Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
CashDigital Payment
SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:29
Ort:Zürich
Beruf:Unternehmerin
Einkommen:etwa 40'000 Franken im Jahr
Schulden:keine
Grösster Ausgabeposten:Produktentwicklung und Löhne
Vermögen:Investitionen in die eigenen Firmen, kleines Aktienportfolio und Säule 3a

Welche Gefühle löst Geld bei dir aus?

Das hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Inzwischen löst Geld bei mir viele positive Gefühle aus. Ich merke, dass es Möglichkeiten bietet. Und zwar nicht nur für mich persönlich, sondern vor allem auch in einem grösseren Kontext: Ich kann Menschen einen coolen Arbeitsplatz bieten, die Wirtschaft mitgestalten und sie in eine nachhaltige Richtung verändern. Geld kann etwas sehr Positives sein, wenn man etwas Gutes daraus macht. Früher hatte ich Geld gegenüber eine andere Einstellung.

Inwiefern?

Ich war viel kritischer. Meine Haltung war: Geld ist nicht so wichtig, im Leben geht es um ganz andere Dinge. Ich bin auch heute noch der Meinung, dass Geld nicht alles ist. Aber man kann mit Geld wie gesagt auch viele tolle Dinge erreichen und etwas bewegen.

Warum hat sich deine Haltung verändert?

Das geschah, als ich angefangen habe, mich mit feministischen Themen auseinanderzusetzen. Dabei habe ich mich auch zum ersten Mal richtig mit Finanzthemen beschäftigt. Ich habe mich über Aktien, das Traden und ETF-Sparpläne informiert. Da ist mir bewusst geworden, welche Möglichkeiten man mit Geld hat. Diese Möglichkeiten möchte ich als Unternehmerin nutzen und mit dem Geld, das ich mit meinen Unternehmen erwirtschafte, Gutes tun. Wir investieren beispielsweise ein Prozent unseres Umsatzes in Klimaschutzprojekte. Es ist also cool, viel Umsatz zu machen.

Hera Zimmermann
Wir investieren ein Prozent unseres Umsatzes in Klimaschutzprojekte. Es ist also cool, viel Umsatz zu machen.

Investierst du auch privat?

Ich habe vor meiner Selbstständigkeit ein Konto bei der Bankengruppe Swissquote eröffnet und 5000 Franken in Aktien investiert. Dieses Portfolio habe ich noch heute. Seither habe ich keine weiteren Investitionen getätigt.

Worauf hast du bei dieser Investition geachtet?

Beim Traden habe ich darauf geschaut, dass mein Investment einen positiven und nachhaltigen Impact auf die zukünftige Wirtschaft und die Welt im Allgemeinen hat. Ich habe beispielsweise in Fonds für sauberes Wasser, erneuerbare Energien und in Cybersecurity investiert. Und bei den Aktien habe ich das Potenzial der Unternehmen und die dazugehörige Marktentwicklung ins Zentrum gestellt. Für mich ist das wichtiger als die harten finanziellen Kennzahlen.

Vor rund drei Jahren hast du dich als Unternehmerin selbstständig gemacht. Wie hast du dich finanziell darauf vorbereitet?

Ich hatte während meiner Anstellung beim Schweizer Radio und Fernsehen 30'000 Franken gespart. Mit diesem Geld bin ich in die Selbstständigkeit gestartet. Ich wusste: Damit kann ich ein Jahr lang meine Fixkosten decken, auch wenn ich keine Einnahmen habe. Das gab mir Sicherheit. Auch weil ich wusste, dass ich aus meinem Umfeld keine finanzielle Absicherung oder Unterstützung bekommen würde. Meine Familie ist finanziell nicht schlecht aufgestellt, aber eben auch nicht so gut, dass sie mich hätte auffangen können.

Und, hat das Geld gereicht?

Ja, es hat gereicht, sogar sehr gut. Ich kann an dieser Stelle sagen: Je nach Unternehmen, das man gründen möchte, muss man nicht erst mehrere Hunderttausend Franken auf der Seite haben, und man braucht auch nicht unbedingt einen Kredit. Wichtiger als viel Geld ist, dass man etwas kann, das sonst niemand kann.

Es klingt, als wärst du sehr risikofreudig.

Ich vertraue mir selbst und werde somit auch immer risikofreudiger. Wenn ich etwas gut finde, dann will ich das machen und suche einen Weg. Ich versuche, mich nicht zu sehr auf mögliche negative Folgen zu fokussieren. Scheitern kann man immer. Es gibt immer gewisse Risiken, aber die werden aus meiner Sicht oft zu negativ bewertet. Wenn man nie etwas wagt, erfährt man auch nie, was man alles hätte schaffen können.

Deine Social-Media-Agentur Tings hat inzwischen ein Team von 15 Mitarbeitenden. Wie hat sich das so schnell entwickelt?

Als ich angefangen habe, wusste ich nicht, wo ich landen würde. Ich habe alleine begonnen und bot Social-Media-Marketing für Unternehmen an. Mir wurde schnell klar, dass ich alleine nicht weit komme, eigentlich schon beim ersten grösseren Auftrag (lacht). Denn ich konnte gar nicht die ganze Arbeit bewältigen.

Wie ging es dann weiter?

Ich habe zuerst mit Freelancer:innen zusammengearbeitet und mir dann eine Praktikantin gesucht. Die Zusammenarbeit hat sehr gut funktioniert. Sie arbeitet heute noch bei Tings. Mit ihrer Einstellung passierte der Switch: Aus einer Einzelperson wurde eine Firma. Die Aufträge nahmen zu, und das Team wuchs kontinuierlich. Die Strukturen habe ich aber immer beibehalten. Ich bin Inhaberin und Geschäftsführerin und die Agentur gehört zu 100 Prozent mir. Ich habe nie Fremdkapital aufgenommen.

Hera Zimmermann
Je nach Unternehmen, das man gründen möchte, muss man nicht erst mehrere Hunderttausend Franken auf der Seite haben und man braucht auch nicht unbedingt einen Kredit.

Wie viel verdienst du monatlich als Agenturinhaberin?

Wir haben bei uns Lohntransparenz, und meine Mitarbeitenden haben kompletten Einblick in die Finanzen der Agentur. Sie wissen, was wir einnehmen und wie viel wir ausgeben. Ich selbst zahle mir den tiefsten Lohn von allen im Unternehmen aus, gerade so viel, dass ich meine privaten Fixkosten decken kann. Jährlich sind es rund 40'000 Franken. Aber natürlich schreibt das Unternehmen Gewinn, und dieser Gewinn gehört als Alleininhaberin ja mir. Ich finde, darüber muss man auch reden, wenn man schon sagt, dass man sich selbst einen tiefen Lohn auszahlt.

Dann zahlst du dir zusätzlich einen Bonus?

Nein, ich zahle mir von diesem Geld nichts aus. Noch nicht. Irgendwann werde ich das vielleicht machen. Aktuell reinvestiere ich aber alles in das Unternehmen – in die Löhne der Mitarbeitenden, die Infrastruktur, den Ausbau. Darum kann ich auch nicht sagen, wie hoch der Gewinn genau ist.

Wie war es für dich, deine Preise mit Kund:innen zu verhandeln?

Ich hatte am Anfang keine Ahnung, wie viel meine Arbeit wert ist. Ich kam nicht aus der Agenturwelt und brachte deshalb «nur» meine fachliche Expertise mit darin, wie man erfolgreich eine Geschichte auf Social Media erzählt. Welches Preisschild dazu passt, wusste ich nicht. Das musste ich lernen. Und ich habe natürlich zahlreiche Fehler gemacht.

Zum Beispiel?

Wir waren am Anfang oft zu günstig und mussten am Ende viel mehr arbeiten als angenommen. Mit der Zeit und mit der Erfahrung haben wir unsere Preisstruktur nach oben angepasst, was dazu führte, dass wir viel mehr verhandeln mussten. Dabei habe ich immer die Devise verfolgt: Unser Preis ist nicht verhandelbar, aber der Aufwand schon. Wenn jemand ein begrenztes Budget hat, gehen wir nicht mit unseren Ansätzen runter – ausser es sind NGOs oder feministische Projekte, die wir unterstützen wollen. Wir schauen aber gemeinsam mit den Kund:innen, wie viel wir mit ihrem Budget leisten können. Das funktioniert sehr gut.

Hera Zimmermann
Wenn wir Frauen mehr über Geld wissen und bei dem Thema mitreden würden, könnten wir auch mehr mitbestimmen und besser verhandeln. Sich mit Finanzen auseinanderzusetzen, ist ein feministischer Akt.

Welches Preisschild hängt heute an eurer Leistung?

Wir arbeiten mehrheitlich mit Tages- und Stundensätzen. Das Modell habe ich am Anfang auch immer wieder gewechselt. Von diesen Sätzen zu Paketen und wieder zurück. Über Stunden- und Tagesansätze abzurechnen, ist aber für alle am transparentesten. Unser Tagessatz liegt bei zirka 1800 Franken.

Du hast noch ein zweites Unternehmen. Juna Period, ein Online-Shop für nachhaltige Menstruationsprodukte. Wie ist da die Finanzlage?

Da sieht es etwas anders aus. Auch weil es ein ganz anderes Unternehmen ist. Wir mussten viel mehr Geld in die Produktentwicklung investieren, ohne zu wissen, wie der Markt darauf reagiert. Hat die Schweiz auf einen Online-Shop mit Periodenprodukten gewartet oder nicht? Sind die Frauen hier bereit, sich mit Periodenunterwäsche und Menstruationscups zu befassen? Mit einem Start-up wie Juna Period geht man ein viel grösseres Risiko ein als mit einer Agentur.

Wie viel Geld hast du in dieses Unternehmen gesteckt?

Mein Co-Founder und ich haben jeweils 50'000 Franken investiert. Der grösste Teil des Geldes fliesst in die Produktentwicklung. Mein Investment ist aber eigentlich höher, da viele Dienstleistungen für Juna Period aus meiner Agentur kommen. Ich investiere also einfach in Form von Arbeitsstunden. In den nächsten Monaten werden wir weitere Investitionen tätigen müssen, und dann müssen wir auch wieder diskutieren, wer wie viel einschiesst.

Wie sieht es mit Investor:innen aus? Start-ups von Frauen haben es ja schwer, an Geld zu kommen.

Wir haben noch nicht mit der Investor:innensuche gestartet. Aber das wird in Zukunft sicher ein Thema. Und ich sehe ein grosses Potenzial bei Periodenprodukten. Ich vergleiche es immer mit Amorelie aus Deutschland oder Amorana aus der Schweiz: Als die gestartet sind, haben sich viele Leute gedacht: «Wer braucht einen Sex-Onlineshop?» Inzwischen sind das beachtliche Firmen. Im Periodenbereich ist das auch möglich, davon bin ich überzeugt. Das Thema ist heute noch stigmatisiert, und man ist zurückhaltend. Ich glaube aber, es wird einen Durchbruch geben. Erst kürzlich waren wir mit unseren Produkten an einem feministischen Markt. Unser Stand war der meistbesuchte, das Interesse an den Produkten war enorm. Zu einem Kauf konnten sich aber noch nicht alle überwinden. Da braucht es schon noch etwas Aufklärungsarbeit.

Zum Schluss noch ein paar persönliche Fragen: Mit wem sprichst du über Geld?

Ich rede mit Freund:innen und Bekannten oft über Geld. Ich finde es so wichtig, dass wir in der Schweiz mehr über Geld reden. Warum sind wir hier nur so verstockt bei dem Thema? Das ist doch total unnötig. Ich werde als Mensch ja nicht anders wahrgenommen, nur weil ich erzähle, wie ich meine Firmen aufgebaut habe. Im Gegenteil: Es ist doch interessant und für viele andere auch hilfreich. Gerade für uns Frauen sind solche Gespräche so wichtig.

Warum?

Uns wird viel weniger über Geld beigebracht, und hier entsteht der grösste Gap. Wenn wir alle mehr über Geld wissen und bei dem Thema mitreden würden, dann könnten wir auch viel mehr mitbestimmen und besser verhandeln. Sich mit Finanzen auseinanderzusetzen, ist ein feministischer Akt.

Wer hat mit dir als Kind über Geld gesprochen?

Meine Eltern sind Unternehmer:innen, aber sie sind auch beide Künstler:innen. Geld war bei uns zu Hause kein Thema, über das viel gesprochen wurde. Da aber sowohl meine Eltern als auch meine Grosseltern selbstständig erwerbend waren, habe ich sicher insofern profitiert, dass ich keine Angst davor hatte, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Und sie haben immer an mich und meine Ideen geglaubt. Das war sehr schön.

Was wünschst du dir für deine finanzielle Zukunft?

Ich wünsche mir, dass ich noch viele coole Projekte machen kann, mit denen ich Umsatz und Gewinn mache, damit ich in gute Projekte investieren kann. Und ich wünsche mir, dass ich selbst Investorin werde von einem Female Founded Start-up.