Welche Gefühle löst Geld bei dir aus?
In erster Linie Freude. Geld macht mir Spass, weil ich weiss, was ich damit alles machen kann und was es mir ermöglicht. Ausserdem macht es mich frei, selbstständig, und natürlich gibt es mir ein Gefühl der Sicherheit.
Das klingt nach einer sehr lustvollen Beziehung zu Geld. Das ist für Frauen eher atypisch.
Ich weiss, und auch ich hatte nicht immer diese Beziehung zu Geld. Wie viele andere Frauen hatte ich lange keine Beziehung zu Geld und dann erstmal Berührungsängste mit dem Thema. Inzwischen macht mir Geld Freude – vor allem, wenn es für mich arbeitet.
Wie hast du das geschafft?
Bei mir war die Scheidung der Auslöser. Mein Mann und ich haben uns 2016 getrennt. Unsere Töchter waren damals drei und vier Jahre alt. Zu diesem Zeitpunkt war ich Vollzeit Mutter und Hausfrau. Die klassische Rollenverteilung. Ich hatte also weder einen Job noch ein Einkommen. Mein Ex-Mann musste zu Beginn finanziell komplett für uns aufkommen. Er hat sowohl den Unterhalt für die Kinder als auch für mich bezahlt. Anders wäre es nicht möglich gewesen.
Wie fühlte es sich für dich an, finanziell von deinem Ex-Partner abhängig zu sein?
Unangenehm. Obwohl ich das Glück hatte, dass mein Ex-Mann und ich uns im Guten getrennt haben. Wir haben uns also weder ums Geld noch um die Kinder gestritten. Es war von Anfang an klar, dass wir uns so viel wie möglich teilen – die Finanzen, aber auch das Sorgerecht. Ich war diesbezüglich in einer privilegierten Situation. Trotzdem wollte ich mich möglichst rasch aus dieser Abhängigkeit lösen und arbeiten.
Wie lief es mit dem Wiedereinstieg?
Es war schwierig – aus verschiedenen Gründen. Ich habe ursprünglich Wirtschaftsrecht studiert. Vor den Kindern habe ich in grösseren Unternehmen als Assistentin gearbeitet. Als ich wieder anfing, mich zu bewerben, merkte ich ziemlich schnell, dass der Wiedereinstieg recht stressig wird. Ich wurde bei Vorstellungsgesprächen nach der Kinderbetreuung gefragt, wie ich es regeln würde, wenn sie krank seien, und so weiter.
Krass, das sind alles Fragen, die man dir nicht stellen dürfte.
Das weiss ich, aber ich war so lange nicht berufstätig und weg vom Fenster, dass ich einfach nur wahnsinnig froh war, wenn mich jemand zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat. Bei all den Gesprächen merkte ich aber immer mehr, dass ich nicht in diese Welt, die von Männern dominiert wird, zurück will. Ich hatte aber keinen Plan, was ich sonst machen will. Nur so viel war klar: Ich wollte einen Job, an dem ich drei Tage die Woche arbeite, der einen Teil unseres Lebensunterhalts finanziert und bei dem ich unabhängig arbeiten kann. Ich wollte nicht, dass jemand auf meine Arbeit warten muss oder dass ein Chef mir sagt, dass ich zu spät komme und zu früh gehe. Ich wollte unabhängig sein.
Was hast du gemacht?
Als ich mich auf die Vorstellungsgespräche vorbereitet habe, habe ich mir eine Gesichtsbehandlung bei einer Kosmetikerin gegönnt. In dem Studio dachte ich: Das wäre eigentlich auch eine tolle Arbeit, zumindest als Überbrückung. Ich machte mehrere Kurse und begann, zu Hause Behandlungen anzubieten. Zuerst jeweils am Samstagmorgen. Es kamen immer mehr Anfragen, und ich konnte stetig ausbauen. Nach und nach wuchs mein Business. Heute betreibe ich mein eigenes Studio im Seefeld für Microblading, also Permanent Make-up, und habe zwei Angestellte.
Hat es dich viel Mut gekostet, diesen Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen und Geld dafür zu investieren?
Ich hatte gar keine andere Wahl. Ich wusste, dass ich eine Arbeit wollte, die sich für mich richtig anfühlt. Und ich wusste, wie viel Geld ich für mich und die Kinder brauche – deshalb musste mein Business einfach funktionieren. Darum habe ich einfach mal losgelegt. Natürlich hatte ich auch immer wieder Angst, dass es nicht funktionieren könnte oder dass ich die Fixkosten nicht zahlen kann. Aber ich hatte gar nicht so viel Zeit, mir darüber wahnsinnig viele Gedanken zu machen. Ich habe es einfach gemacht.
Wie hat sich deine finanzielle Situation entwickelt?
Mit dem Wachstum meines Unternehmens wurde ich Schritt für Schritt finanziell unabhängiger über die letzten Jahre und brauchte immer weniger Geld von meinem Ex-Mann. Heute teilen wir uns das Sorgerecht zu gleichen Teilen und dementsprechend auch die Kosten für die Kinder. Wir bezahlen also beide gleich viel für ihre Krankenkassen, Hobbys, Kleider und so weiter. Ich selbst bin inzwischen finanziell so aufgestellt, dass wir uns das meiste, was wir uns wünschen, leisten können. Vieles haben wir aber auch schon vorher möglich gemacht, einfach über andere Wege.
Wie meinst du das?
Ich wollte meinen Kindern alles ermöglichen, was sie sich wünschen. Wenn wir für etwas nicht genug Geld hatten, haben wir nach anderen Möglichkeiten gesucht. Beispielsweise wollte meine ältere Tochter reiten, zu einer Zeit, als Reitstunden finanziell nicht drin lagen. Also habe ich mich bei dem Reitstall gemeldet und angeboten, dass wir einmal pro Woche im Stall mithelfen. Dafür haben wir dann jeweils eine Reitstunde bekommen. Oder ich habe mich in der Nachbarschaft angefangen zu vernetzen, sodass wir einander mit der Kinderbetreuung aushelfen konnten. Ich habe versucht, mein Mindset zu ändern und mich von Kosten oder Hemmungen nicht abschrecken zu lassen. Nicht alles kostet Geld, und man darf andere Menschen um Hilfe bitten.
Und heute, wie sieht es finanziell bei dir aus?
Inzwischen bin ich sehr gut aufgestellt. Mein Unternehmen ist erfolgreich. Wir führen rund 200 Behandlungen pro Monat durch und machen damit einen ansehnlichen Umsatz. Ausserdem befasse ich mich inzwischen seit Längerem mit dem Thema Geld und Investieren, womit wir wieder beim Anfang und meiner Freude an Geld wären.
In welcher Form beschäftigst du dich denn mit diesen Themen?
Nach der Scheidung habe ich angefangen, mich mit Geld zu befassen. Erst habe ich Bücher dazu gelesen, beispielsweise von Bodo Schäfer oder «Der reichste Mann von Babylon». Ich habe Kurse und Schulungen zu den Themen Money-Mindset, Investieren, Anlegen oder Vorsorgen besucht. Mit diesem Wissen habe ich angefangen, in Aktien zu investieren und damit zu handeln. Inzwischen habe ich ein schönes Portfolio und besitze zwei Immobilien.
Was bringst du deinen Kindern über Geld bei?
Ich möchte ihnen mitgeben, dass Geld etwas Tolles und Wichtiges ist, aber dass es eben nicht das Wichtigste ist. Es soll nicht zu viel Raum einnehmen oder alles bestimmen. Ich hoffe, dass sie nie einen Job machen, nur um Geld zu verdienen, sondern dass sie in ihrem Leben mal etwas machen können, das ihnen Freude bereitet. Denn man kann mit allem erfolgreich sein.
Ist dir finanzieller Erfolg wichtig?
Ja, finanzieller Erfolg ist mir schon wichtig. Aber, auch wenn das paradox klingt, geht es mir dabei nicht ums Geld. Ich möchte nicht einfach Geld anhäufen, um Geld zu haben. Mein Ziel war es auch nie, reich zu werden. Ich möchte einfach ein sorgenfreies und gutes Leben haben, in dem ich meinen Kindern und mir unsere Wünsche erfüllen kann.
Redet ihr zu Hause oft über Geld?
Meine Töchter sind noch relativ jung, trotzdem reden wir sehr offen über Geld. Ich bespreche mit ihnen unsere Ausgaben, und sie wissen, wie viel was kostet – beispielsweise ihre Hobbys. Ich habe sie aber auch miteinbezogen, als ich eine Immobilie gekauft habe. Wir haben sie gemeinsam besichtigt und dann zusammen gewisse Renovationen gemacht. Es ist mir wichtig, dass Geld für sie ein normales Thema ist, über das man offen spricht.
Wer hat mit dir als Kind über Geld gesprochen?
Mein Vater. Er war Unternehmer und hat uns Kinder schon relativ früh miteinbezogen, wenn es um unternehmerische Entscheide ging. Beispielsweise hat er uns gesagt, dass eine neue teure Maschine gekauft wird und wir als Familie darum jetzt den Gürtel wieder etwas enger schnallen müssen. Als wir älter wurden, hat er uns bei manchen Entscheidungen nach unserer Meinung gefragt.
Welchen Grundsatz hat er dir mitgegeben, und hältst du dich noch daran?
Mein Vater sagte immer: Man muss erst investieren, damit man wachsen kann. Und das, was man macht, soll sich gut anfühlen. Diese Grundsätze verfolge ich heute noch.
Was wünschst du dir für deine finanzielle Zukunft?
Ich hätte gerne so viel Geld auf der Seite, wie ich für den Rest meines Lebens noch brauche. Das würde mich sehr beruhigen.