Welche Gefühle löst Geld bei dir aus?
Geld ist für mich einerseits etwas Positives, etwas, das uns Dinge ermöglichen kann, und etwas, das wir brauchen, um leben zu können. Auf der anderen Seite verbinde ich auch negative Dinge damit. Geld wird missbraucht, es führt zu einem Ungleichgewicht, und es gibt Menschen, die einfach zu wenig davon haben. Das bedaure ich. Ich versuche, Geld gegenüber möglichst positiv eingestellt zu sein.
Wie gehst du mit Geld um?
Ich bin vernünftig. Hin und wieder leiste ich mir etwas. Ich gebe Geld aber sehr bewusst aus, meistens für qualitativ hochwertige Dinge, die ich brauche, von denen ich überzeugt bin und die ich lange nutzen kann.
Wofür gibst du konkret Geld aus?
Ich kaufe gerne schöne Geschenke und mache anderen eine Freude. Ich gönne mir hin und wieder elegante Kleider oder einen neuen Anzug für die Arbeit, und ich leiste es mir, regelmässig zum Coiffeur zu gehen.
Du bist seit Oktober 2022 Direktorin des Hotels Heiden. Inwiefern hat sich deine Beziehung zu Geld seither verändert?
Meine Beziehung zu Geld hat sich nicht gross verändert. Meine Aufgabe als Hoteldirektorin ist unter anderem, darauf zu achten, dass wir im Team mit dem vorhandenen Geld sinnvoll umgehen. Das war ich schon bei früheren Jobs meine Aufgabe. Was sich verändert hat oder was ich versuche zu verändern, ist die interne Kultur im Umgang mit Ausgaben.
Wie meinst du das?
In diesem Betrieb wurde in den vergangenen Jahren viel gespart. Das Credo lautete: Je weniger man ausgibt, umso besser. Meine Haltung ist da etwas anders. Ich bin der Meinung, dass Sparen nicht immer die beste Lösung ist. Geld, das man nicht ausgibt, ist auf lange Sicht nicht unbedingt eingespart. Manchmal ist eine Investition deutlich nachhaltiger, weil man Dinge verbessern oder Schäden vorbeugen kann. Aktuell arbeite ich daran, die Sparkultur zu verändern und das unternehmerische Denken zu stärken.
Wie gehst du da vor?
Zum einen lebe ich es vor und bestehe darauf, dass Geld investiert wird. Natürlich sinnvoll, mit Augenmass und am richtigen Ort. Zum anderen übergebe ich den Mitarbeitenden mehr Verantwortung und Kompetenzen im Umgang mit Geld. Ich vertraue ihnen, dass sie die finanziellen Mittel richtig einsetzen.
Wie geht es der Schweizer Hotellerie aktuell?
Was die Buchungen und die Belegung angeht, sehr gut. Was den meisten zu schaffen macht, sind der Fachkräftemangel und der Kostendruck. Alles ist teurer geworden, die Kosten steigen. Das müsste man auf die Preise umwälzen. Dies ist allerdings nicht immer vollumfänglich möglich. Aktuell gilt es auszuloten, wie viel dieser Kosten auf den Zimmerpreis oder den Preis fürs Essen berechnet werden kann und was sonst eingespart werden kann.
Dann spürt ihr nicht, dass die Menschen weniger Geld zur Verfügung haben?
Ich denke, in der Hotellerie kommt es sehr darauf an, in welchem Bereich die Angebote sich bewegen. Wir sind ein Vier-Sterne-Haus. Zu uns kommen Menschen, die sich dank der Höhe ihres Einkommens auch heute noch einen Aufenthalt bei uns leisten können. Hier geht aber sicher eine Schere auf. In tieferen Preisklassen sieht es vermutlich anders aus.
Wie viel kostet ein Zimmer bei euch?
Die Preise sind vom Angebot und der Nachfrage gesteuert und liegen zwischen 220 und 400 Franken.
Welchen Luxus bietet ihr euren Gästen dafür?
Wir haben ein schönes Angebot im Wellness- und Spa-Bereich, das die Gäste geniessen können und welches viele als Luxus wahrnehmen. Zudem bieten wir gutes Essen, hergestellt aus qualitativ hochwertigen regionalen Zutaten. Für einige unserer Gäste ist es auch Luxus, eine Nacht im Hotel zu verbringen und freundlich empfangen und bedient zu werden.
Was kostet es, eine gute Gastgeberin zu sein?
Es braucht Freude, es braucht ein Feuer und die Überzeugung, dass es etwas Schönes ist, Gäste glücklich machen zu können. All das braucht viel Energie. Wenn man das gerne macht, ist es gar nicht so anstrengend. Finanziell kostet mich der Anspruch, eine gute Gastgeberin zu sein, unter Umständen meine Erfolgsbeteiligung.
Wie meinst du das?
Wenn wir unseren Gästen das bestmögliche Erlebnis bieten, kann ich mir selbst nicht noch einen hohen Bonus auszahlen. Denn das bestmögliche Erlebnis benötigt Ressourcen und Einsatz. Ich reinvestiere den Gewinn lieber ins Hotel, in die Infrastruktur oder in die Mitarbeitenden. Das ist für mich in Ordnung so. Ich bin ohnehin eine Gegnerin von Bonus-Modellen.
Warum?
Bonussysteme sind aus meiner Sicht nicht nachhaltig. Natürlich ist es schön, wenn ich eine gute Leistung erbracht habe und diese belohnt wird. Der Umkehrschluss funktioniert aber nicht. Bekomme ich keinen Bonus, muss das nicht heissen, dass meine Leistung nicht gut war. Es kann sein, dass die Ursache für ein schlechtes Jahr ganz woanders liegt als bei mir, beispielsweise in äusseren Umständen. Ich denke da an die Corona-Pandemie. In solchen Fällen wird das Bonussystem unfair. Vor allem für Menschen, bei denen der Bonus das Einkommen massgeblich beeinflusst. Für sie kann es plötzlich schwierig werden, über die Runden zu kommen, ohne dass sie etwas dafür können.
Wenn wir beim Thema Lohn sind: Wie stehst du zu den Löhnen in der Gastronomie und der Hotellerie?
Das ist ein grosses Thema, und man muss ehrlich sein: Die Löhne in dieser Branche sind eher tief im Verhältnis zur Leistung, die erbracht wird. Wer in der Hotellerie oder der Gastronomie arbeitet, muss körperlich und geistig viel leisten, die Arbeitszeiten und Bedingungen können hart sein. Die Löhne sind so gesehen schlicht zu tief. Das Problem zu lösen, ist aber nicht so einfach. Die meisten Gastronom:innen und Hoteliers zahlen nicht tiefe Löhne, weil sie Mitarbeitende ausbeuten und für sich mehr einstreichen wollen. Die meisten zahlen diese Löhne, weil sie schlicht nicht mehr Geld zur Verfügung und gleichzeitig hohe Kosten und Investitionen haben.
Wird Gastfreundlichkeit denn heute zu wenig wertgeschätzt – finanziell, aber auch auf persönlicher Ebene?
Ja, das ist meistens der Fall. Es ist manchmal grenzwertig, was sich die Mitarbeitenden an der Front von Gästen bieten lassen müssen. Bei uns ist es nicht so schlimm, unsere Gäste sind grösstenteils sehr nett. Bei uns wird auch die Freundlichkeit der Mitarbeitenden von unseren Gästen sehr geschätzt und oft erwähnt. Das ist aber nicht überall der Fall. Freundlichkeit und Gastfreundschaft sind leider oft eine Selbstverständlichkeit. Wenn jemand freundlich ist, wird das zu wenig verdankt oder geschätzt. Sobald das mal nicht der Fall ist, wird aber sofort reklamiert.
Trägt das auch zum Fachkräftemangel bei oder liegt es nur an den Löhnen?
Ich bin überzeugt, dass die fehlende Wertschätzung mit ein Grund für den Mangel an Personal ist – natürlich in Kombination mit den Löhnen und den Arbeitszeiten. Das bekommen auch renommierte Häuser zu spüren. Da muss sich etwas ändern, finanziell und bei den Arbeitsbedingungen. Die Vorteile der unregelmässigen Arbeitszeiten werden leider zu wenig ins Spiel gebracht und nicht erwähnt.
Was unternehmt ihr gegen den Fachkräftemangel?
Wir sind daran, die Strukturen zu analysieren und zu schauen, was wir für die Mitarbeitenden ändern und verbessern können. Ich tausche mich dazu viel mit den Mitarbeitenden aus und bin an der Front oft mit dabei. In einem ersten Schritt haben wir eingeführt, dass unsere Mitarbeitenden an Veranstaltungen teilnehmen können, die bei uns im Haus stattfinden und sich mit dem Thema Gesundheit befassen. Wer bei einer solchen Veranstaltung dabei sein möchte, kann dies teilweise auf Arbeitszeit tun. Das ist ein erster Schritt, aber wir arbeiten auch an weiteren Veränderungen.
Noch eine Frage zum Abschluss: Was wünschst du dir für deine finanzielle Zukunft?
Ich wünsche mir, dass ich unbeschwert leben kann und dass ich mir jene Dinge leisten kann, die ich brauche, und noch etwas Geld übrig bleibt fürs Geniessen.