Welche Gefühle löst Geld bei dir aus?
Geld per se ist mir nicht wichtig. Natürlich brauche und schätze ich es, und ich bin dankbar, wenn ich genug habe. Wirklich beschäftigt hat mich Geld bisher eigentlich nur, wenn ich es nicht hatte.
Gab es Zeiten, in denen Geld bei dir knapp war?
Immer wieder und teilweise auch heute noch. Ich war immer selbstständig erwerbstätig oder nur in tiefen Pensen angestellt. Eine gewisse finanzielle Unsicherheit zieht sich also durch mein ganzes Erwachsenenleben. Während meiner Ausbildung gab es Zeiten, da musste ich jeden Rappen umdrehen, weil mein Einkommen kaum ausgereicht hat, um meine Fixkosten zu decken. Das war manchmal stressig. Trotzdem war es nie mein Ziel, viel Geld zu verdienen. Und ich wollte auch nie auf das verzichten, was ich gern mache, um finanziell mehr Sicherheit zu haben.
Wenn du in deine Zukunft blickst, stressen dich Themen wie Finanzen oder deine Altersvorsorge?
Tatsächlich beschäftigt mich meine finanzielle Situation im Alter jetzt langsam. Ich hätte mich schon vor zehn Jahren darum kümmern müssen. Aber in der Hektik des Lebens ging das Thema unter. Obwohl es extrem wichtig ist. Jetzt bin ich am Punkt, an dem ich finde: Es muss sich etwas ändern, ich will den Fokus vermehrt auf das Thema legen.
Du wirkst sehr unbefangen im Umgang mit Geld. Hast du diese Haltung von deinen Eltern vermittelt bekommen?
Meine Eltern waren nicht reich, aber uns hat es an nichts gefehlt. Wir konnten uns Ferien leisten oder auch mal ein neues schönes Velo. Uns Kindern wurde ein sehr bewusster Umgang mit Geld vermittelt. So habe ich viele Dinge von meinem grossen Bruder «geerbt». Und es hiess auch immer: Überleg dir zweimal, ob du etwas wirklich brauchst. Wir wussten, dass die Dinge einen Preis und einen Wert haben und dass man sich vieles verdienen muss.
Du hast einen Sohn. Was bringst du ihm über Geld bei?
Er ist erst vier Jahre alt. Trotzdem versuche ich, ihm gewisse Zusammenhänge zu erklären. Er weiss, dass wir uns nicht alles kaufen und leisten können. Ich versuche ihm aufzuzeigen, dass Geld nicht einfach so da ist, sondern dass man etwas dafür tun muss. Zum Beispiel, dass ich für ein neues Spielzeug arbeiten muss und dann weniger zu Hause bin.
Mit wem sprichst du über Geld?
Mit meinem Partner. Seit unser Sohn auf der Welt ist, ist Geld vermehrt ein Thema.
Warum?
Bei uns passierte das, was in vielen Beziehungen passiert, wenn Kinder kommen: Ich blieb vermehrt zu Hause und kümmerte mich um unser Kind, und mein Partner wurde zum Hauptverdiener. Mein Sohn kam zu Beginn der Pandemie zur Welt, da herrschte absoluter Ausnahmezustand, gerade als Selbstständigerwerbende in meinem Bereich. Mein Partner hatte hingegen einen festen Job mit geregeltem Einkommen. Finanziell abhängig zu sein, war für mich eine Umstellung.
Wie hat sich das angefühlt?
Es war speziell, das Thema Geld plötzlich besprechen zu müssen. Ich hatte erst auch etwas Mühe damit, dass wir uns so schnell in diesen klassischen Geschlechterrollen wiederfanden. Aber es war nur vorübergehend, wir gingen damit sehr offen um, und inzwischen ist es wieder ausgeglichen.
Du bist Moderatorin und gleichzeitig in der Musikbranche als DJ und Produzentin tätig. Hast du da Lohnungleichheit erlebt?
Mehr als einmal, und im Bereich Moderation mehr als in der Musikbranche. Es ist noch gar nicht lange her, da hatte ich einen Moderationsjob zusammen mit einem männlichen Kollegen. Anschliessend fand ich heraus, dass er ein paar Tausend Franken mehr verdient hat als ich. Für denselben Job! Rückblickend weiss ich, dass das früher wohl sehr oft der Fall war, und es macht mich schon ziemlich wütend.
Redet man in diesen Branchen offen über Löhne und Gagen?
Früher hat man gar nicht darüber gesprochen, heute sind die Löhne mehr und mehr ein Thema. Was ich gut und wichtig finde. In der Musikbranche sind die Gagen aus meiner Sicht transparenter. Aber auch viel tiefer. Vor allem nationale Künstler:innen sind oft schlecht bezahlt. Wer als Schweizer Künstler:in von Club-Gagen leben möchte, müsste jedes Wochenende mindestens drei-, viermal spielen, um irgendwie durchzukommen.
Was ist ein fairer Lohn, wenn du als DJ auflegst?
Ein DJ spielt normalerweise zwischen eineinhalb und zwei Stunden. Wie viel Geld man dafür bekommt, ist schwierig zu sagen. Die Gagen sind sehr unterschiedlich, je nachdem, ob man an einem Festival, in einem Club oder an einem Corporate Event spielt. Meine Gagen beginnen bei ein paar Hundert Franken und sind nach oben offen.
Was ist finanziell am attraktivsten?
In der Musikbranche sind meistens die Dinge finanziell am attraktivsten, die man nicht so gerne macht – nämlich Corporate Events. Das würden wohl die meisten Musiker:innen bestätigen. Da verdient man am besten, kann dafür aber weniger das machen, was man will. Meinen Underground Techno, den ich produziere, kann ich an solchen Events zum Beispiel nicht bringen, sonst ist der Laden leer.
Wie viele dieser Geld-Jobs machst du?
Es ist ein Querfinanzieren. Mit Corporate Jobs und Moderationen finanziere ich meine Musik und meine Zeit im Studio. Ich habe für mich die Entscheidung getroffen, lieber auf kleinem Fuss zu leben und dafür mehr Musik zu machen.
Verdienst du mit der Musik, die du produzierst, Geld?
Nein. Damit ich beispielsweise von Spotify Geld für einen Track bekomme, bräuchte ich über eine Million Streams. Das würde mir einmalig rund 3000 Franken einbringen. Da bin ich aber (noch) nicht. Von meiner eigenen Musik kann ich also nicht leben. Die Zeit, die ich im Studio verbringe und in meine Musik investiere, ist nicht bezahlt.
Kann man heute, in Zeiten von Streamingdiensten, überhaupt noch von Musik leben, wenn man kein Superstar ist?
Es ist schwierig. Auf der einen Seite bekommt man wenig Geld. Auf der anderen Seite ist die Konkurrenz riesig. Es gibt immer mehr Produzent:innen, und das Produzieren ist mit all den technischen Tools einfacher geworden. Es ist ein hart umkämpftes Business. Trotzdem möchte ich mir im Moment noch Zeit für meine Musik nehmen und versuchen, damit Geld zu verdienen. Sollte ich in zwei Jahren merken, dass es nicht klappt, überdenke ich mein System.
Wie viel Geld investierst du in deine Musik?
Das kann ich nicht beziffern. Aber sehr viel. Für jeden Track, den ich rausbringe, muss ich Promo machen. Ich habe letztes Jahr zudem mein eigenes Label (ASCENDING) gegründet, dafür brauche ich Cover Art und Promomaterial. Dann zahle ich diverse Abos von Streamingdiensten und Musikanbieter:innen. Und ich zahle diverse technische Tools, die ich zum Produzieren brauche. Hinzu kommen die Hardware, mein Studio und meine Zeit.
Hat Musik heute aus deiner Sicht zu wenig Wert?
Definitiv. Es ist wie in allen Bereichen, in denen es ein grosses Angebot gibt: Wird ein Markt mit Inhalten überflutet, verlieren die Inhalte an Wert. Und die einzelnen Tracks, die hochwertig produziert sind, gehen in der Masse unter. Das ist momentan so, und damit muss man sich arrangieren.
Glaubst du, dass sich die Haltung der Musikkonsument:innen in Zukunft ändern und die Zahlungsbereitschaft steigen wird?
Ich hoffe und glaube, dass die künstlerische Arbeit wieder wichtiger wird und man ihren Wert anerkennt. Auch im Hinblick auf KI.
Wie blickst du auf Künstliche Intelligenz (KI)? Macht dir diese Entwicklung als Techno-Produzentin Sorgen?
Naja, KI hat ganz sicher einen grossen Einfluss auf meine Arbeit. Ich habe auch schon mit KI Stimmen produziert. Man kann in kürzester Zeit ohne viel Aufwand oder musikalisches Vorwissen mit KI einen Track produzieren. Das ist sehr effizient. Ich glaube aber, es ist wichtig, dass ein:e Künster:in hinter der Musik steht. Der/die Künstler:in schafft die Verbindung zwischen der Musik und den Hörer:innen. Man geht schliesslich an Konzerte und Festivals, um Künstler:innen zu sehen und zu spüren. Und auch wenn es KI-Konzerte tatsächlich schon gibt, glaube ich nicht, dass wir Künstler:innen so schnell durch KI ersetzt werden.
Noch eine Frage zum Abschluss: Was wünschst du dir für deine finanzielle Zukunft?
Weniger Stress und ein kleines finanzielles Polster.