Der CEO der Swiss Ice Hockey Federation, Patrick Bloch, spricht in den Männerfragen über die Schwierigkeiten für männliche Sportler, Sponsoren zu finden, seine Gefühle und Haartransplantationen.
Wir konfrontieren Männer mit Fragen, die nur Frauen gestellt werden. Wir wollen damit Stereotypen aufbrechen, aber auch Toxizität entlarven.
Du hast einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen: Wie bist du als Mann zum Eishockey gekommen?
(Schmunzelt.) Als Davoser «Bergbub» gab es nur zwei sportliche Optionen: Entweder man fährt Ski, oder man spielt Eishockey. Ich habe beides gemacht, aber mir wurde schnell klar, dass Eishockey meine grosse Leidenschaft ist. Als Bub hat mich fast nichts anderes interessiert. Auch die Schule war für mich daher eher ein leidiges Muss.
Aber das ist doch so ein grober Sport für einen Buben. Warum bist du denn nicht ins Eiskunstlaufen?
Mir haben das Körperliche und der Körperkontakt beim Eishockey Spass gemacht. Der Körpereinsatz und die Geschwindigkeit waren sogar Hauptgründe, weshalb mich der Sport so fasziniert hat. Aber ich hatte tatsächlich auch Eiskunstlaufunterricht. Dabei ging es nicht um Sprünge und Pirouetten, sondern ich sollte lernen, mit der richtigen Technik Schlittschuh zu laufen.
Das musst du jetzt erklären.
Eiskunstläuferinnen fahren dank der richtigen Technik fast ohne Kraft. Das ist sehr effizient. Darum bot der Hockey Club Davos seinen Junioren dazumal auch ein Eiskunstlauftraining an. Eine Stunde pro Woche. Das hat uns zwar wenig begeistert, trotzdem habe ich es gemacht und eine Zeit lang sogar noch zusätzliche Privatstunden genommen.
Also doch ein verkappter Eiskunstläufer. Sag mal, wie war das eigentlich unter so vielen Buben? Da gab es bestimmt oft Zickenterror?
Wir mochten uns alle und waren ein gutes Team. Es gab aber auch hin und wieder «Zickereien». Manchmal waren wir neidisch aufeinander, und ab und zu wurde auch gelästert.
Typisch Buben!
Ja, vermutlich (lacht).
Anderes Thema: Warum bekommt Männer-Eishockey eigentlich so wenig mediale Aufmerksamkeit?
Zu meiner aktiven Zeit gab es vor allem das Fernsehen. Social Media war noch kein Thema, und im Juniorenhockey gab es auch noch keine Übertragungen. Uns war das damals aber egal. Wir hatten einfach Freude am Sport und wollten unserer Leidenschaft nachgehen. Wenn ich heute schaue, wie viel auch bei den Junioren möglich ist, dann wäre es schon schön gewesen, wir hätten auch schon dazumal ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bekommen. Die jungen Spielerinnen und Spieler profitieren heute sicher von den sozialen Medien.
Das ist bestimmt so. Was ich aber meinte war: Hat es dich nie gestört, dass die Frauen den Männern im Hockey den Rang ablaufen?
Ach so (lacht), jetzt versteh ich! Ich muss ehrlich sagen, dass es mir in meiner aktiven Zeit wirklich nie darum ging, mediale Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich wollte einfach spielen, Spass haben und erfolgreich sein. Das war meine Leidenschaft.
Wie geht es dir so damit, dass ihr Männer im Sport vor allem nach eurem Aussehen beurteilt werdet – egal wie viel Mühe ihr euch sportlich gebt?
Hahaha. Wir Hockeyspieler wurden aufgrund unserer sportlichen Statur und unserer trainierten Körper immer bewundert. Das haben wir hin und wieder zu unserem Vorteil genutzt (lächelt).
Ich höre …
Auf dem Spielfeld wollten wir schon mit unseren sportlichen Leistungen begeistern. Im Turnunterricht, in der Badi oder im Ausgang hingegen hat es aber auch nicht geschadet, einen athletischen, durchtrainierten Körper zu haben.
Und bei der Jobsuche wohl auch nicht.
(Schaut fragend auf.)
Naja, dein athletischer Körper und dein charmantes Lächeln haben dir sicher geholfen, den Posten als CEO bei Swiss Ice Hockey zu ergattern.
(Blickt etwas verlegen auf.) Ähm, also nein, mein Aussehen hat da überhaupt keine Rolle gespielt. Das sollte es auch nicht bei einem solchen Posten, finde ich.
Wenn du das sagst. Womit hast du denn sonst überzeugt?
Ich denke, dass ich mit meiner Persönlichkeit und meinem Know-how überzeugt habe. Und mit meiner Erfahrung. Einerseits war ich selbst Leistungssportler. Ich weiss, was es heisst, Profisportler zu sein, und was man dafür braucht. Andererseits hatte ich schon in jungen Jahren die Möglichkeit, einen Klub als Geschäftsleiter zu führen. Dieser Leistungsausweis war wohl ausschlaggebend dafür, dass ich den Posten des CEO bekommen habe.
Kannst du das auch wirklich – führen, entscheiden, mit Zahlen umgehen, strategisch denken?
Ja, ich bin überzeugt, diese Dinge gehören zu meinen Stärken. Ich bin ein strukturierter und analytischer Mensch. Mein Problem ist, dass ich mich manchmal noch zu sehr von meinen Emotionen leiten lasse.
Also ein Softie?
Nein, eher im Gegenteil. Wenn ich nicht zufrieden bin mit mir oder mit der Leistung von Mitarbeitenden, dann rege ich mich auf. Das hat damit zu tun, dass ich ein Perfektionist bin. Ich will immer das Optimum herausholen.
Das ist eher ungewöhnlich für einen Mann. Woher kommt dieser Ehrgeiz?
Schwierig zu sagen. Vielleicht kommt es daher, dass ich mich im Sport schon früh beweisen musste. Ich war nie der Talentierteste und musste mich durchkämpfen. Viele haben mir eine sportliche Karriere wohl nicht zugetraut. Das hängt mir vermutlich bis heute etwas nach. Ich will allen beweisen, dass ich es schaffen kann.
Du warst 33 Jahre alt, als du den CEO-Posten bei Swiss Ice Hockey übernommen hast. Im besten Alter, um Familie zu gründen. Warum machst du da Karriere?
(Überlegt sehr lange.) Gute Frage. (Überlegt nochmal.) Ich glaube, ich habe den Schritt gemacht, weil ich eine Partnerin habe, die mich unglaublich unterstützt. Ohne sie wäre das nicht möglich gewesen. Und auch heute würde ich das alles gar nicht schaffen. Meine Töchter sind erst fünf und sieben Jahre alt, da steckt enorm viel Arbeit dahinter.
Du hast ja eine echt tolle Frau an deiner Seite …
Ja, ich habe wirklich Glück, und ich schätze es auch sehr. Ich arbeite viel, nicht nur unter der Woche, sondern auch an den Wochenenden. Meine Frau hält mir den Rücken frei. Vielleicht sollte ich ihr noch etwas öfter sagen, dass ich ihr sehr dankbar bin und weiss, dass das nicht selbstverständlich ist (spricht eher zu sich selbst).
Wie kommst du so mit dem schlechten Gewissen gegenüber deinen Kindern klar? Hast du oft Angst, zu Hause etwas zu verpassen?
Je älter sie werden, desto mehr habe ich das Gefühl, Dinge zu verpassen. Alle haben mir gesagt, dass die Zeit mit den Kindern so schnell vorbeigeht. Jetzt spüre ich das tatsächlich. Sie werden selbstständiger und sind mehr und mehr unterwegs. Sie erleben vieles ohne mich. Ich hinterfrage auch immer mal wieder, ob ich meine Prioritäten richtig setze. Aber für den Moment stimmt es so.
Kommen wir noch zum Beautytalk: Was unternimmst du gegen deine wachsende Glatze?
Ich habe relativ jung viele Haare verloren. Man sagt, das liege daran, dass wir Hockeyspieler so oft einen Helm oder ein Cap tragen. Ob das stimmt, weiss ich nicht. Dieser Haarverlust hat mich schon ziemlich gestresst. Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden. Ich unternehme nichts dagegen. Wir haben jetzt aber mit «Hair and Skin» einen neuen Partner bei Swiss Ice Hockey. Die machen Haartransplantationen. Vielleicht gehe ich da mal vorbei.
Dann bin ich gespannt. Hast du noch andere Problemzonen?
(Lacht.) Nach meinem letzten Eishockey-Spiel habe ich all meine Sportsachen in eine Tasche gepackt und sie zwei Jahre nicht mehr angerührt. Ich habe also zwei Jahre lang gar keinen Sport mehr gemacht. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich unbedingt wieder etwas machen muss. Einerseits, weil mir Sport mental guttut, als Ausgleich. Andererseits, weil mein athletischer Körper verschwunden ist und ich mich nicht mehr fit gefühlt habe. Darum mache ich jetzt wieder etwas Fitnesstraining.
Welche Übung hat dich wieder in Shape gebracht?
Rumpf- und Stabilisationstraining. Das ist etwas vom Besten und Anstrengendsten. Leider sieht man da auch am längsten keinen Erfolg. Wer ein Sixpack will, braucht ziemlich viel Ausdauer und muss Durchhaltevermögen haben.
Hast du denn eins?
Leider nicht mehr, aber ich arbeite daran.
Das klingt vielversprechend. Du hast es geschafft, danke für das Gespräch.
Danke auch. Es hat Spass gemacht.