Welche Gefühle löst Geld bei dir aus?
Inzwischen bin ich Geld gegenüber relativ neutral eingestellt. Früher hat das Thema eher negative Gefühle ausgelöst. Das lag auch daran, dass ich mit wenig Geld aufgewachsen bin. Als ich dann selbst Geld verdient habe, wollte ich es gar nicht haben, sondern lieber gleich wieder loswerden.
Warum das?
Es hat mir irgendwie kein gutes Gefühl gegeben, Geld zu besitzen. Inzwischen hat sich das verändert. Ich weiss, dass meine Arbeit und meine Leistung einen Lohn verdienen. Trotzdem löst Geld noch immer keine positiven Gefühle bei mir aus. Für mich ist es einfach ein Mittel zum Zweck.
Wie ist dein Umgang mit Geld?
Auch der ist inzwischen relativ entspannt. Ich gebe gerne Geld aus, bin grosszügig und lade gerne Leute ein. Gleichzeitig erstelle ich immer wieder mal ein Budget. Mein Ziel ist nicht, viel Geld auf der Seite zu haben. Aber ich möchte meine Ausgaben im Auge behalten. Letztes Jahr habe ich mir eine achtmonatige berufliche Auszeit genommen. Damit ich mir das leisten konnte, musste ich natürlich auch finanziell planen.
Wie war es für dich, acht Monate lang nichts zu verdienen?
Es war eine spannende Erfahrung. Einerseits musste ich im ersten Moment diese Auszeit erst vor mir selbst rechtfertigen. Das ging dann aber relativ rasch. Einfach weil ich wusste: Ich brauche diese Zeit. Ich war körperlich angeschlagen und wollte physisch und psychisch fit werden. Wesentlich kritischer war hingegen mein Umfeld.
Wie waren denn die Reaktionen?
Menschen aus meinem Umfeld aus der Generation meiner Eltern konnten meinen Entscheid natürlich gar nicht nachvollziehen. Gewisse waren besorgt. Immer wieder wurde ich gefragt, wie ich das finanziell bewältigen wolle und wann ich wieder anfangen würde zu arbeiten. Aber auch Leute in meinem Alter konnten nicht nachvollziehen, dass ich mir «einfach so planlos» eine Auszeit gönne.
Hat dich das verunsichert?
Nein, im Gegenteil. Diese Reaktionen haben mich in meiner Entscheidung eher bestärkt. Mir wurde bewusst, wie wichtig es ist, für sich Prioritäten zu setzen. Ich habe mir diese Auszeit genommen, auch weil ich in den letzten Jahren einige gesundheitliche Beschwerden hatte. Das war eine sehr intensive Zeit, die vieles relativiert hat. Mir wurde klar, dass es nichts bringt, zehntausende Franken auf der Seite zu haben, wenn die Gesundheit nicht mitspielt. Ich wollte in dieser Pause Zeit und Geld in mich und meine Gesundheit investieren. Man muss auch sagen, dass ich nicht planlos gehandelt habe.
Sondern?
Ich habe meine finanzielle Situation analysiert, mir ein Budget gemacht und auch meine Ausgaben reduziert. Ich bin beispielsweise zu meinem Bruder gezogen, um Miete zu sparen. So konnte ich mir diese Auszeit leisten.
Hat diese Zeit deine Beziehung zu Geld verändert?
In erster Linie hat meine gesundheitliche Situation meine Beziehung zu Geld verändert. Mir ist bewusst geworden, wie sehr wir uns von einer vermeintlichen Sicherheit, die uns Geld gibt, teilweise einschränken und steuern lassen. Auf der anderen Seite habe ich einmal mehr gemerkt, wie leicht ich meine Ausgaben an das Einkommen anpassen kann. Wenn ich mehr habe, gebe ich mehr aus, wenn ich weniger habe, gebe ich weniger aus. Das geht eigentlich ganz gut.
Hast du in Bezug auf Geld einen Leitsatz aus deiner Kindheit, an den du dich noch heute hältst?
Naja, eigentlich versuche ich, mich von den Leitsätzen aus meiner Kindheit zu lösen. Ich wurde mit viel Negativem rund ums Thema Geld konfrontiert: Geld schränkt ein, Geld führt zu Streit, Geld fehlt immer. Ich versuche, diese Glaubenssätze zu überschreiben und Geld einfach als Tauschmittel zu sehen. Man bezahlt Geld und bekommt dafür ein Produkt oder eine Dienstleistung, die diesem Wert entspricht. Dasselbe ist beim Lohn der Fall. Ich biete meine Arbeit und mein Wissen an und bekomme dafür einen angemessenen Lohn. Bisher gelingt mir das nicht immer, aber ich versuche, mehr und mehr so zu denken und zu handeln.
Der Sport ist ein wichtiger Teil deines Lebens. Wie viel Geld hast du in deine Eishockey-Karriere investiert?
Uff, das habe ich mir noch gar nie so überlegt. Es ist schwierig zu beziffern. Aber es war sicher ein beachtlicher Betrag und vor allem auch viel Zeit. Als ich jung war, hat meine Mutter Extraschichten gearbeitet, damit sie meinem Bruder und mir das Eishockeytraining finanzieren konnte. Als ich älter war, habe ich als Elitespielerin immer versucht, neben dem Sport mindestens in einem 80-Prozent-Pensum berufstätig zu sein. In dieser Zeit floss viel Geld in meine Ausrüstung, ich habe für die Trainings und die Wettkämpfe meine Ferien hergegeben oder unbezahlten Urlaub genommen und auf Lohn verzichtet.
Hast du für dein Engagement als Elite-Spielerin Geld bekommen?
Nein, in der Schweiz gab es damals keinen Eishockeyklub, der Spielerinnen einen Lohn zahlte. Auch nicht in der obersten Liga. Das war mit ein Grund, weshalb ich nicht mehr als Spielerin auf dem Eis stehen konnte und wollte. Die Perspektiven fehlten. Dies versuchen wir mit dem EV Zug nun zu ändern.
Was habt ihr vor?
Der EVZ hat Anfang Jahr ein neues «Women and Girls Program» initiiert, das auch ein Frauenteam beinhaltet. Die Spielerinnen aus diesem Team können semiprofessionell tätig sein und mit dem Sport Geld verdienen. Konkret bezahlt der EVZ ihnen einen 40-Prozent-Lohn. Die Trainings finden nachmittags statt, sodass sie am Vormittag noch einem anderen 50- bis 60-Prozent-Job nachgehen können. Ich werde unter anderem Head Coach dieses Teams – ebenfalls in einem 50-Prozent-Pensum. Vormittags arbeite ich in einem Treuhandbüro. Es ist bisher schweizweit das einzige Programm, das Spielerinnen einen Lohn zahlt.
Für dieses Programm braucht es Geldgeber. Wie gestaltet sich die Suche?
Sponsoren sind natürlich zentral. Denn nur durch die Mitgliederbeiträge oder die rund 50 bis 100 Zuschauer:innen, die ein Frauenspiel momentan hat, kann dieses Programm nicht finanziert werden. Mittlerweile gibt es aber immer mehr Unternehmen und Organisationen, die es wichtig finden, den Frauensport zu fördern und denen es nicht mehr nur darum geht, auf dem Trikot einer Topmannschaft zu stehen. Sie wollen den Sport und spezifisch den Frauensport weiterbringen und fördern.
Hat es dich geärgert, dass du für deine sportlichen Leistung kein Geld bekommen hast? Am Ende hast du deine Karriere als Spielerin ja auch deshalb beendet.
Ja, das war so, und ich hatte mit meinem Bruder Raphi auch noch das Gegenbeispiel (Anmerkung der Redaktion: Raphael Diaz ist Profispieler bei Fribourg Gottéron). Trotzdem: Geärgert hat mich das nie. Ich bin vom Typ her eher jemand, der das Positive sieht oder nach einer Lösung sucht und versucht, das Beste aus einer Situation herauszuholen.
Du warst Head Coach der Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft der Frauen. Wie gross war der Lohnunterschied zwischen dir und deinem männlichen Pendant?
Das kann ich nicht wirklich beurteilen – ich kenne die Löhne meiner Kollegen und der Nationaltrainer des Männerteams nicht. Ich gehe aber davon aus, dass diese sicherlich einiges mehr verdient haben als ich. Vermutlich mindestens das Doppelte.
Das sind schon krasse Unterschiede für dieselbe Leistung.
Es ist ein grosser Gap, ja. Aber für mich war das nicht entscheidend. Diese Stelle gab mir die Möglichkeit, das erste Mal überhaupt vom Eishockey zu leben und meine Leidenschaft auszuleben. Das hat mir viel gegeben, so viel Freude, ich konnte endlich meine Berufung ausüben. Darum hat auch der Lohn für mich gepasst.
Zum Abschluss noch ein paar persönliche Fragen: Wofür gibst du am meisten Geld aus?
Wahrscheinlich für Bücher, für Restaurantbesuche und um Leute einzuladen. Vor allem Leuten, die sich weniger leisten können, tue ich gerne Gutes.
Und wofür gibst du ungern Geld aus?
Wenn ich der Meinung bin, dass der Wert nicht stimmt. Wenn ein Produkt oder eine Dienstleistung in meinen Augen zu teuer ist, stört mich das, ganz unabhängig vom Betrag.
Was wünschst du dir für deine finanzielle Zukunft?
Ich wünsche mir, dass ich unabhängig und frei sein kann und dass ich meine Entscheidungen treffen kann, ohne mich von Geld einschränken zu lassen.