Vorsätze sind etwas aus der Mode gekommen. Nachhaltiger ist es, die vom Vorjahr zu verwerten, findet unsere Kolumnistin Seraina Kobler. Insbesondere, weil dieser eine eigentlich die Lösung für all unsere Probleme ist.
Es gibt Tage im Winter, die fühlen sich an wie Frühling. Wenn es nach warmer Luft riecht, nach Primeln und Schneeglöckchen, nach Aufbruch und nach Plänen und Zuversicht und Kraft.
Genau so war es, als ich vor einigen Tagen das Haus verliess, am ersten Tag nach den Weihnachtsferien, als die Kinder morgens wieder in die Schule aufgebrochen waren und ich mich wie eine Schneekönigin darauf freute, einen ganzen kostbaren Tag lang in Ruhe arbeiten zu können.
Und ich erinnerte mich daran, dass jemand den Vorschlag gemacht hatte, sich keine frischen Neujahrsvorsätze vorzunehmen, sondern es doch einfach nochmals mit denen vom Vorjahr zu versuchen. Tatsächlich gibt es da einen, den ich mantramässig schon so lange mit mir herumtrage und mir immer wieder vornehme: Mehr Zeit.
Mehr Zeit, um die Dinge selbst zu machen, statt sie zu kaufen. Mehr Zeit, um Dinge zu reparieren oder sie auf ungewöhnlichen Wegen zu erstehen. Mehr Zeit, um überhaupt weniger Dinge zu wollen. Und mehr Zeit zum Erleben.
Doch nicht nur auf der individuellen Ebene wäre das ein Schlüssel zur Lösung komplexer Probleme. Etwa solche, die durch unseren Konsum entstehen, der letztendlich immer auch auf Ungerechtigkeit gegenüber ärmeren Ländern oder künftigen Generationen fusst. Nein, auch für uns als Ganzes, als Gesellschaft wäre ein neuer Zeitwohlstand für alle, der eleganteste Beitrag zur Klimakrise, wie etwa der Autor Darwin Dante in dem sehr lesenswerten Büchlein «Zeitwohlstand» (frei im Netz zugänglich, wie das eigentlich alle guten Ideen sein müssten), darlegt.
Ein spannendes Projekt, welches in die selbe Richtung zielt, ist das Projekt Ting. Im festen Glauben daran, dass sich der Wandel nicht nur über Krisen, sondern auch positiv gestalten lässt, teilen sich die Mitglieder einen Teil ihres Lohnes, um anderen Mitglieder mit einem Grundeinkommen freie Zeit zu ermöglichen, um sich einem bestimmten Projekt zu widmen. Nebenbei werden Erfahrungen und Wissen getauscht, auch weit darüber hinaus.
Gerade hier in der Schweiz, wo der Pro-Kopf-Verbrauch an Ressourcen höher liegt als in fast allen anderen Ländern, wie eine neue Studie bescheinigt, sind solche Ansätze je länger je mehr eine Notwendigkeit.