Welche Gefühle löst Geld bei dir aus?
Ich habe einen sehr sachlichen Bezug zu Geld und sehe das als Privileg. Geld ist für mich vor allem ein Mittel, um meine Ziele zu erreichen – beruflich und privat. Ich bin Geld gegenüber also relativ emotionslos. Geld ist für mich nur emotional, weil mich der gesellschaftliche Umgang damit ärgert.
Warum das?
Geld nimmt eine zu zentrale Rolle in unserer Gesellschaft ein. Statt es als Mittel zum Zweck zu betrachten, ist es wirtschaftlich und gesellschaftlich das wichtigste Messinstrument und das oberste Ziel. Anhand von Geld wird gemessen, ob ein Mensch, ein Unternehmen oder eine Nation erfolgreich ist oder nicht. Dabei sollten andere Werte zählen oder zumindest deutlich mehr Gewicht erhalten.
Welche denn?
Das Wohlbefinden der Menschen, die Natur und ihr Schutz, der gesellschaftliche Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung. Solche Elemente sind zwar schwieriger zu messen, sie bringen uns aber privat, gesellschaftlich und langfristig mehr als viel Geld. Das zeigt auch die Klimakrise. Wir müssen uns langfristig umorientieren und neu definieren, was Wohlstand bedeutet. Wohlstand heisst nicht, immer mehr zu haben, sondern ein erfülltes Leben zu führen.
Wie ist dein Umgang mit Geld?
Ich versuche, ein sparsames Leben zu führen, damit finanzieller Druck mich weder zu sehr antreibt noch einschränkt. Ich habe einen offenen Umgang mit dem Thema und rede sowohl mit Freund:innen als auch mit meiner Familie oder Geschäftspartner:innen häufig über Geld. Da geht es um Lohn, Stundenansätze, Altersvorsorge, Miete und und und. Ich bin überzeugt, dass Transparenz bei diesem Thema allen hilft im Umgang mit Geld.
Du bezeichnest dich als digitale Sozialunternehmerin. Was tust du genau?
Ich bin Unternehmerin und Aktivistin. Der Fokus meiner Arbeit liegt auf den Auswirkungen der Digitalisierung auf unsere Gesellschaft. Einerseits untersuche ich diese, andererseits möchte ich dazu beitragen, dass die Digitalisierung unser Zusammenleben verbessert und niemanden diskriminiert. Bei allem, was ich tue, möchte ich in erster Linie eine positive Wirkung in unserer Gesellschaft erzielen.
Dann ist Geld verdienen nicht dein oberstes Ziel?
Natürlich möchte ich mit meiner Arbeit Geld verdienen, weil ich wie alle Geld brauche. Aber Gewinn ist nicht mein oberstes Ziel. Ich will mich auf Jobs und Projekte konzentrieren, von denen ich finde, dass sie mir und meinem Umfeld einen Mehrwert bringen.
Woran arbeitest du konkret?
Ich habe gerade mit meiner Kollegin Nathalie Klauser Intersections gegründet: eine Organisation, die sich dafür einsetzt, dass Innovation und Digitalisierung mehr Personengruppen zugutekommt. Aktuell wird Innovation mehrheitlich von einer kleinen homogenen Gruppe geprägt. Konkret gehören weisse, technokratische, westliche Cis-Männer mittleren Alters dazu. Dadurch werden Ungleichheiten verstärkt, Zugänge für gewisse andere Personen versperrt und langfristig Lösungen verhindert. Um das zu ändern, arbeiten wir mit NGOs zusammen, um gemeinsam die Digitalisierung stärker mitzugestalten. Wir wollen, dass sich die bestehenden Ungleichheiten aus der analogen Welt in der digitalen nicht wiederholen. Mit unserer Arbeit unterstützen wir Unternehmen und Behörden dabei, im Rahmen von Innovation sämtliche Personen einzubinden – auch Minderheiten.
Sexismus, Mobbing, Lohnungleichheit am Arbeitsplatz? Absolute No-Gos, dennoch nehmen es viele Frauen hin. Das darf nicht sein. Deshalb ist es höchste Zeit für eine Rechtsschutzversicherung von Frauen für Frauen. Wehr dich.
Kannst du das genauer erklären?
Wir konzentrieren uns zum Beispiel auf Datenlücken und Biases. Dabei stellen wir uns folgende Fragen: Wo werden keine Daten gesammelt? Welchen Effekt haben diese Datenlücken auf Prozesse und die Gleichberechtigung aller Personengruppen? Und wo wird auf Daten aufgebaut, die sehr einseitig sind, nur bestimmte Personengruppen berücksichtigen und andere ausschliessen? Das klingt erstmal abstrakt, es gibt aber ganz konkrete Beispiele aus dem Alltag wie etwa Google Maps, das nicht barrierefrei ist. Wenn man Strecken mit einem Kinderwagen oder im Rollstuhl abfährt, kommt man plötzlich nicht weiter. Oder gewisse Jobinserate, die gezielt nur an junge Menschen ausgespielt werden und ältere Arbeitnehmende so von Anfang an ausschliessen. Die Ursache dafür liegt bei den Daten.
Zum Thema Daten: Du warst bis vor kurzem Geschäftsführerin des Vereins Opendata.ch und hast dich für einen bewussten Umgang mit Daten eingesetzt. Gehen wir zu leichtsinnig mit unseren Daten um?
Wenn wir von Daten sprechen, müssen wir unterscheiden zwischen persönlichen und offenen Daten. Persönliche Daten können mit einer bestimmten Person verknüpft werden. Sie sind sehr schützenswert, haben einen grossen Wert und werden auch monetarisiert – also zu Geld gemacht. Sie gelten als Währung im digitalen Zeitalter. Wir zahlen heute im Internet oft mit unseren persönlichen Daten – für Dienstleistungen, die vermeintlich gratis sind. Wir erhalten beispielsweise einen Newsletter oder können «kostenlos» eine Kommunikationsplattform, eine Suchmaschine oder ein soziales Medium nutzen. Das ist ein Tauschgeschäft, und es ist nicht immer schlecht. Wichtig ist, dass wir es bewusst eingehen und dass uns klar ist: Wem gebe ich meine Daten zu welchem Zweck? Wie können meine Daten missbraucht werden?
Müssten wir also immer die kleingedruckten Geschäftsbedingungen lesen, um uns zu schützen?
Alle Erklärungen zu lesen, ist leider nicht möglich. Es gibt Studien, die besagen, dass wir rund 70 Tage im Jahr AGBs lesen müssten, wenn wir uns so schützen wollten. Das ist bewusst so gemacht. Ich überlege mir immer, ob es eine Alternative gibt. Kann ich eine andere Dienstleistung oder App verwenden, bei der ich weniger oder keine Daten angeben muss? Wenn nicht, muss ich meine echten Daten angeben? Oft funktionieren Dienstleistungen auch mit falschen Angaben. Und wenn das auch nicht geht, frage ich mich: Ist es mir diese Dienstleistung oder Anwendung wert, meine Daten abzugeben und so die Kontrolle darüber zu verlieren?
Wie wertvoll sind unsere Daten?
Grundsätzlich sind sie für Unternehmen äusserst wertvoll. Darum werden sie auch ständig erhoben und auf Marktplätzen gehandelt. Man kann beispielsweise 1000 E-Mail-Adressen von einer bestimmten Personengruppe aus einer bestimmten Region kaufen. Oder Telefonnummern. Das ist der direkte Handel. Dann gibt es den indirekten Handel, wie ihn beispielsweise Facebook betreibt. Dabei werden keine Datensätze verkauft, dafür aber Werbeplätze für eine bestimmte Zielgruppe.
Was kosten denn 1000 E-Mail-Adressen?
Das kann man so leicht nicht beziffern. Es ist ein Markt wie jeder andere. Der Wert von Daten hängt einerseits von der Qualität des Angebots ab, also: Wie spezifisch sind die Daten? Wie gross ist das Set, welche Daten sind darin enthalten? Und so weiter. Und andererseits natürlich auch von der Nachfrage: Wie gross ist der Wert der Daten für ein Unternehmen, und wie viel ist ein Unternehmen bereit dafür zu zahlen?
Verkaufen wir heute unsere Daten unter ihrem Wert? Müssten wir dafür Geld verlangen?
Es gibt Entwicklungen in diese Richtung, die häufig gut gemeint sind. Ich persönlich finde das aber einen gefährlichen Trend. Aus meiner Sicht ist Datenschutz ein Menschenrecht, das allen gleichermassen zusteht. Es darf nicht zum Privileg werden, die Kontrolle über die eigenen Daten zu behalten, und wer sich dies nicht leisten kann, wird gezwungen, die eigenen Daten halt zu verkaufen. Auf der anderen Seite ist Datenschutz keine rein individuelle Entscheidung. Daten, die ich von mir preisgebe, können einen Einfluss auf dein Leben haben. Für mich ist klar, dass der einzige Weg zur digitalen Selbstbestimmung ein verbesserter Datenschutz ist. Das muss über Gesetze und Sanktionen gelöst werden.
Ich möchte noch einmal auf deine Beziehung zu Geld kommen. Was wurde dir über Geld beigebracht?
Ich habe familiär einen etwas speziellen Bezug zu Geld. Meine Eltern haben gemeinsam ein Unternehmen aufgebaut. Geld hat bei uns zu Hause eine sehr wichtige und grosse Rolle eingenommen. Das Unternehmen und Geld waren regelmässige Themen. Das hat bei mir etwas eine Anti-Reaktion ausgelöst. Ich will mich nicht zu sehr durch Geld steuern lassen. Trotzdem habe ich ein Urvertrauen, wenn es um Finanzielles geht. Ich denke mir immer, dass es schon gut kommt. Meine Eltern hatten das weniger. Für sie war Geld eher ein Stressfaktor.
Dich stresst Geld also gar nicht?
Nein, das tut es nicht. Es ist natürlich ein Privileg, aber ich versuche, mir möglichst wenig Sorgen um Geld zu machen. Das tue ich zum Beispiel, indem ich meine Kosten tief halte und mein Leben auch auf eine Art geniesse, die mit wenig Konsum auskommt.
Sinnvoll vorsorgen? Aber mit Rendite. Das geht. Wir sind überzeugt, dass ein verantwortungsbewusster Einsatz deines Geldes langfristig Wert schafft, ganz nach unserer Vision «Close the Gaps». Wenn du erwerbstätig bist, kannst du dich mit der elleXX 3a zusätzlich finanziell absichern, nachhaltig investieren und damit Steuern sparen.
Wofür gibst du das meiste Geld aus?
Mein grösster fixer Ausgabenposten ist die Miete. Ausserdem kaufe ich mir immer mal wieder ein Kunstwerk. Ich finde es sehr bereichernd und inspirierend, Kunst um mich zu haben, und unterstütze gerne Kunstschaffende.
Wie investierst du?
Ich habe mich stark mit sozial nachhaltigen Anlagen und Impact Investing auseinandergesetzt. Das war recht aufwendig. Aktuell investiere ich in Fonds und in einige Impact-Investing-Anlagen. Bei letzteren erzielen meine Investitionen eine direkte Wirkung, indem sie in Kredite für nachhaltige Infrastrukturprojekte fliessen. Die Kredite werden also beispielsweise für den Bau neuer Solaranlagen gebraucht.
Was wünschst du dir für deine finanzielle Zukunft?
Ich wünsche mir, dass ich weiterhin so gelassen mit dem Thema Geld umgehen kann und dass ich meine persönlichen und beruflichen Ziele umsetzen kann. Ich hoffe, dass mir Geld nie im Weg steht, sondern mir immer als Mittel dient.