Ich habe nie zu denen gehört, die ihre Wochenenden im Trikot auf dem Sportplatz verbracht haben. In meiner Jugend war ich in der Beobachter-Position – und habe als Journalistin für die Lokalzeitung über den Spitzensport in unserer Region berichtet, über Handball, Fussball und auch Baseball.
Die Sportler:innen mit ihrem Leistungswillen haben mich schon damals fasziniert. Heute weiss ich: Der Sport ist eine grossartige Leadership-Schule. Laut einer Studie von Ernst&Young haben 94 Prozent aller Frauen auf Ebene Geschäftsleitung aktiv Sport gemacht.
Was also können auch Nicht-Athlet:innen vom Sport für die Arbeitswelt lernen? Meine fünf wichtigsten Punkte:
1. Teamwork Kein Spitzenteam gewinnt ohne herausragende Zusammenarbeit. Selbst in Individualsportarten wie Tennis steht ein Team aus Trainer:in, Physiotherapeut:in und Analyst:in hinter den Athleten – auch wenn das Team nicht so sichtbar ist wie die Athlet:innen selbst. LeBron James, einer der grössten Basketballspieler aller Zeiten, sagte einmal in einem Interview: «Ich denke immer zuerst an das Team. Das ermöglicht mir und meinem Team, erfolgreich zu sein.» In der Arbeitswelt ist Teamwork leider noch nicht so selbstverständlich wie im Sport. Zu oft geht es darum, dass eine Person glänzt und befördert wird, während man das starke Team dahinter zu wenig sieht. Gute Führungskräfte aber wissen, dass das Team an erster Stelle steht.
2. Kontinuierliches Training Spitzensportler:innen trainieren täglich, oft über Jahre hinweg, um Höchstleistungen zu erreichen. Sie fragen nach Feedback, um sich konstant zu verbessern. Und selbst wenn sie an der Spitze sind, trainieren sie weiter, um ihre Form zu halten und noch besser zu werden. Dieses Mindset fehlt im Business heute noch weitgehend. Oder welche Führungskraft trainiert regelmässig schwierige Gespräche – um dann, wenn es ernst gilt, auch unter Druck gutes, konstruktives Feedback geben zu können?
3. Umgang mit Druck Wettkämpfe sind geprägt von hohem Druck – oft entscheidet ein einziger Moment über Sieg oder Niederlage. Die Fähigkeit, unter Druck konzentriert und fokussiert zu bleiben, ist auch im Business von unschätzbarem Wert. Wer gelernt hat, in entscheidenden Momenten ruhig zu bleiben, kann auch in Krisen klar denken und gute Entscheidungen treffen.
4. Umgang mit Niederlagen Leistungssportler:innen wissen, wie sie mit Rückschlägen umgehen müssen. Eine Niederlage ist nicht das Ende, sondern eine neue Chance, sich zu verbessern. Diese Fähigkeit, sich schnell wieder aufzurappeln und weiterzumachen, ist in der Arbeitswelt essenziell – wird aber trotz aller Failure-Kultur noch zu wenig gelebt. Wer nach einem gescheiterten Projekt oder wenn eine andere befördert wurde, aufgibt, verpasst die Möglichkeit, aus Fehlern zu lernen und stärker als zuvor zurückzukehren. Tennisspielerin Serena Williams hat es perfekt zusammengefasst: «Wahre Champions sind nicht durch ihre Siege definiert – sondern durch ihre Fähigkeit, nach Niederlagen wieder aufzustehen.»
5. Ruhepause und Regeneration Eine der wichtigsten Lektionen aus dem Leistungssport, die in unserer hoch getakteten Arbeitswelt völlig vernachlässigt wird, ist die Bedeutung von Erholung. Spitzensportler wissen, dass Regeneration entscheidend ist, um Höchstleistungen zu erbringen. Körper und Geist brauchen Zeit, um sich zu erholen und neue Energie zu tanken. «Ich habe gelernt, dass ich mein Bestes geben kann, wenn ich mir Zeit nehme, um aufzutanken,» sagt die Skirennläuferin Lindsey Vonn. Und auch wenn wir in der Arbeitswelt oft davon reden, wie wichtig Erholung ist – noch immer kommt vor allem weiter, wer dauernd erreichbar ist und von früh bis spät in Meetings ist. Aber ob das wirklich der richtige Weg zu Höchstleistung im Business ist?
Noch heute lerne ich viel von ehemaligen Sportler:innen – und versuche dies, auch in meiner Arbeit mit Führungskräften, immer stärker zu integrieren. Weil ich überzeugt bin, dass wir noch sehr viel mehr aus dem Sport lernen können. Wer die Haltung eine:r Spitzensportler:in annimmt, hat auch im Business die besten Chancen, Spitzenleistungen zu erzielen.