

Heute bist du Yogalehrerin und Unternehmerin. Was davon bist du mehr?

Ich bin beides. Wenn ich jeweils sage, ich sei Yogalehrerin, dann kommt sofort die Frage: Was machst du sonst noch? Diese Frage nervt mich, und sie kommt immer von Leuten, die nicht wissen, was es alles braucht, um selbstständig zu sein. Ich unterrichte Yoga, weil das für mich eine Herzensangelegenheit und meine grosse Leidenschaft ist. Ich bin aber auch realistisch genug, um zu wissen, dass ich vom Unterrichten allein nicht leben kann. Ich habe darum rund ums Yoga ein Business aufgebaut. Ich habe ein eigenes Studio, das ich betreibe und untervermiete. Ich unterrichte nicht nur, ich biete auch Privatstunden und Facereadings, die Analyse von Gesichtern, an. Es ist also recht vielfältig. Und ich kreiere Ausbildungsprogramme und führe diese auch durch.

Stresst es dich, auf Geld von anderen angewiesen zu sein?

Interessanterweise nicht. Zum einen haben wir einen durchdachten und realistischen Businessplan. Ich kann voll und ganz hinter dem Projekt stehen. Zum anderen fühlt es sich sehr gut an, etwas Grosses anzupacken. Ich bin 38 Jahre alt und stehe an einem Punkt in meinem Leben, an dem ich Lust habe, das Kleinunternehmertum zu verlassen und mich und meine Visionen weiterzuentwickeln.

Ich bin ein sehr grosszügiger Mensch. Mir war es darum unangenehm, Geld für meine Arbeit zu verlangen.

Wann hat dich Geld schon mal belastet?

Das gab es bisher zweimal. Das erste Mal war, als ich mein Food-Unternehmen schliessen musste und die Sache mit dem Yoga noch nicht richtig angelaufen war. Da hat mir meine finanzielle Situation schon immer wieder Sorgen gemacht. Das war eine schwierige Zwischenphase. Ich habe aber nicht einfach ausgeharrt, sondern habe Geld in einen Business-Coach investiert. Das war Geld, das ich eigentlich nicht hatte, aber ich wusste: Ich muss jetzt investieren, damit es weitergeht. Und das hat sich ausgezahlt.

Und das zweite Mal?

Das zweite Mal war die Covid-Pandemie. Uns in der Yogabranche hat es sehr hart getroffen. Wir konnten faktisch nicht mehr arbeiten. Ich stand kurz vor einem Burn-out. Auch aufgrund der Nutzlosigkeit, mit der ich plötzlich konfrontiert war. Meine Arbeit ist ein zentraler Teil meines Lebens, sie erfüllt mich. Nichts mehr tun zu können, die finanziellen Unsicherheiten und die administrativen Herausforderungen für die Kurzarbeitsentschädigung haben mich sehr belastet. Die Pandemie war eine lange Durststrecke.

Konnte sich dein Business voll erholen?

Der Umsatzrückgang war lange Zeit gross. Meine Einbussen gegenüber den Jahren vor der Pandemie waren bei fast 40 Prozent. Ich hätte aufgeben können, aber das war für mich keine Option. Im Gegenteil: Ich habe auf allen Ebenen investiert und mit VVOO sogar ein neues Business gegründet. Seit Februar dieses Jahres stehen das Studio und der Shop. Aber ich habe auch viele Studios und Lehrer:innen in der Branche gesehen, die es nicht geschafft oder aufgegeben haben.

Wie schaffst du es, dranzubleiben?

Für mich gibts einfach keine andere Option. Ich bin seit zehn Jahren in dem Bereich tätig, in dem ich mich zu Hause fühle und gut bin. Das geht über Yoga hinaus. Es geht um Gesundheit. Hier habe ich meine Expertise. Für mich ist es undenkbar, um nicht zu sagen absurd, den Bereich zu wechseln. Darum bleibt mir nur eins: Ich muss nach vorne schauen und mein Unternehmen weiterbringen.

Um für meinen Wert einzustehen, hilft es mir, mir in Erinnerung zu rufen, wie viele Ausbildungen ich gemacht und wie viel Zeit ich investiert habe.

Als Selbstständige bestimmst du, wie viel deine Arbeit kostet. Wie ist das für dich?

Das war besonders am Anfang sehr schwierig für mich. Auch weil viele meiner Kund:innen Leute aus meinem Bekanntenkreis waren. Ich bin ein sehr grosszügiger Mensch. Mir war es darum unangenehm, Geld für meine Arbeit zu verlangen. Das ist teilweise bis heute so. Inzwischen habe ich aber gelernt, damit umzugehen. Und ich habe gewisse Strategien entwickelt.

Wie sehen die aus?

Ich bin inzwischen sehr strikt, wenn es ums Business geht, und ich versuche, so viel wie möglich formell und klar zu regeln. Ich nehme beispielsweise so gut wie kein Bargeld mehr an, und Buchungen werden im Voraus bezahlt. Ein Grund dafür ist, dass ich in der Yogaszene sehr schlechte Erfahrungen mit No-Shows gemacht habe. Diese Leute besetzten Plätze, sind dann nicht gekommen und wollten auch nicht bezahlen. Da hatte ich schon einige Diskussionen. Kommt aber jemand spontan in eine Yogastunde, ist es mir auch heute noch unangenehm, ihn oder sie danach um das Geld zu bitten. Ich habe einerseits Angst, gierig zu wirken. Andererseits hat es auch mit der Branche zu tun.

Inwiefern?

Unsere Leistungen werden zu wenig wertgeschätzt. Vielen ist nicht bewusst, wie viel Arbeit und Zeit in dieser Arbeit steckt. Das hängt auch damit zusammen, dass es in der Yogaszene grosse Unterschiede gibt. Die einen absolvieren ein einziges Lehrer:innen-Training in Bali und unterrichten danach. Die anderen studieren seit Jahren Yoga. Das ist ein qualitativer Unterschied, den viele aber nicht auf den ersten Blick sehen. Um für meinen Wert einzustehen, hilft es mir, mir in Erinnerung zu rufen, wie viele Ausbildungen ich gemacht und wie viel Zeit ich investiert habe.

Musst du dich oft für deine Preise rechtfertigen?

Ja, das kommt schon immer wieder vor. Ich habe mir aber auch vorgenommen, mit den Rechtfertigungen aufzuhören. Ich habe meinen Preis, wenn das für jemanden nicht passt, ist das völlig in Ordnung. Meine Freundinnen und ich bestärken einander immer. Wir sagen uns: Wir haben uns unseren Wert hart erarbeitet, und dafür müssen wir einstehen. Manchmal gelingt es gut, oft ist es aber schwierig.

Welche Unterschiede stellst du zwischen Frauen und Männern fest?

Für Frauen ist es schwieriger, für ihren Wert einzustehen. In der Yogabranche verstärkt sich dies, weil hier viele Frauen tätig sind. Dadurch wird die Branche als Ganzes weniger ernst genommen. Die Arbeit einer Yogalehrerin wird noch immer von vielen als Hobby gesehen. Mir wünscht man zum Beispiel viel Spass, wenn ich zur Arbeit gehe.

Zahlst du dir einen fixen Lohn?

Ich zahle mir von meiner Firma monatlich einen fixen Betrag aus. Wie viel, möchte ich nicht sagen. Es ist aber relativ bescheiden und reicht für meine Fixkosten. Es ist wichtig, dass meine Firma liquid bleibt.

Wie sorgst du fürs Alter vor?

Ich zahle in eine Pensionskasse ein, damit ich keine Lücken habe. Die dritte Säule muss ich jetzt unbedingt angehen. Das Thema habe ich gerade mit meinem Buchhalter besprochen.

Mit wem ausser deinem Buchhalter redest du über Finanzielles?

Ich rede am meisten mit meinen Eltern und meinem Partner über Geld. Ausserdem ist es mir wichtig, bei diesen Themen transparent zu sein. Es braucht doch einen gewissen Austausch. Gespräche über Geld zu führen, ist aber nicht immer einfach. Gerade unter Frauen ist es schon oft ein Tabuthema. Ich weiss beispielsweise nicht, was mein Umfeld so verdient. Viele sind bei solchen Fragen zurückhaltend, und ich bohre nicht nach, wenn sich jemand nicht äussern möchte.

Was wünschst du dir für deine finanzielle Zukunft?

Meinen Traum des Yogastudios habe ich mir erfüllt, nun möchte ich eine sorgen-freie Zukunft, damit unsere Schüler:innen und Kund:innen noch ganz lange einen Ort in Zürich haben, der ihnen als Refugium dienen kann. Mein finanzielles Ziel ist es, so lange arbeiten zu dürfen, wie es mir Freude bereitet, und meine Grenzen zu respektieren, dabei finanziell abgesichert zu sein. Damit ich auch einfach mal krank sein oder in die Ferien gehen kann.