Patrycja Pielaszek ist Tedx-Speakerin, Facilitatorin/Beraterin und Gründerin der WeCoCo-Community. Über diesen Sprachkanal teilt sie Erfahrungen aus ihrer früheren Consulting-Karriere und inspiriert zu den Themen Gleichstellung und Gemeinschaft. Wie die Immigration ihrer Familie in die Schweiz ihren Bezug zu Geld prägte und was für Lohnungleichheiten sie erlebt hat, erzählt die Dozentin im Money Talk. Und sie verrät uns, ob man mit einem Tedx-Talk reich wird.

Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
CashDigital Payment
SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:für immer 40
Ort:Kilchberg
Beruf:Trainerin, Dozentin, Facilitatorin/Beraterin und TEDx-Speakerin
Einkommen:unterschiedlich, von Jahr zu Jahr steigend
Schulden:keine
Grösster Ausgabeposten:Miete und Krankenkasse
Vermögen:Gut diversifiziert, unter anderem investiert in Edelmetalle, Immobilien, Kryptos und Unternehmensbeteiligungen

Warum fällt es uns so schwer, über Geld zu sprechen?

Aus meiner Perspektive gibt es drei Hauptgründe. Erstens ist Geld ein emotionales Thema, das etwas in mir und meinem Gegenüber auslöst. Entweder ein mulmiges Gefühl, wenn es nicht so läuft. Oder wenn es gut läuft, dann hat man Angst, zu viel preiszugeben. Zweitens macht uns Geld vergleichbar. Bei Männern scheint die Geschlechterrolle eher so zu sein, dass sie das gerne machen. Aber wir Frauen wollen uns nicht ständig vergleichen, schon gar nicht mit Geld. Drittens ist Geld sehr persönlich. Indem ich meine Finanzen preisgebe, mache ich mich verletzlich.

Es kommt also darauf an, mit wem wir über Geld sprechen. Sprichst du in Frauenrunden über Geld?

Ja, immer mehr. Ich durfte dadurch so viel dazulernen, und mir wurde bewusst, dass ich mit vielen Themen nicht alleine bin.

Patrycja Pielaszek
Ich bin sehr unwissend ins Berufsleben gestartet. Ich wusste nicht, dass ich meinen Lohn verhandeln darf und sollte. Das scheint für Männer selbstverständlich zu sein.

Kennst du Lohnungleichheit?

Oh ja! Leider habe ich das aber erst rückblickend bemerkt. Als ich meine Corporate-Karriere begann, war ich während 15 Jahren für Schweizer börsenkotierte Unternehmen tätig. Eine:n Mentor:in oder Coach hatte ich nach dem Studium nicht. Ich bin darum sehr unwissend ins Berufsleben gestartet. Ich wusste nicht, dass ich meinen Lohn verhandeln darf und sollte. Das scheint für Männer selbstverständlich zu sein. Rückblickend erfuhr ich per Zufall von grossen Ungleichheiten. Mein Nachfolger verdiente in der gleichen Position einen Drittel mehr als ich. Dazu kamen noch Zusatzleistungen, nicht nur ein Parkplatz – den habe ich auch verhandelt. Er bekam noch einen Porsche als Geschäftswagen obendrauf.

Wie hast du reagiert?

Gar nicht. Ich erfuhr es erst im Nachhinein. Es bringt nichts, sich später darüber aufzuregen.

Patrycja Pielaszek
Ich wünsche mir eine Welt, in der  das Menschliche über dem Profit steht. Deshalb mache ich auch viel unbezahlt. Jedoch hat das einen Haken.

Das stelle ich mir aufwühlend vor. Stresst dich Geld auch manchmal?

Ja. Ich habe herausgefunden, dass Geld bei mir ein grosser Trigger ist. Hier stehen mir einige Glaubenssätze aufgrund meiner Erziehung im Weg, da ich Geld lieber mit anderen teilen möchte, die es mehr benötigen als ich. Es gibt viele Themen, für die mein Herz schlägt. Aber Geld ist es nicht.

Weshalb denn nicht?

Mein Motor ist: Alles für die Gemeinschaft. Ich möchte die Welt besser verlassen, als ich sie angetroffen habe. Ich wünsche mir eine Welt, in der  das Menschliche über dem Profit steht. Deshalb mache ich auch viel unbezahlt. Jedoch hat das einen Haken.

Welchen?

Da ich mich vermehrt in Frauenrunden austauschte, realisierte ich, dass sich eine solche Dynamik in beide Richtungen entwickeln kann. Das heisst: Verlange ich für eine Dienstleistung nichts, hat sie für die Gegenseite auch keinen Wert. Hänge ich hingegen ein Preisschild an meine Tätigkeit, erhält diese viel mehr Wertschätzung. Ich mache dann auch gerne mehr als das, wofür ich bezahlt werde. Ich möchte etwas Gutes mit anderen teilen und verbreiten. Mir ist klar, dass ich mit diesem Mindset nicht Millionärin werde. Aber so kann ich mir im Spiegel in die Augen schauen und ruhig schlafen.

Du hast vorhin über deine Erziehung und deine Beziehung zu Geld gesprochen. Wer hat mit dir zu Hause über Geld geredet?

Beide Elternteile. Kurz nach unserer Immigration in die Schweiz im Jahr 1981 machten sich meine Eltern selbstständig. Es war hart, mit zwei kleinen Kindern eine Firma in einem fremden Land aufzubauen, und der Druck enorm, ausreichend zu verdienen, um die Familie zu versorgen.  Meine Mutter war von Anfang an für die Buchhaltung verantwortlich in der Firma. Deshalb wurde bei uns Privates und Geschäftliches sowieso immer am Esstisch besprochen. Am Anfang drehten wir jeden Franken um für unsere Ausgaben. Aufgrund dieser Erfahrung ist Geld für mich auch ein Triggerpunkt.

Wie hast du deinen eigenen ersten Franken verdient?

Das war im Familienunternehmen. Ich war neun Jahre alt und verdiente dort mit kleinen Arbeiten wie Etikettieren und Einordnen mein Taschengeld. Von Anfang an arbeitete ich für mein Taschengeld.

Du bist selbst Gründerin von Women-Connect-Collaborate, kurz WeCoCo. Weshalb hast du diese Community gegründet?

Da gibst du mir viel zum Nachdenken. Ich würde behaupten, dass ich WeCoCo nicht als Community gegründet habe. Im Jahr 2018 hatte ich das Bedürfnis, Ideen für die Gestaltung unserer Gesellschaft zu teilen. Ich wollte meine Erfahrungen aus meinen 15 Jahren Corporate-Leben nach aussen tragen – meine Erfahrungen, die ich mit der Brille der Frau gemacht habe. WeCoCo war mein Sprachkanal für neue, disruptive Ideen, da ich feige war und mich nicht traute, die Inhalte als Patrycja zu teilen. Also erstellte ich ein Instagram-Profil unter dem Namen «Women-Connect-Collaborate» und kuratierte in meiner Freizeit für mich inspirierende Inhalte. Und ich war völlig überrascht über die grosse Resonanz. So viele Personen aus der ganzen Welt schrieben mir Nachrichten.

Wann und weshalb hast du dich als Creatorin hinter dem Account WeCoCo bekannt?

Im März 2023 hielt ich meinen Tedx-Talk. Ich arbeitete während neun Monaten an meiner Tedx-Story, also quasi wie eine Schwangerschaft. In diesem Prozess realisierte ich irgendwann, dass ich preisgeben muss, wer hinter WeCoCo steht.

Patrycja Pielaszek
Es gibt sicher Personen, die sich ohne externe Unterstützung auf den Tedx-Talk vorbereiten. Allerdings weiss ich auch von vielen anderen Redner:innen, dass sie Geld in ihren Talk investiert haben.

Wow, du hast es erst letztes Jahr preisgegeben. Was waren die Reaktionen? Hat sich das Geheimhalten gelohnt?

Ja, es hat sich gelohnt. Ich wurde mutiger, als ich an meiner Tedx-Story arbeitete. Auf einmal wollte ich mich nicht mehr verstecken. Also bin ich über meinen Schatten gesprungen.

Verdienst du Geld mit WeCoCo?

Nein, es ist kein Business-Case. Es ist genau das, was der Name sagt: eine Community. Aber jetzt, wo die Community nicht mehr aufhört zu wachsen und die bezahlten Dienstleistungen zum Community-Management immer teurer werden, bin ich wohl eher eine Philanthropin als eine Gründerin.

Wie verdienst du denn dein Geld?

Ich bin Facilitatorin und Beraterin. Das heisst, ich unterstütze Unternehmen, andere Gruppen, aber auch Einzelpersonen dabei, effektiver zu arbeiten und Strategien gemeinsam zu entwickeln. Ähnlich wie bei WeCoCo schaffe ich für Organisationen und Teams inklusive Gestaltungsräume. Ich führe alle Beteiligten durch den Prozess und hole ihre Bedürfnisse ab, damit neue Lösungen der besseren Zusammenarbeit entstehen können. Ich werde jeweils herangezogen, um Kommunikation und Kooperation zwischen Führungspersonen, unterschiedlichen Abteilungen oder Teammitgliedern wieder ins Fliessen zu bringen. Oft ist auch ein Teambuilding Teil dieses Prozesses. An diesen Beratungs- und Trainingsdienstleistungen verdiene ich.

Patrycja Pielaszek
Dank des Tedx-Talks machte ich eine Entwicklung durch, die mich weiterbrachte. In eine gute Weiterbildung investiert man ja auch.

Du bist Tedx-Speakerin. Was ich mich seit Langem frage: Wie viel Geld bekommt man für einen Tedx-Talk?

Ich liebe deine Idee – Tedx-Speaker:innen sollten bezahlt werden! Ich habe während der neun Monate Vorbereitung nicht nur nichts verdient, sondern draufgezahlt.

Das hast du alles gratis gemacht?

Ja, plus habe ich in Coachings investiert. Als Dozentin und weil ich sehr exponiert war, hielt ich zwar häufig Reden. Aber das Level eines Tedx-Talks forderte mich heraus. Ich bekam einen Coach von Tedx-Zürich zur Verfügung gestellt. Eine WeCoCo mit englischer Muttersprache unterstützte mich tatkräftig bei den Formulierungen, und schliesslich half mir ein Public-Speaking-Coach beim letzten Schliff und beim Umgang mit der Nervosität. Es gibt sicher Personen, die sich ohne externe Unterstützung auf den Tedx-Talk vorbereiten. Allerdings weiss ich auch von vielen anderen Redner:innen, dass sie Geld in ihren Talk investiert haben.

Wie viel Zeit und Geld hast du in deinen Tedx-Talk investiert?

Der Betrag liegt im vierstelligen Bereich. Bezüglich Zeit: In den ersten paar Monaten arbeitete ich in Wellen an meiner Story und konzipierte diese mehrmals neu. Es gab drei Proben bis zur Generalprobe und dann den Auftritt. In den letzten paar Wochen vor dem Auftritt arbeitete ich täglich daran. Allein das Auswendiglernen war ein riesiger Aufwand.

Das klingt nach einer grossen Investition. Hat es sich gelohnt?

Ja, ich zehre noch heute davon. Dank des Tedx-Talks machte ich eine Entwicklung durch, die mich weiterbrachte. In eine gute Weiterbildung investiert man ja auch.

Du bist selbstständig. Was hättest du gerne vor deiner Selbstständigkeit gewusst?

(Überlegt.) Ich bin etwas blauäugig an die Selbstständigkeit herangegangen. Gerne hätte ich gewusst, wie viel Geld ich in mich selbst und mein Business investieren muss. Baut man ein Business von null auf, stellen sich Erfolg und Profit selten sofort ein. Ich startete ohne wirkliches Business-Konzept und wurde durch mein Umfeld in die Schublade von Marketing und Kommunikation gesteckt. Glücklicherweise fand ich schnell heraus, dass ich mich nicht in diesem Bereich positionieren möchte, und investierte in meine Weiterbildung.

Patrycja Pielaszek
Ich bin etwas blauäugig an die Selbstständigkeit herangegangen. Gerne hätte ich gewusst, wie viel Geld ich in mich selbst und mein Business investieren muss.

Gibt es neben der Investition in dich selbst eine andere Sache, in welche du dein Geld anlegst?

Ja, ich investiere mein Geld mit Unterstützung von Menschen und Robo-Advisors in Finanzprodukte. Allerdings investiere ich nur in Dinge, die ich verstehe – in Edelmetalle oder Immobilien zum Beispiel.  Bitcoins habe ich probiert, aber das mache ich nur mit «Spielgeld», das ich verlieren kann. Was ich gelernt habe: Ich muss diversifizieren.

Das habe ich auch gelernt. Was bedeutet Luxus für dich?

Das ist ganz einfach. Luxus bedeutet für mich, dass ich meinen Berufsalltag so gestalten kann, wie ich möchte, indem ich die Kontrolle über meinen Kalender habe, ohne dass ich mir Sorgen um meine Finanzen machen muss.

Zahlt sich gute Firmenkultur aus, Andrea Urrea-Principalli?
Wie viel kostet eine gute Firmenkultur? Sind Unternehmen bereit, dafür Geld auszugeben? Welche Rolle spielt der Fachkräftemangel? Andrea Urrea-Principalli spricht im Money Talk darüber. Die Gründerin berät Firmen bei Transformationen und weiss, dass patriarchale Strukturen noch tief sitzen.