Marcel Dobler ist Besitzer von Franz Carl Weber, er sitzt für die FDP im Nationalrat und fährt Bob. Uns erzählt der 42-Jährige Vater von zwei Kindern, wie er alles unter einen Hut bringt, wie viel Gewicht er stemmt und selbst auf die Waage bringt und warum er gerne Badehosen-Bilder postet.
Wir fragen Männer, was sonst nur Frauen gefragt werden. Wir wollen damit einen Dialog über Stereotypen in Gang setzen, zum Nachdenken und Schmunzeln anregen, aber auch Toxizität entlarven.
Muss ich jetzt eigentlich wie Andri Silberschmidt die #Männerfragen protokollieren?
Keine Angst, mit dir habe ich anderes vor.
Klingt nicht gerade beruhigend.
Relax. Männer sind ja sehr fürsorglich. Du warst bestimmt für die ganze Magic an den Feiertagen zuständig?
(Erstaunter Blick, langes Schweigen.) Da hast du mich natürlich erwischt. Adventskalender und Pakete sind nicht mein Bereich. Immerhin habe ich aber die Geschenke, die meine Frau bestellt hat, im Franz Carl Weber abgeholt. Wir gehen jede Weihnacht nach Flims Skifahren. Sport und frische Luft sind genauso wichtig wie Geschenke. Und für den Sport bin ich zuständig.
Was hast du deinen Kindern zu Weihnachten geschenkt?
Meine Tochter hat sich eine Karaoke-Box gewünscht. Sie trifft jeden Ton. Und mein Sohn hat sich für das Schusstraining in unserer mit Kunsteis-Platten ausgekleideten Garage einen Geschwindigkeitsmesser gewünscht. Er spielt Eishockey.
Welches Geschenk war denn teurer?
Hm, also das Geschwindigkeitsmessgerät meines Sohnes. Wer im Eishockey ambitioniert ist, sollte jeden Tag «knebeln». Das bedeutet bis zu 300 Schüsse täglich aufs Goal.
Treffer!
Was Treffer?
Deine Antwort passt zur internationalen Forschung. Der Pay Gap beginnt ja schon im Kindesalter: Jungs erhalten die teureren Geschenke und früher und mehr Taschengeld.
(Widerwilliges Räuspern.) Also, ich glaube, das war jetzt Zufall. Ich würde das bestreiten.
In meiner Familie habe ich den Test auch gemacht. Meine Söhne haben tatsächlich die teureren Geschenke erhalten. Seither führe ich Buch.
Wirklich? Aber meine Tochter hat teurere Hobbies, beispielsweise das Reiten. Es ist generell einfach absurd, was die Kids heutzutage alles bekommen.
Sagt ausgerechnet der Besitzer von Franz Carl Weber. Was ist denn dein persönliches Lieblingsspielzeug, der Schminkkopf oder doch eher das Barbie-Modell «Ultimate Princess»?
(Lacht.) Meine Kinder wissen ja, dass der FCW mir gehört. Und sie fragen gerne: Kann ich da alles mitnehmen? Mich persönlich begeistern ferngesteuerte Autos. Ich habe zuerst meinem Sohn eines gekauft, und danach musste ich mir ebenfalls eins erstehen, um gemeinsam fahren zu können. Die Dinger machen auch im Schnee richtig Spass!
Aha, eher ungewöhnlich für Jungs. Aber es ist bestimmt pink? Für Jungs hat es ja so eine süsse Auswahl in der Rosa-Abteilung.
Ja, die Frage nach mehr Vielfalt und weniger Rosa oder eben geschlechtsspezifischen Farben ist schon berechtigt. Und ein sicher wichtiger Sortimentsanteil bei Spielwaren bei Kleinkindern sind nun mal die Puppen. Die Rosa-Abteilung.
Also änderst du die radikale Farbtrennung bei FCW?
Das Angebot widerspiegelt immer die Nachfrage. Aber wir arbeiten daran. Übrigens, meine Tochter liebte ihre schwarze Puppe. Sie war etwas Besonderes und hiess Maria.
Die meiste Zeit gamet deine Tochter aber bestimmt an der Playstation?
Meine Tochter hat sich dem bisher glücklicherweise entzogen. Wobei man unterscheiden muss: Es gibt doofe Spiele, diese Jump-and-Run-Spiele wie «Brawl Stars». Das ist die totale Verblödung und erinnert an die grauen Männer von Momo, die die Zeit stehlen. Und es gibt smarte Spiele. Ich versuche beispielsweise, meine Kinder für «Age of Empire» oder «Civilisation» zu begeistern. Oder für «Return to Monkey Island», ein Adventure-Spiel. Wenn schon, dann sollen sie Zeit mit Strategiespielen verbringen. Generell ist Gaming und TV unter der Woche bei uns kein Thema.
Warum überhaupt Spielsachen, so eine softe Branche, warum hast du nicht in Deep Tech oder Finance investiert?
FCW war damals in Schieflage geraten und ein Sanierungsfall. Er wurde rumgereicht wie eine heisse Kartoffel. Er gehörte mal Philippe Gaydoul, der hat ihn an die Franzosen verkauft, und die haben ihn zugrunde gerichtet. Da hiess es: Wer kann ihn retten? Das war eine grosse Aufgabe, die mich sehr gereizt hat. Nun haben wir den Turnaround geschafft und schreiben wieder schwarze Zahlen. Aber es braucht zwingend neue Investitionen wie zum Beispiel Showroom-Konzepte in den 23 Filialen. Der Besuch bei Franz Carl Weber muss Kinderaugen wieder zum Leuchten bringen.
Also doch typisch Mann – du hast Franz Carl Weber einfach aus emotionalen Gründen gekauft?
Ich dachte immer, dass die Männer rationale Entscheide treffen ... Nein, ich habe einfach mein Hobby zum Beruf gemacht. Digitec habe ich damals auch als Hobby gestartet. Wir haben Freunden und Bekannten Computer zusammengebaut, um unser Taschengeld aufzubessern. Dann habe ich die erste E-Commerce-Homepage programmiert. Ich bin finanziell unabhängig. Ich habe das Privileg, nur das zu tun, was ich gerne mache.
Unternehmer, Politiker, zwölf Wochen Session, ein echter Power-Mann, wie bringst du Beruf und Familie unter einen Hut?
Familie und Kinder sind mir sehr wichtig. Ich versuche, ein guter Vater zu sein. Momentan bin ich noch ihr bester Freund. Aber in der Tat: Ich bin viermal im Jahr drei Wochen am Stück weg. Das ist vor allem für meine Frau sehr stressig. Wenn ich zurückkomme, versuche ich, sie zu entlasten. Ich investiere dann mehr Zeit in die Familie und arbeite weniger. Ich bin nicht in der produktivsten Phase meines Lebens. Als Unternehmer kann man eigentlich gar nicht Politiker sein. Mit der Kommissionsarbeit, den Sessionen, Sondersessionen und Ferien muss man mit 21 Wochen Absenz rechnen.
Vater – Wirtschaft – Politik: Diese Dreifachrolle belastet dich schon sehr?
Nein. Aber die Folge ist, dass ich unternehmerisch keine operative Rolle mehr ausfüllen kann. Ich stehe dem Unternehmen nur noch begleitend zur Seite. Ich betrachte dies einfach als Phase.
Das heisst, dass du später ganz Hausmann wirst?
Wohl kaum. Meine Frau arbeitet auch und ist viel besser qualifiziert als ich. Sie ist Anwältin, hat doktoriert und ist nebenamtliche Richterin. Für starke Frauen, die wissen, was sie wollen, hatte ich immer schon eine Schwäche.
Du bist auch erstaunlich ehrgeizig, du wolltest nach Petra Gössi ja FDP-Parteipräsidentin werden. Wie gehst du mit Niederlagen um?
Das war doch keine Niederlage. Ich habe mich zugunsten von Thierry Burkart zurückgezogen. Darüber bin ich überglücklich, und meine Frau ist darüber noch glücklicher.
Du wolltest ja eine Co-Leitung mit einer Frau. Hast du Angst, grosse Aufgaben alleine zu stemmen?
Ich fand die Kombination mit Jacqueline de Quattro gerade auch regional und sprachlich sinnvoll. Aber es gibt natürlich auch Probleme, Aufgaben und Verantwortung aufzuteilen. Die Mehrheit der Partei wollte das nicht.
Wie hat dein Muskel-Body deine Karriere beeinflusst?
(Schweigen, gequälter Gesichtsausdruck.) Gar nicht.
Ich erinnere mich da an freizügige Instagram-Bikini-Bilder…
(Lacht laut). Ja klar, Badehosen-Bilder sind in der Schweizer Politik ja eigentlich ein Skandal und verboten. Ich habe es damit ja gar in den Blick am Abend geschafft. Seither poste ich jedes Jahr eins. Ich mache mich auf diese Weise lustig darüber, weil man «das» ja eigentlich nicht macht … Wahrscheinlich wählen mich deswegen weniger Leute.
Putin und Berlusconi sind mit ihren Nacktbildern machttechnisch durchaus gut gefahren.
(Ringt nach Luft, entgeistert.)
Okay, Bastien Girod macht es auch. Wie sind denn die Reaktionen?
Eigentlich haben sich vor allem Männer gemeldet und mir eindeutig zweideutig geschrieben. Das hat mir ein wenig zu denken gegeben. Es gibt aber schon auch viele Leute, die es cool finden, dass ich mich das traue.
Du bist überraschend sportlich und ehrgeizig für einen Mann, aber warum Bob und nicht Ballett?
(Grinst.) Ich habe ursprünglich mit Zehnkampf begonnen und war Schweizer Meister. Nach dem Verkauf von digitec an die Migros habe ich mich gefragt: Was könnte ich sonst noch machen? Ich kann 150 Kilogramm Bankdrücken, laufe 100 Meter in 11 Sekunden und bin 100 Kilogramm schwer. Da ist der Entscheid aufgrund des Potenzials nicht auf Golf, sondern auf Bobfahren gefallen.
Und die alles entscheidende Frage: Wie wichtig ist dir deine akkurate Frisur?
Überhaupt nicht wichtig. Ich gehe einmal im Monat zum Coiffeur. Ich verwende auch nur ein wenig Gel, wenn ich Interviews wie dieses habe.
Du kokettierst?
Nein, wirklich. Ich bin sehr pflegeleicht. Unkompliziert.
elleXX eben auch. Danke für das Gespräch.